LdN 364: Konnexitätsprinzip und Schulreformen

Lieber Philip, lieber Ulf, liebe Forums-Mitglieder,
In Folge 364 wurde unter anderem über das Konnexitätsprinzip im Kontext von Sozialausgaben berichtet. Der Kommentar des oberhausener Stadtkämmers und das Beispiel der Ganztagsschulen hat mich hellhörig werden lassen. Ich schreibe meine Dissertation über die Steuerung von schulischer Inklusion in NRW und Hessen und die Taktik des Nicht-Steuerns, insbesondere wenn es um konkrete Inhalte, Qualitätskriterien oder Ziele geht, kommt mir bekannt vor. Ich hatte sie mir bisher nur anders erklärt.

Mit dem Kommentar des oberhausener Statdkämmerers im Hinterkopf sieht es für mich nun so aus, als wäre die inhaltliche (es gibt natürlich schon Bereiche, in denen gesteuert wird, aber eben nicht Qualität oder inhaltliche Ziele, sondern im Grunde nur, was unbedingt notwendig ist, um alle Schüler*innen irgendwie unter ein Dach/ in eine Schule zu bekommen) Nicht-Steuerung der schulischen Inklusion eine Strategie, um die Pflicht zur Finanzierung qualitätsvoller schulischer Inklusion zu umgehen. Wie genau diese Strategien aussehen unterscheidet sich etwas zwischen den Bundesländern, grundsätzlich zeigt sich aber, dass das Festlegen einer Definition von gelungener Inklusion, von Qualitätskriterien und von verbindlichen Zielen vom Land an die Bezirksregierungen, Schulämter bzw. in Hessen auch an Beratungs- und Förderzentren delegiert wird.

Mit dem Verweis auf die heterogenen Ausgangslagen der Schulen, die pädagogische Autonomie und die Professionalität von Schulleitungen und Lehrkräften kann man sich da natürlich gut rausreden und zugegeben: auch aus der Forschung gibt es kaum anerkannte und einheitliche Kriterien für gelungene schulische Inklusion. Aber: Gibt es da einen Zusammenhang mit dem Konnexitätsprinzip? Wenn das Land Qualitätsstandards (oder etwas in die Richtung Interpretierbares?) für schulische Inklusion formuliert, ist es auch dafür verantwortlich, die finanziellen/ personellen Mittel bereit zustellen, mit denen diese erreicht werden können? Steuert es inhaltlich nicht bzw. meint Steuerung vor allem Delegation, liegt die Verantwortung bei den nachfolgenden Akteuren und das Land ist raus? Drücken sich steuernde Akteure der Länder deshalb um eine klare Definition von schulischer Inklusion, die Formulierung von verbindlichen Qualitätskriterien und inhaltlichen Zielen? Weil sie sonst die finanziellen Mittel (im Fall von Inklusion: v.a. mehr Personal) hierfür bereitstellen müssten?

Gibt es Gesetze/ Quellen/ Dokumente, auf die man hinsichtlich des Konnexitätsprinzips (für NRW habe ich § 78, Abs. 3 der Landesverfassung gefunden, gibt es Ähnliches für Hessen?) und daraus entstehende Dilemmata für Schulreformen verweisen kann? Ich freue mich jedenfalls über Anmerkungen, Berichtigungen und Gedanken v.a. aus juristischer oder politikwissenschaftlicher Perspektie hierzu.

Viele Grüße
Lisa