LdN219 Corona und Weihnachten

Hallo Toni,

vielen Dank für Deine Antwort.
Ich bin sehr froh, dass Du einen so langen und sachlichen Artikel geschrieben hast.
Ich glaube dass man auf dieser Ebene wirder gut ins Gespräch kommen kann (vielleicht kommen @ellen, @WilliWuff und @raleng ja wieder zurück).
Wir sind uns ja grundsätzlich auch einig, dass die Daten die dem RKI vorliegen gewisse Mängel haben.
Wichtig ist aber - finde ich - dass hier niemand behauptet hat (wie Du es in Deiner Antwort nahelegst) die RKI Zahlen seien falsch, oder dass RKI wäre zu kritisieren.
Otzenpunk hat - genau so wie ellen und ChristianE und ralleng und auch Malte Kreutzfeld - darauf hingewiesen, dass diese Zahlen mit Vorsicht zu geniessen sind und es natürlich auch sehr auf die Definition von „Haushaltskontakt“ ankommt.

Die Metastude von Elizabeth Lee schaue ich mich gerne nachher nochmal in Ruhe an.
Grundsätzlich würde ich den Punkt von Otzenpunk nochmal umdrehen:
Wenn mit „im Haushalt“ gemeint ist, dass es um Leute geht „die gemeinsam eine Wohnung bewohnen“ dann kann das ja nicht der Hauptreiber der Pandemie sein, weil die Pandemie ja dadurch getrieben wird das der Virus von Haushalt zu Haushalt überspringt. Vereinfacht> Wenn es keine Übertragung auserhalb des Haushaltes gäbe wäre die Pandemie nach 14 Tage *größe des größten Haushalts in D vorbei.

„Haushaltskontakte“ lassen sich eben am leichtesten nachweisen. Man erinnert sich eben daran, Person XY getroffen zu haben, welche nun positiv getestet wurde. Passiert sowas irgendwann, wenn man sich auf der Arbeit, auf dem Weg dorthin, in der Schule, im Supermarkt, etc angestekt hat, dann ist das eben diffus keinem einzelnen Event zuzuordnen.

Also landen eben vermehrt Ansteckungen im privaten Bereich in den Datenbanken. Ist ja irgendwie auch logisch. Und alles was ich wollte war, dass sich toni nicht nur auf die Unvorsichtigen bzw Ignorierer einschiesst, was er am Anfang eben getan hat.

Ich nehme mir mal ein Beispiel an @Hasenkoettel und antworte nochmal, obwohl ich das Gefühl habe meine Position wird schon nahezu absichtlich falsch verstanden. Aber vielleicht liegt es ja an mir und ich hab mich nicht klar ausgedrückt.

Vorweg: Wie ich in diesem Thema mehrfach betont habe, folgt aus dem ernstnehmen psychischer Probleme nicht dass der Lockdown falsch oder unnötig ist.

Das sehe ich anders. Selbst, wenn am Ende die gleichen Regeln dabei rauskommen, macht es einen gewaltigen Unterschied welche Positionen man bei der Diskussion mit in Betracht zieht. Der offensichtlichste Unterschied ist, dass Menschen Maßnahmen eher bereit sind zu akzeptieren, wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Position berücksichtigt und gewürdigt wurde.

Und ich habe sehr explizit nicht das Gefühl, dass es überhaupt Platz in der Diskussion findet. Das höchste der Gefühle war mal die Anmerkung in einem Podcast, dass es ja eine schwierige Zeit für Singles sei.

Anstatt konkreter Regeln, könnte bei einer solchen Diskussion ja auch herauskommen, dass wir telefonische Seelsorge ausbauen sollten. Vielleicht braucht das Jugendamt größere Kapazitäten um die Kinder & Familien zu betreuen, die jetzt mehr denn je in prekären Umständen leben. Oder vielleicht müssen wir generell und speziell für die Zeit nach Corona den Zugang zu psychologischer Betreuung erleichtern. Und ja, vielleicht kommt am Ende auch dabei raus, dass bestimmte Maßnahme die wir aktuelle treffen mehr Schaden als Nutzen erzeugen.

Was davon relevant ist kann man nur herausfinden, wenn man es diskutiert. Um es für diskussionswürdig zu halten, muss man es erstmal als potentielles Problem anerkennen. Und wir haben ausreichend Leute, die sich mit diesen Themen beschäftigen, auf dass die Diskussion gleichzeitig zur Diskussionen über epdemiologischen Maßnahmen stattfinden kann.

Wie Sascha Lobo in seiner letzten Kolumne sehr richtig anmerkt:

Ein Kinderspaziergang wird inzwischen härter reguliert als die Arbeitsplätze.

Sieht das danach aus, dass alle Problemfelder in angemessenem Maß in der Diskussion platzt finden? Ich finde nicht.



Dazu noch ein anderer Aspekt. Ich habe hier den Umgang mit der persönlichen Ebene kritisiert, die durch Kontakt in der Coronazeit relevant ist (was nicht heißt, dass diese wichtiger wäre als die solidarische Ebene Kontakte generell zu vermeiden). Warum halte ich es für wichtig den Ton explizit auf dieser Ebene zu entschärfen?

Es wird sehr viel mit Angst und Schuld argumentiert. Ja, eine angemessen Angst vor dem Virus kann und sollte man haben, und ja, jeder trägt persönliche Verantwortung für sein Verhalten unabhängig von seiner Meinung. Aber das geht aktuell so weit, dass Bekannte von abschätzigen Reaktion vom Hausarzt berichten, weil sie Corona positiv getestet wurden; dass Leute reagieren mit „Wo hat der/die sich das nur hergeholt“ wenn sie von Infektionen im Bekanntenkreis hören; und dass Menschen nach einer überstandenen Infizierung von Bekannten gemieden werden.

Es entsteht der Eindruck, dass man sich nur deswegen mit Corona angesteckt haben kann, weil man gegen Maßnahmen verstoßen haben muss, man sich also persönlich schuldig gemacht hat. Ich hoffe wir sind uns alle einig, dass das Quatsch ist. Wenn einem die Solidarität in der Gesellschaft wichtig ist, sollte einem diese Dynamik sorgen bereiten.

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