Im Interview mit Frau Paus wird sie mit einigen Fragen zur Sinnhaftigkeit der zusätzlichen Verwaltungs- bzw. Beratungskomponente gegrillt. Hier zeigt sich, dass Herr Banse und Herr Buermeyer diese Kindersozialleistungen nie selbst beantragt mussten und daher keine Vorstellung von der Unübersichtlichkeit und Komplexität dieser Unterlagen haben. #checkteureprivilegien!
Ich kann sehr gut verstehen, warum 2/3 der Berechtigten sich gerade im Falle vom Bildung- und Teilhabepaket das nicht machen.
Meine Muttersprache ist deutsch, ich habe studiert und promoviere. Ich habe mir eine Exceltabelle erstellen müssen, um über die Unterlagen und die Deadlines einen Überblick zu haben, weil die ganzen Leistungen ineinandergreifen. Nur mit dem Kiz-Bescheid kann ich Bildung und Teilhabe und andere Sozialleistungen beantragen, ist der Bescheid da, muss ich das Geld einfordern und nachweise schicken… alles halbe Jahr ein neuer Antrag.
Es geht beim BuT um 15€ monatlich Zuschuss zur „Teilhabe am kulturellen Leben und Sport“, das liegt weit unter dem, was bei den meisten Angeboten gebraucht wird (Musikschule 24€ monatlich, Sportverein 30€ monatlich). Hinzukommt, dass man das Geld sowieso vorstrecken muss und es ggf. zurückbekommt, wenn der Antrag akzeptiert wird. Man weiß aber zum Zeitpunkt des Vertragsabschhlusses und der Zahlung an den Verein oder die Musikschule nicht sicher, ob der Antrag akzeptiert wird. Das heißt das Geld muss ich so oder so haben, damit ich das Risiko eingehen kann, die Beiträge im Zweifel selbst zu tragen. Alle Unterlagen, Nachweise etc. immer ausgedruckt und per Post, digitalisiert ist das nichts. Man muss den Nachweisen von den „kulturellen Anbietern“ hinterherlaufen, die müssen nämlich die Teilnahme bestätigen, ein Zahlungsnachweis von mir reicht nicht. Der Zeitaufwand kommt auch noch hinzu.
Der Kinderzuschlag ist mehr Geld, aber noch umfangreicher zu beantragen. Bei uns sind es in der Regel ein bis zwei Schleifen, in denen Unterlagen nachgefordert werden. Der aktuelle Antrag dauerte 4 Monate vom Antrag bis Bescheid, die Berechnung ist grob falsch, Widerspruch einlegen, da gehen dann nochmal 2 Monate vorbei, bis die Neuberechnung durchgeführt ist. Da muss ich dann aber schon wieder im Blick haben, dass alle 6 Monate neu beantragt werden muss. Rückwirkend wird nichts genehmigt.
Hinzu kommen dann noch in den Städten individuelle Leistungen, wenn z. B. der Kitaplatz von der Stadt übernommen wird. Da muss man erstens von wissen und muss das zweitens auch - wieder woanders - extra beantragen, mit Nachweis etc.
Ich finde eine Beratungskomponente, wie von Frau Paus vorgeschlagen sehr sinnvoll, mehr Sachbearbeiter:innen sind auch dringend nötig. Besonders Menschen mit wenig deutschen Sprachkenntnissen oder wenig Erfahrung mit, Vertrauen in und Wissen zu Bürokratie haben häufiger Anspruch und werden von der Komplexität abgeschreckt und verpassen Fristen. Die genannten 2/3 überraschen mich nicht.