LdN 400: Interview mit Prof. Simon Wolfgang Fuchs

Zunächst mal vielen Dank für das ausführliche Interview mit Prof. Fuchs zur Lage im Nahen Osten.

Zu einigen Themen, die Prof. Fuchs angeschnitten hat, wie dem Zustand der israelischen Opposition und der generellen Stimmung in Israel gibt es bei Jacobin eine umfangreiche Zusammenfassung des letzten Jahres, die erwartungsgemäß hart mit der aktuellen Regierung ins Gericht geht:

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Hallo, und erstmal Glückwunsch zum Jubiläum - ihr macht wirklich wichtige und gute Arbeit, größten Dank dafür!

In der Lage 400 war ich im Interview mit Simon Wolfgang Fuchs zeitweise sehr irritiert - ich hatte das Problem schon fälschlicherweise in den Kommentaren bei Spotify angesprochen:
Mein Kommentar dort war verkürzt „Die Aussage, die Besiedlung eines zerbombtes Gebiets als Friedenszenario unkommentiert stehen zu lassen, ist höchst problematisch“.
Ich muss mich ein bisschen berichtigen, da Ulf tatsächlich kritisch nachgefragt hatte, würde meinen Punkt dennoch gern erläutern, weil er nicht ganz geklärt ist.

Ab Minute 17:45 ca. geht es im Interview um die Besiedlungspläne der Gebiete in Gaza und im Westjordanland (Z. T. auch um den Südlibanon), die angegriffen wurden und aus denen viele Palästinenser*innen vertrieben wurden.

Herr Fuchs spricht davon, dass es aus israelischer Perspektive politisch Sinn ergeben würde, z.B. die Besiedlung des Nordens von Gaza klar und zielgerichtet durchzuführen, und „nicht die selben Fehler der letzten Besetzung zu wiederholen“. (18:55)
Herr Fuchs ordnet dann ein, dass diese Grenzverschiebung aus Sicht der Regierung eben ein territorialer Gewinn wäre.

Auf Nachfrage von Ulf, dass in diesem Szenario ja die Interessen der palästinensischen Seite damit völlig unter den Tisch fallen und ob das wohl ein Weg zum Frieden wäre, antwortet Herr Fuchs, dass es ein Weg wäre, den Konflikt seit dem Trauma des 7. Oktobers managen.

Wieder fragt Ulf nach, ob das nicht kein Frieden sonder ein kalter Krieg wäre (20:30), worauf Herr Fuchs antwortet:

Richtig, es sei aber für Israel ökonomisch machbar, er plaudert über die Kosten des Krieges, und man könne ihn ja aber „gut finanzieren“ und damit leben und stellt im Anschluss die Frage nach inneren Konflikten in Israel.

Ich berichtige mich und erkenne an, dass ihr seine Aussagen nicht einfach habt stehen lassen und grundsätzlich fand ich Teile des Interviews auch sehr informativ.

Der ganze oben geschilderte Block allerdings zeigt meiner Ansicht nach allerdings …Herrn Fuchs’ (edit Mod.) …Zustimmung zu Israels (völkerrechtswidrigen) Siedlungs- und Expansionsbestrebungen. …

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Gibt es nicht auch die Möglichkeit, dass er einfach die Sicht eines mächtigen Teils in Israel beschreibt. Im englischen heißt es Don’t shoot the messenger..

Die reine Beschreibung der israelischen Innenansicht kann auch Optionen aufzeigen wie man diese Ansichten aufbrechen kann. Wenn die israelische Regierung (und große Teile des Volkes) der Meinung ist, dass der Krieg finanzierbar ist, dann muss man ihn halt nicht-finanzierbar machen.

Das heißt harte Wirtschaftssanktionen gegen den Bruch von Völkerrecht verhängen. Damit meine ich natürlich nicht die aktuelle Phase der Selbstverteidigung, sondern Jahrzehnte fortgesetzten (und nur kurz pausierten) Siedlungsbaus oder die gezielte Ermordung von Zivilisten wie Wissenschaftlern. Und natürlich auch die Ermordung von Unterhändlern.

Gleichzeitig sollte man Strukturen umbauen. Keiner zwingt uns dazu den Zahlungsverkehr zwischen Ramallah und der EU über Israel abzuwickeln. Oder verbietet uns Parallelstrukturen zu internationalen Organisationen aufzubauen, sofern israelnahe Staaten Schritte zur Zwei-Staaten-Lösung blockieren, wie beispielsweise den Beitritt zu oder die Aufwertung in UN-Organisationen.

Wir müssen es nur wollen und dürfen vor der erwartbaren Polemik der israelischen Offiziellen keine Angst haben.

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Vielleicht ist das doch keine gute Idee. Israel hat heute in seinem Bestreben, seine Sicherheit zu gewährleisten, die UN-Friedensmission UNIFIL beschossen. Glücklicherweise gab es nur leichte Verletzungen.

Laut einem Artikel der Tagesschau empfiehlt Israel, dass sich die UNIFIL einfach 5 km zurückziehen solle, um nicht versehentlich getroffen zu werden.

Irlands Präsident Michael D. Higgins, dessen Land mehr als 300 der UN-Soldaten stellt, hatte das israelische Vorgehen zuvor scharf kritisiert. Israels Armee habe die Friedenstruppen bedroht und wolle sie evakuieren lassen, teilte Higgins vor einigen Tagen mit. Israel fordere sogar, dass die gesamte Unifil-Mission sich aus dem Grenzgebiet entferne.

Ein Zweck der Mission war es, Gebiete, die Israel 2006 im Libanon eroberte, an den Libanon zurückzugeben. Der Vorfall und die Äußerungen Higgins klingt sehr nach einem bewussten Warnschuss (beziehungsweise mehreren, da mehrere UNIFIL-Objekte beschossen wurden). Soviel Wert legt Israel auf Völkerrecht.

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Das macht auch Sinn. In den Gaza lässt Israel ja auch nur Journalisten in Begleitung des Millitärs, damit sichergestellt ist, dass nur die richtigen Bilder entstehen. Und die palästinensischen Quellen sind natürlich sowieso immer parteiisch.

Ähnlich dürfte es Israel jetzt halt auch mit dem südlichen Libanon machen wollen, da stören so ein paar potentielle unabhängige Beobachter mit blauen Helmen nur.

Und nur damit sich keiner über diese Äußerung beschwert: Das würden die USA, Russland usw. sehr wahrscheinlich genauso machen. Aber das macht es ja nicht besser.

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„Gibt es nicht auch die Möglichkeit, dass er einfach die Sicht eines mächtigen Teils in Israel beschreibt. Im englischen heißt es Don’t shoot the messenger.
Die reine Beschreibung der israelischen Innenansicht kann auch Optionen aufzeigen wie man diese Ansichten aufbrechen kann. Wenn die israelische Regierung (und große Teile des Volkes) der Meinung ist, dass der Krieg finanzierbar ist, dann muss man ihn halt nicht-finanzierbar machen.“

Das ist ein spannender Punkt, danke für den Input. Allerdings spricht er ja von „wir“ zählt sich also zur in-group dazu. So interpretiere ich das zumindest. Wäre er nur the messenger, müsste er sich ja nicht mit einschließen.

Mich wundert wirklich, warum die Weltgemeinschaft Israel so gewähren lässt…
(Fragender Verweis auf den Vorschlag wirtschaftlicher Sanktionen). Und nein, diese Äußerung bedeutet nicht automatisch die Unterstützung terroristischer Bestreben von israelfeindlichen Milizen.

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