LdN 400 Israel - Iran

Nach dem guten Interview gestern beschäftigt mich noch eine Frage:
nach dem Angriff des Iran auf Israel im April 2024 wurde viel über die Reaktion arabischer Staaten berichtet, die ebenfalls Iransiche Flugkörper abgewehr hatten (siehe:. Warum arabische Staaten Israel gegen Iran unterstützen (DW) )
Diesmal hatte ich solche Reaktionen nicht wahrgenommen. Wie ist das in hinblick auf die Sicherheit Israels zu bewerten?

Obwohl Israels Kriegsführung im Gazastreifen und der Einmarsch in den Libanon die internationalen Beziehungen des Landes belastet hat, unterstützten US-Streitkräfte in der Region und die Luftwaffen Großbritanniens, Frankreichs und Jordaniens die israelische Flugabwehr.
Israel: Freund und Feind im Nahen Osten | ZEIT ONLINE

Saudi-Arabien fehlt diesmal bei den Unterstützen. Aber die stehen grundsätzlich auf der anderen Seite als der Iran. Da würde ich also nicht zu viel reininterpretieren.

Die jordanische Regierung gibt an, Raketen abgefangen zu haben, was aber zumindest bei Teilen der Bevölkerung nicht gut ankommt.

Es gibt eher einen wichtigen technischen Unterschied: Die ballistischen Raketen waren nur 12-15 Minuten unterwegs, die Drohnen im April teilweise mehrere Stunden - also sehr viel mehr Zeit, für alle die wollen, um sie abzuschießen. Gründe, auf weniger Bereitschaft etwa von Saudi-Arabien zu schließen, gibt es m. E. nicht.

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Jordanien war ja wieder dabei und wird wohl - sofern es seine eigenen guten Kontakte in die USA erhalten will - auch zukünftig bei der Abwehr iranischer Raketen helfen.
Die geringere Vorwarnzeit hat es diesmal sicherlich Israel auch erschwert, sich da hinter den Kulissen entsprechend mit anderen Ländern abzustimmen.
Außerdem hatten doch meine ich die USA auch angekündigt noch mehr Schiffe in die Region zu verlegen. Das dürfte dann nochmal zusätzliche schiffsgestütztes Potential zur Raketenabwehr mitbringen.

Von daher bin ich da bei meinen Vorrednern und würde da auch erstmal keine übermäßigen Probleme für Israel aus der geringeren Unterstützung im vorliegenden Fall ziehen.

Ich würde mich der Analyse meiner Vorredner:innen anschließen, dass es vor allem an der kurzen Vorlaufzeit gelegen hat.

Sollte es aber tatsächlich zu einem heißem Krieg zwischen Israel und dem Iran kommen weiß ich nicht, ob sich Israel weiterhin auf diese Unterstützung verlassen kann. Der Iran hat jedenfalls angekündigt, dass sie die Öl-Infrastruktur aller Staaten angreifen wird, die bei einem etwaigen Schlagabtausch intervenieren. Und da diese Staaten über keine nennenswerten Raketenabwehrsysteme für diese Infrastruktur verfügen und ihre (und unsere) gesamte Wirtschaft vom Ölexport abhängt kann ich mir gut vorstellen, dass sie diese Warnung ernst nehmen und sich größtenteils raushalten.

Das wäre äußerst kontraproduktiv.
Denn womit sollen sie ihren Krieg finanzieren, wenn nicht mit Öl? Und dann in den westlichen Staaten das Vertrauen auf diesen Rohstoff zu schmälern bedeutet vor allem eins: dass der Verbraucher Alternativen in Erwägung zieht.
Die OPEC hat vor einem Monat trotz schwächelnder Wirtschaft die Fördermengen erhöht, der derzeit niedrige Spritpreis ist eine Folge des Nahostkonflikts. Wir finanzieren an der Tankstelle den Krieg mit.

Wenn das auf meine Einschätzung bezogen ist verstehe ich die Aussage nicht so ganz. Was wäre „äußerst kontraproduktiv“ und wen meinst du mit „sie“?

