LdN255 Campact & Südthüringen

Zum Thema Campact hatte ich Schwierigkeiten zwischen der Sichtweise dieser NGO und ihrer persönlichen Meinung zu unterscheiden. Ihre Äußerungen über Herrn Maaßen („politisch problematisch“, „Rechtsaußen“) und andere Bewerber im Wahlkreis 196 (Südthüringen) sind unerträglich. Herr Maaßen wurde von den Mitgliedern der CDU Südthüringen in einer demokratischen Wahl auf den Listenplatz 1 der Partei gewählt. Genauso wurden auch die Kandidaten der SPD, der Linken und der Grünen gewählt. Dazu aufzurufen, dass der Linken-Kandidat Herr Witt seine Kandidatur zugunsten des SPD-Kandidaten aufgeben soll, um die Wahl von Herrn Maaßen zu verhindern, halte ich für gefährlich. Der faire demokratische Wettbewerb zwischen den Kandidaten wird so desavouiert und zeigt in gewisser Weise mindestens eine undemokratische Einstellung der Verantwortlichen. Da mir nicht klar ist, ob es sich dabei um die Haltung von Campact oder den Moderatoren handelt oder einer Mischung von beiden, vermag ich nicht Roß und Reiter zu benennen. Bei der Reichweite des LdN-Podcasts sollten die beschriebenen Aktivitäten von Campact in Sachen „Wahlkampf-Einmischung“/" Wahlmanipulation" von den Moderatoren gern objektiver behandelt und kommentiert werden.

Inwiefern folgt Ihrer Meinung nach aus einer demokratischen Aufstellung eines Kandidaten dessen politische bzw. demokratische Unbedenklichkeit? Über Maaßens Positionen ist nicht nur in der Lage schon viel gesagt worden. Um ihn nicht rechtsaußen zu sehen muss man (ähnlich wie Armin Laschet und die CDU Südthüringen) schon sehr aktiv die Augen verschließen oder halt einfach kein Problem damit haben.

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Klassischer non sequitur. :laughing:

Auch der Rest des ursprünglichen Beitrags ist eher logisch inkonsistent.

Wieso sollte es verwerflich sein, wenn jemand einen Kandidaten auffordert seine Kandidatur zurückzuziehen? Ist doch eindeutig von der Meinungsfreiheit gedeckt. Herr Witt muss ja nicht darauf hören, und tut es ja anscheinend auch nicht.

Im übrigen ist es z.B. bei Bürgermeister- oder Landratswahlen, wo ebenfalls nur ein einziger Kandidat gewinnen kann, durchaus üblich, dass Parteien gemeinsame Kandidaten aufstellen, oder auf eine eigene Kandidatur verzichten und die Wahl eines anderen öffentlich unterstützen. Ich sehe nicht, warum das bei Bundestagswahlen nicht auch vorkommen sollte, und tatsächlich hat es das in den 50er Jahren gegeben, wenn CDU und/oder FDP z.B. gezielt in mehreren Wahlkreisen nicht angetreten sind, um dem kleinen Koalitionspartner „Deutsche Partei“ über die Grundmandatsklausel unabhängig von der 5%-Hürde den erneuten Einzug in den Bundestag zu sichern.

Aber unser Bundestagswahlrecht mit den Wahlkreisen ist in unserer heutigen Zeit sowieso total absurd. Sollte man abschaffen und durch Personenstimmen auf den Landeslisten ersetzen, dann spart man sich auch die Überhangmandate, negatives Stimmgewicht und andere ungewollte Seiteneffekte. Die einzigen, die davon profitieren sind die (großen) Parteien, weil die Besetzung des Bundestags so „verlässlicher“ funktioniert.

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An diesen Aussagen wäre allenfalls problematisch, dass sie für Hans-Georg Maaßen noch recht wohlwollend gewählt sind. In der Lage und an anderen Orten wurde ja bereits wiederholt auf die rechtsextremen und antisemitischen Umtriebe Maaßens hingewiesen, nur die CDU scheint sich dafür - mit sehr wenigen Ausnahmen - öffentlich nicht zu interessieren oder sieht darin kein großes Problem.

Maaßen wurde im Wahlkreis 196 zum Direktkandidaten der CDU gewählt. Der Listenplatzwahl zur Bundestagswahl in Thüringen hat sich Maaßen nicht gestellt - er steht nicht darauf. Hier geht wohl etwas durcheinander.

