LdN226 - 5 oder 6 Impfdosen

Ich finde bei der Besprechung des hin und hers mit " es gibt jetzt 20% mehr" und dann „es gibt jetzt ein Sechstel weniger, wenn die falschen Spritzen verwendet werden“ wurde ein Punkt übergangen:

Die Hersteller werden ja jetzt nicht plötzlich weniger Impfstoff herstellen, sondern nur ihren Liefervertrag früher als erfüllt betrachten.

Unter der Annahme, dass also in den nächsten Monaten die gleiche Anzahl an Ampullen ausgeliefert wird, sollten also in dieser Zeit in jedem Fall mehr Impfdosen zur Verfügung stehen als ohne die Freigabe der 6. Dosis, solange wenigstens in einem Teil der Fälle die effizienten Spritzen verwendet werden.

Das stimmt schon – potenziell hat das jetzt erstmal keinen Einfluss auf die Liefergeschwindigkeit. Interessant ist aber doch die Frage, was die Bestellung war.

Ärgerlich ist schon, dass nicht klar ist, ob es ein Anrecht auf Ampullen oder Dosen oder ml oder was auch immer gibt. Im worst case bedeutet diese Entscheidung, dass die EU mehr bezahlt bzw. weniger bekommt. Und das ist dann schon ein wichtiger Aspekt, argumentiert aus der Perspektive der zu impfenden Bevölkerung.

Das ist auch glaube ich der Punkt, den die beiden machen wollten, insbesondere auch im Kontext vom Der Freitag-Artikel und der Idee, marktwirtschaftliche Interessen gg die gesellschaftlichen Interessen der Volksgesundheit abwägen zu müssen.

1 „Gefällt mir“

Naja, man kann sich wohl ziemlich sicher sein, dass die EU Impfdosen bestellt hat. Sonst würde man die Firma wohl nicht damit „durchkommen“ lassen, weniger Ampullen zu liefern.

1 „Gefällt mir“

Die Verträge belaufen sich auf eine bestimmte Zahl Impfdosen. Das wurde zum Einen im Zuge der Diskussion um das 5/6-Dosen-Drama bestätigt, und es ist zum Anderen auch konsistent mit der Kommunikation der EU, die immer und überall von „soundsoviel Millionen Dosen“ spricht, die von den verschiedenen Herstellern geordert wurden.

Da der Impfstoff in Ampullen für mehrere Anwendungen geliefert wird, errechnet sich aus der Anzahl zu liefernder Dosen über die Anzahl Dosen in einer Ampulle letztlich eine Zahl zu liefernder Ampullen, und die Anzahl der Dosen in einer Ampulle ist eine Größe, die letztlich im Rahmen der Freigabe des Impfstoffs festgelegt wurde und die sich wiederum daran orientiert, wie viele volle Dosen man realistisch unter Nutzung des für die Verimpfung vorgesehenen Bestecks aus der Ampulle gezogen bekommt.

Da war man wohl erst etwas zu konservativ und hat viel Sicherheitsabstand einkalkuliert (und dann vermutlich auch „schlechtere“ Spritzen für die Impfung vorgesehen; das ist allerdings nur eine Vermutung von mir, ich habe die entsprechenden Dokumente für das impfende Personal nicht gelesen, nehme aber an, dass da irgendwelche Vorgaben diesbezüglich gemacht werden, damit niemand auf die Idee kommt, mit einer völlig ungeeigneten Spritze zu impfen). Dann haben Ärzte reihenweise deutlich bessere Spritzen mit weniger Totraum eingesetzt, regelmäßig 6 Dosen ziehen können und sich logischerweise beschwert, dass sie jetzt theoretisch eine Dosis wegwerfen müssten, wenn sie sich an die Freigabe halten wollten. Über die Medien entstand ein allgemeiner Empörungs-Zustand in der Bevölkerung und das klassische Kopfschütteln über „die Bürokratie“ setzte ein, was entsprechend Druck auf die EMA ausgeübt hat, die dann letztlich die Freigabe auf 6 Dosen pro Ampulle geändert hat (und ziemlich sicher auch die zu verwendenden Spritzen derartig begrenzt, so dass mit diesen eine Entnahme der 6 Dosen auch praktisch möglich ist; auch hier wieder eine Vermutung von mir, wäre super, wenn jemand, der den „Beipackzettel“ genauer kennt, hier handfeste Infos beitragen könnte). BioNTech tut nun das einzig logische und rechnet ab dem Zeitpunkt, zu dem die Freigabe geändert wurde, mit 6 Dosen pro Ampulle, was sowohl die Gesamtanzahl lieferbarer Dosen erhöht als auch die Geschwindigkeit, mit der diese geliefert werden können, aber die Gesamtzahl zu liefernder Ampullen natürlich senkt.

Und an letzterem scheint es sich jetzt aufzuhängen, weil ein paar Leute wohl Arzneimittel mit Angeboten im Discounter verwechseln und sich schon über einen „zahl 5, bekomme 6“-Rabatt gefreut haben, der sich nun leider doch wieder in Luft aufgelöst hat. Man packe zu dieser Sicht der Dinge noch ein paar Meldungen, dass es eben unter Verwendung „schlechter“ Spritzen nicht immer garantiert ist, dass auch 6 Dosen gezogen werden können, und man hat eine perfekte Basis, um die allgemeine Empörung zielgenau auf die fiesen marktwirtschaftlichen Interessen der Impfstoffhersteller zu lenken. Dabei hat es damit überhaupt nichts zu tun - BioNTech muss irgendeine Zahl an Dosen pro Ampulle für seine Berechnungen hernehmen, wie viele Ampullen ausgeliefert werden müssen, und die Zahl zu nehmen, die von der EMA als offizielle „Inhaltsangabe“ festgelegt wurde, ist das einzig korrekte Vorgehen. Es ist Pflicht der EMA, dafür zu sorgen, dass diese Zahl an Dosen auch praktisch entnommen werden kann, und gegebenenfalls das zu nutzende Equipment so zu regulieren, dass dies sichergestellt ist. Wir haben den Behörden die weitreichenden regulatorischen Kompetenzen genau deswegen gegeben, damit die „marktwirtschaftlichen Interessen“ das gesundheitliche Ziel nicht beeinträchtigen können, und mit großer Macht kommt nun einmal auch Verantwortung - in diesem Fall die Verantwortung, entweder den Shitstorm zu ertragen, dass die Regeln nur 5 Dosen vorsehen und eine 6. Dosis daher offiziell weggeworfen werden müsste, oder eben alternativ 6 Dosen festzulegen und das zu verwendende Material vorzuschreiben, so dass mit diesem die 6 Dosen auch entnommen werden können. Wenn das geschehen ist, dann immer noch jemand ungenügend präzise Spritzen einsetzt und eine 6. Dosis dadurch verschwendet, dann sollte die Schuld bei dieser Person gesucht werden, nicht bei der EMA. Wenn die EMA keine Vorgaben hinsichtlich der zu verwendenden Spritzen gemacht hat, dann ist die Schuld bei der EMA zu suchen. Wer jedoch definitiv raus ist aus dem Blame Game ist der Hersteller.