Die, die die (leere) Drohung ausgesprochen haben sollen.

Ob die Drohung leer ist wird sich zeigen, wenn Israel wirklich zurückschlägt. (Sollten sie es tun gehe ich davon aus, das sie es am Jahrestag des Angriffs auf Israel am 7. Oktober machen.)

Du müsstest mir jetzt aber trotzdem nochmal erklären was an folgendem kontraproduktiv wäre:

Israel feuert Raketen auf den Iran ab, beispielsweise auf ihre Öl-Infrastruktur.

Iran feuert daraufhin erneut Raketen auf Israel ab und wiederholt noch einmal die Warnung an die arabischen Länder, dass sie sich raushalten sollen wenn ihnen ihre Öl-Infrastruktur lieb ist.

Arabische Länder helfen Israel bei der Raketenabwehr.

Der Iran zerstört die Öl-Infrastruktur der Länder, die Israel geholfen haben.

Für mich ist das ganz nach der Logik der nuklearen MAD-Doktrin: wenn du meine Öl-Infrastruktur zerstörst(/dabei hilfst), zerstöre ich deine und wir tragen beide den massiven wirtschaftlichen Schaden davon.

Das ist eine andere Situation. Wenn Israel Irans Ölfelder angreift, wäre so eine Reaktion möglich. Es ist aber nicht gesagt, dass Israel das tun wird. Haben sie es denn in den letzten Jahren schon einmal gemacht?

Nur dass dich der Iran so zum legitimem Ziel der anderen arabischer Staaten macht und so in noch ernsthaftere Probleme kommt. Wenn plötzlich auch arabische Staaten und Israel den Iran angreifen war es das wohl mit dem Mullah Regime und übrigens auch mit Drohnen für Putin.

Der ersten Golfkrieg hat gezeigt, dass der gebirgige Iran gut verteidigt werden kann. Die USA würde zwar vermutlich einen Einnahme schaffen, aber die Frage wäre, wie lange sie dafür brauchen würden.

Falls die Straße von Hormuz zu lange unpassierbar wäre, würde das vermutlich eine globale Wirtschaftskrise verursachen inklusive massiver Wohlstandsverluste und der Machtübernahme faschistischer (und explizit anti-amerikanischer) Kräfte in vielen Ländern der Erde.
Ferner wären dann wohl ausgerechnet russische Gaslieferungen die einzige (nicht ansatzweise ausreichende) Option, um den Ausfall von saudi-arabischen, katarischen und anderen Öl- und Gaslieferungen zu kompensieren.

Vergisst du hier nicht, dass Iran auch Verbündete hat? Letzten Endes wäre da bspw. auch Russland zu sehen. Ich würde nicht darauf wetten, dass die Nachbarn Israels das Risiko eingehen wollen

  1. als Verräter an der arabischen Welt für ihre Unterstützung Israels und einen Angriff auf den Iran zu gelten und
  2. das Pulverfass Nah-Ost Konflikt zu einem Flächenbrand explodieren zu lassen und
  3. in einen heißen Konflikt mit Russland, auf den man mindestens in der OPEC angewiesen ist, einzutreten

Die Zeitenwende scheint in den Köpfen vieler den Eindruck vermittelt zu haben, dass man jegliches Feuer mit genügend Kampfstiefeln austreten kann. Wird Zeit, dass wieder mehr Menschen der freiwilligen Feuerwehr beitreten, um zu lernen dass dem nicht so ist.

Naja, wenn ich sehe was für seltsame Gestalten am 03.Oktober durch Berlin geirrt sind und so getan haben als wären sie für Frieden, scheint die Realität bei vielen noch nicht mal ansatzweise angekommen zu sein.

Mit welchen Reserven soll eigentlich Russland den Iran unterstützen? Russland ist doch selbst schon auf den Iran angewiesen. Und die Verbündeten des Iran werden gerade doch ziemlich ausgedünnt.

