LdN200 Mietendeckel

Sicherlich werden damit Instandhaltungsinvestitionen weniger attraktiv. Das ändert jedoch nichts daran, dass der Vermieter die Wohnung in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und zu erhalten hat (§ 535 I S. 2 BGB). Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, hat der Mieter nicht zu vertreten (§ 538 BGB).

Auf Twitter habe ich meine Ansicht zum Mietendeckel näher erläutert. Da sich das Team der LDN die Diskussion im Forum wünscht, kommt nachfolgend das, was ich auf Twitter dazu geschrieben habe:

Die @lagenation hat sich in #LDN200 mit dem Berliner Mietendeckel auseinandergesetzt. Aus meiner Sicht wurden dabei z.T. die falschen Fragen gestellt oder auch Schlüsse gezogen, denen ich nicht uneingeschränkt zustimmen möchte. Dies ist meine Antwort (Thread)

@LageNation verweist selbst auf einen Artikel von Immobilienscout24 (1). Darin steht, dass das Angebot von Mietwohnungen zu Gunsten von ETW sinke. Als Folge dessen sei die Anzahl der Kontaktanfragen auf verbleibende Angebote um 231% gestiegen. Den Schlüssen von @LageNation kann ich jedoch nicht folgen, zumindest gehen sie aus den Daten m.E. nicht eindeutig hervor. Der Anstieg der Verkäufe kann auch darin begründet sein, dass Eigentümer nicht mehr wie bisher auf steigende Mieten spekulieren können und daher nicht mehr die Wertzuwächse wie in der Vergangenheit unterstellt werden können. Wenn die Zahl der Verkäufe so stark steigt und gleichzeitig das Vermietungsangebot so drastisch sinkt, werden die Wohnungen entweder von sehr kapitalstarken Investoren spekulativ gekauft, falls der Mietendeckel doch gerichtlich gekippt wird. Der Anteil dürfte m.E. überschaubar sein. Viel wahrscheinlicher dürfte m.E. sein, dass nun Interessenten kaufen, die früher gemietet haben und nun im Eigenheim wohnen. Für diese Sichtweise spricht, dass laut Frühjahresgutachten des ZIA (2) die Kaufpreise für ETW in A-Städten um durchschnittlich ca. 10% gestiegen sind, Berlin dabei mit 10,4% im Durchschnitt liegt. Spannend wird es jedoch, wenn laut Immobilienscout24 der Umsatzanstieg weitgehend auf Objekte zurückzuführen sind, die der Mietpreisbremse unterliegen (Umsatz +37%). Diese Objekte sind (überspitzt ausgedrückt) häufig entweder hochpreisige Altbauten oder qualitativ erheblich schlechtere Gebäude, die nach dem 2. WK im Bauboom mit geringerer Qualität gebaut wurden. Wenn also die Preise weiterhin durchschnittlich steigen, die zugrunde liegende Gesamtmenge der Objekte überproportional stark schlechtere Immobilien beinhaltet, zeigt dies einen deutlichen Nachfrageschub auf Objekte, die der Mietpreisbremse unterliegen. Zwar wird damit der Nachfragedruck auf die Mietobjekte insgesamt reduziert. Jedoch werden damit überproportional stark qualitativ eher einfache Objekte dem Mietmarkt entzogen und in Eigentum umgewandelt, die ansonsten eher von einkommensschwächeren Interessenten angefragt würden. Diese Objekte dürften dann sicherlich von den Neueigentümern für sich selbst den eigenen Ansprüchen entsprechend aufgewertet werden.

Für die vermieteten Objekte bin ich der Ansicht, dass die Mietpreisbremse wirkt. Die damit verbundenen Anreize wurden jedoch politisch zu wenig berücksichtigt. Sinkende Mietrenditen machen Vermietung weniger attraktiv, dadurch steigt die Eigentumsquote. Wohneigentum kann man sich aber nur bei entsprechendem Einkommen oder Vermögen leisten. Dies führt zu einer sich verschärfenden Gentrifizierung von bisher günstigeren Wohnvierteln.

