LdN257 - Nachtrag zu Scholz' Biografie

Ein Punkt, der mir bei Scholz’ Biografie fehlte, war die unter seiner Zeit als Innensenator in Hamburg eingeführte menschenrechtswidrige Verabreichung des Brechmittels Ipecauanha, wodurch im Jahr 2001 auch ein Mensch gestorben ist:

Das und vor allem auch die Tatsache, dass Scholz selbst nach dem Tod eines Menschen weiterhin am Einsatz des Brechmittels festgehalten hat, wiegt in meinen Augen viel schlimmer, als Cum-Ex, Warburg-Bank, Wirecard, gewürfelte Noten oder irgendwelche Plagiate in Büchern.

Er hat das Vorgehen sogar noch öffentlich verteidigt:

Das Thema fällt in sämtlichen Diskussionen leider offenbar unter den Tisch.

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Hat mich auch stark verwundert dass das nicht aufgezählt wurde. Das Vorgehen ist vom EGMR für menschrechtsverletzend erklärt worden:

https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/egmr/00/54810-00.php

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Danke, das hatte ich auch anmerken wollen. Ich finde es schon sehr erschütternd, dass wir mit Laschet und Scholz zwei Kanzlerkandidaten haben, die durch ihre Politik den Tod eines Menschen zu verantworten haben.

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Danke, Norbert. Auch mich hat das erstaunt. Wobei für mich das ein „anders schlimm“ als Cum Ex & Co ist. Was die Kandidaten für das BK-Amt angeht, habe ich ein sehr starkes „Pest und Cholera“-Gefühl. Und mir ist unverständlich, daß Scholz als Saubermann auch unbehelligt von der Presse durch den Wahlkampf gleitet. Immerhin hat das Verb „scholzen“ es zu einer gewissen Bekanntheit gebracht, mit der die eigene „Vergesslichkeit“ als billge Ausrede bezeichnet wird.

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Ich fürchte die Tatsache, dass Kohl mit seinem „Ehrenwort“ in der damaligen Schwarzgeld-Affäre durchgekommen ist, zeigt leider, dass derartige Verhaltensmuster bei Politikern schlicht akzeptiert werden. Das hat quasi Tradition und Merkel war in dieser Angelegenheit fast schon vorbildlich…

Und in beiden Fällen kam es zum Tod eines Menschen in Folge des illegalen Einsatzes der Polizei durch den politischen Verantwortungsträger - und in beiden Fällen waschen diese Verantwortungsträger ihre Hände in Unschuld. Und in beiden Fällen kann ich klar und deutlich sagen: Ich will nicht, dass dieser Schlag von Mensch Bundeskanzler wird…

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Auch G20 wurde zwar erwähnt, aber aus meiner Sicht eher unvollständig dargestellt. Scholz hätte die Gewaltbereitschaft der Gipfelgegner unterschätzt, die Polizei wäre dann „überfordert“ gewesen und hätte dann zum Teil zu unzulässiger Gewaltanwendung gegriffen, was von Scholz aber immer noch geleugnet wird. Abgesehen vom letzten Teil bildet das die Realität leider nur unzureichend ab.

Tatsächlich war es so, dass Scholz und sein Innensenator Andy Grote – bekannt aus Film und Fernsehen durch das „Pimmelgate“ – von vornherein jemanden zum Gesamteinsatzleiter bestimmt haben, der seinerzeit unter dem rechtspopulistischen Innensenator Schill auf der Karriereleiter nach oben geklettert war und den Ruf hat, bei linken Demonstrationen gezielt Eskalation zu betreiben. Dies wurde auch mehrmals vom Verwaltungsgericht im Nachhinein bescheinigt. „Bekannt“ wurde er u.a. durch einen Vorfall, als er nach der Beendigung einer NPD-Kundgebung deren Lautsprecherwagen unter starkem Polizeieinsatz mitten durch die noch laufende antifaschistische Gegenkundgebung leiten ließ, was dann völlig unerwartet nicht ganz friedlich geendet ist.

Die Wahl dieser Gesamteinsatzleitung war umso verwunderlicher, weil der Herr Dudde zu dem Zeitpunkt „Leiter der Polizeikommissariate und der Verkehrsdirektion“ war, wo sich jetzt eigentlich kein besonderer Grund aufdrängt, warum ausgerechnet dort die Zuständigkeit für G20 liegen sollte.

Die besondere „Strategie“ dieses Einsatzleiters, der seine gesamte Karriere hindurch jegliche Entwicklung polizeilicher Deeskalationskonzepte seit mindestens Beginn der 90er Jahre konsequent ignoriert hat, bestand dann auch offensichtlich darin, möglichst vor Gipfelbeginn die ganze Sache maximal zu eskalieren und soviele Demonstranten zu verprügeln, dass diese dann während des eigentlichen Gipfels keine Lust mehr haben irgendwelche nervigen Aktionen zu starten. Dieser geniale Plan ging aber irgendwie nicht auf, sondern die für alle offensichtlich im Vorfeld geplante Gewaltorgie bei der Zerschlagung der „Welcome2Hell“-Demo hat die Leute scheinbar nur wütender gemacht, und das Resultat waren dann die allseits bekannten Bilder der folgenden 1½ Tage. Wohlgemerkt, bis dahin hatte es nirgendwo im Stadtgebiet irgendwelche Ausschreitungen gegeben, auch aus der Demo selber nicht.

Damit will ich jetzt keineswegs behaupten, es wäre unter anderen Umständen nichts passiert. Selbstverständlich waren auch auf der Demonstrationsseite nicht wenige Leute dabei, die klar auf Riots aus waren, aber Leute auf Verdacht vorher zusammenzuschlagen ist trotzdem eigentlich kein besonders rechtsstaatliches Vorgehen. Desweiteren hat die katastrophale Einsatzführung sicherlich mit dazu beigetragen, die folgenden umfassenden Zerstörungen zu begünstigen. Wenn man einen Polizeieinsatz praktisch wie einen Krieg des 20. Jahrhunderts führt, mit einer klaren Frontlinie, an der die Polizei „Armee“ vorrückt und Stück für Stück das Gelände „erobert“, dann befinden sich auf der anderen Seite der Front eben riesige „rechtsfreie“ Räume ohne Polizeipräsenz, in denen militante Gipfelgegner ungestört anzünden können, was immer sie wollen.

All das ist nie aufgearbeitet worden, und Scholz müsste dafür die politische Verantwortung tragen. Es gab einen „Sonderausschuss“, der nicht mit den Rechten eines Untersuchungsausschusses ausgestattet war und deswegen zur reinen Showbühne der Regierungsseite verkam, und in der öffentlichen Darstellung hat die spätere Randale alles, was von Seiten der Polizei kam, natürlich gerechtfertigt, und Polizeigewalt hat es nie gegeben. Wer etwas anderes behauptet, der sympathisiert bloß mit Randalierern.

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