Nicht das ich wüsste, aber der Iran hat auch noch nie in dem Maße Israel beschossen. Die Öl-Felder Irans sind als Ziele bei einem Gegenschlag auf jeden Fall im Gespräch:

https://www.axios.com/2024/10/02/iran-israel-missile-attacks-response

Biden ist aber zumindest offiziell dagegen:

https://www.axios.com/2024/10/04/biden-opposition-israeli-strikes-iran-oil-facilities

Das könnte aber schon auch Wahlkampf Taktik sein um die demokratische Linke zu beruhigen. Der Wind kann sich nach der Wahl schnell drehen.

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Saudi Arabien ist nicht einmal mit den Houthis klar gekommen und ich weiß nicht welches andere Land in der Region auch nur annähernd an die militärische Stärke des Iran herankommt. Mal abgesehen davon ist das auch nebensächlich wenn es um Quasi-MAD geht. Wie bei echter MAD geht es um Abschreckung, damit es erst gar nicht zur gegenseitigen Zerstörung kommt. Und es scheint ja zu wirken:

https://www.reuters.com/world/middle-east/gulf-states-sought-reassure-iran-their-neutrality-iran-israel-conflict-sources-2024-10-03/

Interessant war die Information, dass im Süden Libanons Siedler sich einnisten wollen.
Vergleicht man die Landmasse Israels von 1948, die Israel zugesprochen wurde, mit der Landmasse von heute, muss man feststellen, dass Israel nach jedem Krieg größer wurde. Interessant ist folgendes Link

Diesen Teil fand ich ebenfalls bemerkenswert.
Die klare Darstellung, dass es konkrete Pläne gibt, die Größe Israels zu erweitern. Im Norden Gazas, der Westbank und Süd-Libanon. Diese Pläne beinhalten, wie beschrieben die Vertreibung/ Umsiedlung tausender Menschen. Es wäre eine durch Gewalt durchgesetzte Grenzverschiebung, bei der die westliche Weltgemeinschaft anscheinend einfach nur zusieht, bzw. auch nichts konkretes unternimmt, um dies zu verhindern.
Das ist eindeutig eine andere Ausrichtung des Konfliktes. Weg von einem noch vertretbaren Verteidigungskrieg und hin zu einem Eroberungskrieg.
Das macht schnell gesprochene Beistandbekundungen durchaus problematischer.
Auch die Völkerrechtslage dürfte sich dann ändern.

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Apropos Völkerrecht, der Spiegel lässt aus Beirut berichten, dass Israel gezielt Sanitäter und Ärzte des „islamischen Gesundheitskomitees“, einer hisbollahnahen, nicht-militärischen Organisation wie bei uns die Caritas, beschießt. Das wäre ein klarer Bruch des Völkerrechts, auf das sich Israel so gern beruft.

Ebenso werden Sanitäter und Ärzte des »Islamischen Gesundheitskomittees« gezielt beschossen. Die Organisation gehört zur Hisbollah, betreibt eigene Krankenhäuser, Ambulanzen, ersetzt vielfach das marode staatliche Gesundheitssystem.

»Es ist unfassbar für mich, wie Israel gezielt Ärzte, Krankenwagenfahrer, Sanitäter umbringt. Das ist gegen die Genfer Konvention.«

Pierre Yared, Direktor des Geitawi-Krankenhauses
Israels Militär scheint ihre Zugehörigkeit zur Hisbollah zu genügen, das Personal und die Krankenwagen gezielt zu bombardieren: in Beirut, in Jiyyeh im drusischen Distrikt Schuf, in der christlichen Kleinstadt Marjayoun im Süden, wo keine Hisbollah-Kämpfer sind, aber das örtliche Krankenhaus trotzdem Verletzte aus deren Reihen aufnahm. Bis ein Raketenangriff am Freitag drei Ambulanzfahrer tödlich traf, die vor ihren Wagen warteten. Anschließend gab das Krankenhaus den Betrieb aus Sicherheitsgründen auf. Es war nach Aussage des Bürgermeisters von Marjayoun das letzte im ganzen Bezirk.

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