Die Abschaffung der Mietpreisbremse würde diesen Trend wohl kaum stoppen. Dr. Schroeter von Immobilienscout24 wird im Artikel wie folgt zitiert: „Der Berliner Mietendeckel kann das strukturelle Problem nicht lösen. Menschen wollen weiterhin nach Berlin ziehen, der Nachfrage-Überhang bleibt bestehen.“ Dieses Zitat ist ausweislich der Informationen des ZIA falsch. Dieser schreibt zu der demografischen Entwicklung von Berlin, dass der Zuwachs mit +0,9% von den A-Städten noch an Rang 2 liegt, der Zuwachs ggü. den Vorjahren deutlich rückläufig ist (Kapitel 3.3.1). Weiter heißt es: „Der Abschwächung des Bevölkerungswachstums in den A-Städten wird auch nicht mehr durch eine sinkende Haushaltsgröße konterkariert. Die Stagnation der Haushaltsgröße bzw. eventuell sogar ihr Wiederanstieg dürfte überwiegend den gestiegenen Mieten bzw. der geringen Verfügbarkeit von Wohnungen geschuldet sein.“ […] „Der starke Anstieg der Zahl der genehmigten Wohnungen hat zu einem hohen Bauüberhang, d.h. genehmigte, aber noch nicht fertiggestellte Wohnungen, in den meisten der A-Städte geführt. Insbesondere in Berlin und Frankfurt, aber auch in Hamburg und München lag zum Jahresende 2018 der Bauüberhang je 1.000 Einwohner bei über 10 Wohnungen.“ Für Berlin wurden ca. 7.300 mehr Wohnungen fertiggestellt, als zusätzlicher Wohnbedarf in 2019 entstanden ist (Kapitel 3.3.3). Inzwischen besteht also ein Bauüberhang, dass mehr gebaut als nachgefragt wird. Nur leider werden hochwertige Objekte gebaut, während billige Mietwohnungen benötigt werden. Für eine effektive Mietpreisbremse wäre es also erforderlich, dass primär geförderter Wohnungsraum gebaut würde. Dies könnte durch eine Auflage geschehen, dass z.B. 80% der Baugenehmigungen dem bezahlbaren Wohnraum vorbehalten sind.

Mein Fazit

Grundsätzlich kann die Mietpreisbremse wirken. Jedoch wurde diese singulär für den Mietmarkt konzipiert und umgesetzt, die Folgen auf den Eigentumsmarkt wurden zu wenig beachtet. Damit die Bremse effektiv wirkt, muss sie mit einem massiven Ausbau des sozialen Wohnungsbaus gekoppelt werden, z.B. durch allgemeine Auflagen an Mindestquoten für sozialen Wohnungsbau für alle Baugenehmigungen.

Quellen:

2 https://www.zia-deutschland.de/fileadmin/Redaktion/Marktdaten/PDF/Fru__hjahrsgutachten_Immobilienwirtschaft_2020.pdf

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Zum Mietendeckel zwei Gedanken:

Zum ersten Kritikpunkt (Zunahme verkaufter Wohnungen): Ist es nicht vielleicht noch etwas zu früh, jetzt schon ein Fazit zu ziehen? Immerhin wird der Mietendeckel doch noch gar nicht umgesetzt (Ordnungswidrigkeitenverfahren bei überhöhter Miete). Es ist doch auch durchaus plausibel, dass die Zunahme an Verkäufen der Angst des Marktes und der Skepsis der Eigentümer geschuldet ist und sich der Wert wieder normalisiert. Da Berlin in neuerer Geschichte eine Pionierrolle zukommt, war doch auch vorhersehbar, dass es Panikverkäufe geben wird.

