Hallöchen zusammen und schon einmal ein schönes Wochenende,
ich würde gern noch eine Perspektive zu der Grundrechtsdebatte bei Geimpften einbringen. Und zwar fände ich es an dieser Stelle noch einmal wichtig, junge Leute zu beachten. (Natürlich kann ich nicht für alle sprechen und will das auch nicht.)
Jetzt anderen Menschen mehr Freiheiten zu gewähren, ohne dass alle die Chance hatten, sich impfen zu lassen, fände ich unfair. Nicht, weil man es den Geimpften nicht gönnen würde. Das Problem liegt ausdrücklich nicht bei denen, die wieder ins Theater dürfen, sondern bei denen, die diese Möglichkeit so selektiv verteilen. Sobald alle die Möglichkeit hatten, bin ich ganz bei euch, Ulf und Philip.
Here’s why (und übrigens, eure Argumente sind deutlich stärker als meins, ich finde nur, man darf das Folgende nicht vergessen). Junge Leute haben vom Beginn der Pandemie immer wieder bereitwillig die neuen Maßnahmen mitgetragen, obwohl für ihre Bedürfnisse in den Debatten kein Platz war. Schulen laufen nicht, Unis schreiben Prüfungen in Präsenz (wtf) oder überlasten ihre Studierenden, Absolventinnen hängen in der Luft. Viele sind depressiv, seit Monaten isoliert und können sich ihr Studium nicht mehr leisten. An den verschobenen Abschlüssen und Bildungslücken werden sie noch Jahre zu knabbern haben. Die Schließungen im öffentlichen Leben betreffen zudem besonders junge Menschen, weil diese nun mal den öffentlichen Raum normalerweise am intensivsten nutzen. Aber wehe einer sagt, er/sie vermisse es, tanzen zu gehen. Dann hat er/sie gleich Luxusprobleme und ist egoistisch.
Nochmal: Es geht nicht um Neid. Aber jungen Menschen Egoismus vorzuwerfen, wenn sie sich von den Entscheidungsfindenden verarscht fühlen, ist auch daneben. Wenn wieder jemand ins Theater oder Restaurant darf, und dieser Jemand 99 Jahre alt ist? Go for it und iss ein Pizzabrötchen für mich mit . Ich freu mich für jedes Kino, das wieder Besucher hat. Trotzdem nervt es, dass man eine Gruppe besonders bluten lässt und ihr dann noch nicht einmal ihre Unzufriedenheit zugesteht.
Ich will nicht behaupten, dass eine andere Impf-Strategie besser wäre. Generell will ich gar nicht auf eine bestimmte Maßnahme/Lösung raus. Ich habe nur das Gefühl, dass junge Menschen im Diskurs um Maßnahmen wenig stattfinden. Es ist gut, dass ältere Menschen, Risikogruppen und Pflegekräfte schneller geimpft werden! Und wenn diese früher wieder die Straßen beleben dürfen, ist das spitze. Es wäre nur mal schön zu wissen, dass die Lage der jungen Generation Entscheidungstragenden bewusst ist. Sollten Geimpfte ihre Grundrechte vor anderen wieder ausüben dürfen, sollte seitens der Politik glaubhaft kommuniziert werden, dass man sich mit der Situation der anderen wenigstens befasst hat. Rechtlich mag das keine Rolle spielen, aber die Akzeptanz einer noch so legitimen Ungleichbehandlung wäre sicher höher. Vor allem nach dem dampfenden Haufen, der das letzte Jahr war, ist ein wenig Empathie und Soft-Politics nicht zu viel verlangt. Wie Ulf und Philip schon gesagt haben: Wir sind alle am Ende.
Mir ist übrigens klar, dass man das für fast jede Gruppe durchspielen kann und es vielen auch noch deutlich schlechter geht. Ich habe mir nur mal die rausgegriffen, für die ich am ehesten sprechen kann.