LdN 370 - Förderung Solarmodule ist falsche Zielsetzung

Eine Förderung von deutschen Solarmodulherstellern geht meines Erachtens in die falsche Richtung. Geld an heimische Hersteller unterstützt zwar heimische Arbeitsplätze, allerdings auch zu einem großen Teil den Einkauf von Rohstoffen, Energie etc aus dem Ausland.

Das Ziel ist doch möglichst schnell und günstig die sinnvollen Flächen (Dächer, Lärmschutzwände, entlang von Autobahnen, etc) in Deutschland/Europa mit PV zu bestücken. Wenn China bereit ist durch Subventionen uns bei diesem Ausbau zu unterstützen, dann sollten wir es dankend annehmen und die Module kaufen, solange diese so günstig zu haben sind.

Daher sollte unser Steuergeld nicht direkt in die Förderung der heimischen Produktion gehen, sondern vielmehr in den staatlichen Ausbau so dass die Nachfrage nach Modulen gesteigert wird. Man könnte es z.B. so gestalten, dass der Staat kauft, solange Modulpreise unterhalb der heimischen Produktionskosten liegen. Vorteil ist, dass wir für wenig Geld viele Module bekommen und das Steuergeld stärker für den Aufbau von Arbeitsplätzen in Handwerk und Montage geht (Geld bleibt also im Land, zudem kann Solarmodulmontage relativ schnell gelernt werden - evtl. kann die Politik hier die Hürden für die Beschäftigung von Flüchtlingen/Migranten erleichtern - aber das ist ein anderes Thema…)

Mittelfristig würden dadurch mehr Montagekapazitäten geschaffen werden, wodurch die Kosten für PV-Ausbau noch weiter gesenkt werden können. Und je niedriger die Gesamtkosten und je höher die Nachfrage nach Modulen desto besser am Ende auch für die heimischen Modulhersteller.

Deine Argumentation mag richtig sein im Hinblick auf den Klimawandel, aber sie problematisch im Hinblick auf die Abhängigkeit von China. Wir haben gerade erst die Erfahrung gemacht, dass wir, gerade was Energie betrifft, nicht von fragwürdigen Akteuren abhängig sein wollen. Wenn wir großflächig auf PV setzen, müssen wir auch ständig alte PV-Module durch neue ersetzen - und zwar in einem wirklich großen Maßstab.

Wenn wir dafür keine heimische Industrie aufbauen und unsere Rohstofflieferanten diversifizieren, was passiert dann, wenn China tatsächlich mal in Taiwan ernst macht?

Man muss diese Themen immer im Gesamtzusammenhang sehen. Und das bedeutet für mich, dass wir aktuell sowohl die günstigen Preise in China nutzen sollen, als auch eine eigene Industrie aufbauen sollten, die zumindest genug Output hat, den Bestand als PV-Anlagen zu erhalten.

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Für mich wäre bei der Beurteilung dieser Frage die Komplexität der Herstellung von Solarmodulen und wie schnell Hersteller außerhalb eine Produktion hochfahren könnten entscheidend.

Beispiel Computerchips: Extrem komplexe Wertschöpfungskette und ein hoher Bedarf an stark spezialisierten Fachkräften, gleichzeitig eine hohe Notwendigkeit einer konstanten Versorgung. Da macht es durchaus Sinn, durch staatliche Förderung die Produktion geographisch zu diversifizieren und einen Teil davon auch auf das heimische (oder verbündete) Staatsgebiet zu holen. Ähnliches lässt sich glaube ich über Batterietechnologie sagen.

Wie ist das bei Solarpaneelen? Wie schnell könnte ein Lieferstopp aus China aufgefangen werden? Gegenüber Computerchips besteht zumindest der Vorteil, dass wir zwar keine neuen Anlagen bauen könnten, die bestehenden Anlagen aber nicht betroffen wären. Die Paneele sind zudem Endprodukte, keine Vorprodukte die eine ganze Reihe weiterer Wertschöpfungsketten beeinflussen.