Zum Thema Schattenmiete: Das Problem der Schattenmiete ist mE ein Problem der föderalen Kompetenzordnung, dem der Landesgesetzgeber bei der Gesetzgebung zum öffentlichen Mietpreisrecht nicht entgehen kann. Denn wesentlicher Erwägungsgrund des Gesetzes ist, dass das Gesetz Bundesrecht unberührt lassen will (vgl. die Gesetzesmaterialien). So wurde nach Anhörung verschiedener Sachverständiger im Gesetzgebungsverfahren auch die Absenkung durch Verwaltungsakt aus dem Gesetz herausgenommen. Weil aber das Bundesrecht weiter existiert, kann ein (temporäres) landesrechtliches Verbot der Entgegennahme überhöhter Mieten gar nicht verhindern, dass überhöhte Mieten vereinbart werden. Eine solche Regelung ist deshalb wohl auch mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung vereinbar (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), und kann durch Formularverträge getroffen werden.
Eine andere Frage ist natürlich, ob und in welchem Umfang die Schattenmiete nach Außerkrafttreten des Gesetzes auch (rückwirkend) verlangt werden kann. Hier könnte sich unter Umständen auf Verjährung berufen werden (3 Jahre), falls das Gesetz nicht schon vorher verfassungsgerichtlich für nichtig erklärt werden sollte.

Zum Thema Mieten:

Ich denke der Trend hin zum Home Office wird den Flächenbedarf von Paaren und Familien noch verstärken und damit auch die Mietsituation beeinflussen. Wir sind in meinem Haushalt beide berufstätig, arbeiten viel zu Hause, müssen viel telefonieren, und brauchen quasi 2 separate Büros… als kinderloses Paar ! Hätten wir ein Kind bräuchten wir eine 5 Zimmer Wohnung? Oder ein Haus ?

Ich habe in einem anderen Thread erwähnt, dass die Preise der Immobilien schneller steigen als die Mieten. Insofern vielleicht die falsche Taktik der Politik den Mietmarkt auszubremsen und dafür weiter den Verkauf indirekt anzuheizen. Ich meine wer kauft? Alle, welche ihr Geld in „Sicherheit bringen“ möchten. Und zwar aus der halben Welt Eine rationale Rendite der Investition spielt hier nicht mehr die Rolle.

Oder Menschen die ihr Eigenheim - durch die niedrigen Zinsen motiviert - auf Sand kaufen…
Wir haben es hier also mit einer Marktverzerrung zu tun. Die niedrigen Zinsen tragen ihren
Teil dazu bei. Das ist alles nicht rational.

Hier noch ein interessanter Artikel zur Schattenmiete und der Rechtsunsicherheit (unterschiedliche Urteile in den verschiedenen Bezirken!): Preiserhöhung trotz Mietendeckel: Mit diesem Trick arbeiten Vermieter in Berlin

Das scheinen mir aber relativ interpretationsbedürftige Begriffe zu sein. Im Zweifel wird man klagen müssen - mit unsicheren Erfolgsaussichten…

Ich verstehe beim Mietendeckel der auch für Bestandsmiete gilt nicht wie die Tabelle zu den Mietobergrenzen zustande gekommen ist.
Wenn ich eine Wohnung mit Bad und Sammelheizung habe die vor 1918 erstmals bezugsfertig war, darf der Quadratmeter maximal 6,45€ kosten. Dieser Preis wird kontinuierlich günstiger, je neuer die Wohnung ist bis 1972 wo der Preis bei 5,95€ pro Quadratmeter liegt. Ab 1973 steigt der Preis wieder an.
Wenn ich mir aber Wohnungen angucke die nur Sammelheizung oder Bad haben bzw. weder Sammelheizung noch Bad sind die Wohnungen von vor 1918 am günstigsten und werden teurer je neuer sie sind. (Was auch mehr dem Bauchgefühl entpricht).

Tabelle kann man sich hier angucken:
https://mietendeckel.berlin.de/faq/was-besagt-die-mietentabelle-die-mietobergrenzen/