Campact hat vorgeschlagen, dass SPD, LINKE und Grüne sich auf einen gemeinsamen Direktkandidaten einigen und darauf verwiesen, dass von den drei Kandidat:innen Frank Ullrich die größten Chancen hätte, die Stimmen gegen Maaßen auf sich zu vereinen. Daraufhin wurden in einem offenen Brief LINKE und Grüne dazu aufgerufen, ihre Kandidaturen zurückzuziehen. Im Unterstützungsaufruf für Ullrich, der die Grundlage für den aktuellen Lage-Beitrag bildet, ruft Campact die Wähler:innen von LINKE und Grünen dazu auf, mit ihrer Erststimme für Ullrich zu stimmen. Natürlich gibt es auch gute Gründe für die LINKE, das alles für ziemlich anmaßend oder politisch inopportun zu halten und nicht darauf einzugehen. Das als „Wahlkampf-Einmischung“ und „mindestens […] undemokratisch[]“ zu diskreditieren scheint mir dann aber doch auf eine Haltung schließen zu lassen, die Formen der politischen Einflussversuche ‚von unten‘ für unbotmäßig und gut begründete Kampagnen gegen dubiose rechtsextreme Influencer für ehrverletzend hält.

Bei der Wahl Maaßens zum Direktkandidaten hat übrigens der Mitbewerber Hans-Arno Simon seine Kandidatur zurückgezogen. Dies nur am Rande.

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Was ist denn unerträglich daran, die politische Position eines Kandidaten einzuordnen? Selbst, wenn dies jetzt sehr subjektiv gewesen wäre (ich bin mir aber sicher, dass Herr Maaßen zustimmen würde, dass eigentlich alle anderen von ihm aus gesehen links sind…), es ist ja nicht unsachlich. Oder wo genau liegt Ihr Problem?

Edit: typo

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Das erschließt sich mir nicht. Wenn sich ein chancenloser Kandidat zurückzieht, wird doch die Fairness des Wettbewerbs nicht berührt. Es hätte ja sowieso nur einer der anderen beiden gewinnen können. Und von denen gewinnt eben der, der mehr Wähler: innen überzeugt. Was ist daran unfair?

Der Kandidat, der zurückzieht, drückt damit eine politische Priorität aus („besser, XY wird verhindert, als dass ich symbolische Stimmen bekomme“). Auch das ist m.E. ein relevantes Statement, das zur Meinungsbildung beiträgt und den die Wähler:innen zustimmen können oder nicht. Es ist jedenfalls völlig transparent; besser versteht, was passiert.

Man könnte sogar sagen, es ist so fairer und transparenter, da niemand, der die Umfragen nicht gelesen hat, seine Stimme umsonst (für einen aussichtslosen Kandidaten) abgibt, die er bei realistischer Einschätzung einem anderen gegeben hätte.

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Zitat aus einem anderen Zusammenhang:

Strategisches Wählen stellt also keineswegs eine Verfälschung der Präferenzen dar, sondern ist ein Mittel, um die eigenen Präferenzen mit der größtmöglichen Effizienz umzusetzen, d.h. einer ansonsten mit hoher Wahrscheinlichkeit nutzlosen Stimme eine größere Chance zu geben, überhaupt Einfluss auszuüben. Diese Form der Koordination ist demokratietheoretisch daher sogar durchaus erwünscht und wird z.B. bei Kommunalwahlen häufig durch institutionelle Regelungen wie Stichwahlen auch formal umgesetzt.

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Um einen konstruktiven Vorschlag als Idee einzubringen: Wie wäre es denn mit Stichwahlen auf Ebene der Wahlkreise für die Erststimmen? Dies ist doch ein historisch durchaus erprobtes System für Wahlen, bei denen ein Amt mit genau einer Person besetzt werden soll.
Es wäre am Wahlabend trotzdem sofort klar, wie stark die Fraktionen im Bundestag werden, da die Zweitstimmen nicht von der Stichwahl betroffen sind. Lediglich die konkrete Besetzung mit den Kandidat:innen würde sich noch etwas ziehen.

Das stimmt nicht ganz, die Problematik von Überhangmandaten würde durch Stichwahlen ja nicht gelöst werden oder?

Du meinst, einfache Mehrheit statt relativer Mehrheut? Und wenn niemand die einfache Mehrheit erreicht, Stichwahl unter den zwei Besten?

Man könnte die Stichwahl integrieren.

Der Vorschlag bezog sich vor allem auf den von @ChristianF verlinkten Artikel aus dem Spiegel. Für die Situation in Bayern mit der CSU würde eine System von Stichwahlen, bei denen dann vermutlich die CSU nicht mehr die meisten Direktkandidat:innen erhalten würde, insgesamt auch direkt zu einer Verringerung der Überhangmandate führen. Denn vorraussichtlich wird sich die Zahl der Ausgleichmandate ja gerade an den auffällig vielen Überhangmandaten der CSU bemessen.
Es kann also entweder den Parteien überlassen werden, sich für die Erststimmen untereinander zu koordinieren, oder man ändert das Wahlrecht in einer Art, dass die Präferenzen der Wählenden besser zur Geltung kommen.

Sehr interessant, das Verfahren des Instant-Runoff war mir bislang nicht bekannt. Dies würde natürlich gleichzeitig das System der Präferenzen wie auch das des zusätzlichen Aufwandes sowie die zeitliche Verzögerung lösen.