PV-Paneele halten üblicherweise mehrere Jahrzehnte, oft ohne bzw. mit nur sehr wenig Leistungsverlust…
Abgesehen von Vandalismus oder massivem Hagelschaden bei „flach“ installierten Paneelen dürfte der Tausch-Bedarf sehr niedrig sein…

Ansonsten teile ich auch die Meinung, dass wir die Abhängigkeit von nur 1 Land möglichst verhindern müssen… sowohl durch eigene Produktion als auch durch Lieferanten aus unterschiedlichen Regionen.

Selbst wenn wir davon ausgehen, dass sie (inklusive Vandalismus und Wetterschäden) im Schnitt 20 Jahre halten, würde das trotzdem bedeuten, dass 5% aller Panele jedes Jahr ersetzt werden müssten. Und da wir ja wirklich großflächig in PV gehen wollen, sind diese 5% bereits genug, eine mittelgroße heimische PV-Herstellung auszulasten. Der Konflikt in der Ukraine zeigt, wie lange so ein Konflikt anhalten kann - und wenn es wirklich mal zu einem Handelskrieg mit China kommt, würde ich es bevorzugen, wenn wir im Hinblick auf PV-Module bereits unabhängig wären und nicht erst wieder anfangen würden, Pläne zu machen, wenn das Haus bereits brennt…

Du hast sicherlich Recht, dass es nicht so problematisch wie mit dem russischen Gas ist, aber eine gewisse Unabhängigkeit sollten wir uns dennoch wahren, deshalb finde ich es gut, die heimische Produktion noch etwas mehr zu fördern als „nur“ den Ankauf von Modulen aus China. Das heißt nicht, dass wir nicht von den günstigen PV-Preisen in China profitieren sollten, ganz im Gegenteil, natürlich ist jetzt eine gute Zeit, diese günstigen Module zu kaufen und zu installieren.

Die Argumentationen hier kann man doch wunderbar kombinieren.

Der Staat kauft jetzt alle Regale leer, weil es billig ist und sorgt gleichzeitig dafür, dass die 5%, die jedes Jahr ersetzt werden müssen, ausgehend von einem Bedarf von X unter besseren Bedingungen heimisch hergestellt werden können.

Dafür kann es einen Topf geben, der eine Größe Y hat.
Werden dann mehr PV-Module heimisch produziert (als es die 5% durch jährliche Austauschmaßnahmen vorgeben), dann erhält letztlich jedes Modul weniger Subvention.
Werden weniger PV Module produziert, erhält jedes Modul mehr Subvention.

Wie in fast allen Bereichen rund um Klima, Nachhaltigkeit etc. sollte meiner Meinung nach eben nicht die Frage gestellt werden, was davon gemacht werden sollte, sondern unbedingt beide Optionen gepusht werden.

(Günstigeren ÖPNV anbieten oder ÖPNV-Ausbau? Beides. Weniger Fleisch essen oder besseres Fleisch? Beides. usw. usf.)

Ich würde das präzisieren: Zumindest genug Output in angemessener Zeit aufbauen kann, um bei (wie auch immer verursachtem) Ausfall eines Großteils der Importe den Bestand zu erhalten. Dass man dabei eher auf der sicheren Seite sein will und ggf. etwas Puffer kalkuliert, versteht sich wahrscheinlich von selbst.
Die Vorkette hab ich jetzt mal ausgeblendet, im Ernstfall könnte es natürlich auch da Porbleme geben.

Das Schöne ist: Franziska Brantner hat ja genau diese Linie im Grundsatz bestätigt. Auf chinesischen und US-amerikanischen Subventionen mitsurfen, um schnell zu dekarbonisieren und die Handwerksbetriebe nicht zu belasten, aber strategische Kapazitäten erhalten. Gleichzeitig menschenrechtliche Anforderungen entlang der Lieferkette stärker durchsetzen, um Menschen zu schützen und das Spielfeld ausgeglichener zu gestalten. Letzteres ist in der aktuell gedachten Form mit der LieferkettenRL leider vorläufig gescheitert.

Edit: Satzbau.

Ich denke, darauf können sich die meisten hier einigen.

Besagte strategische Kapazität lässt sich vermutlich nur mit Subventionen (oder direktem staatlichen Engagement, was aber im neoliberalen Zeitalter wohl nicht mehr möglich scheint) erhalten, daher finde ich die Subventionen in dem Bereich grundsätzlich nicht falsch.

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