ihr stellt wiederholt die Behauptung auf, die Einreise von Asylsuchenden sei nicht illegal. Mir persönlich war diese Interpretation sympathisch und die Begründung schlüssig. Leider ergaben meine Nachforschungen ein anderes Bild. Beispielsweise schreibt auch die Bundeszentrale für politische Bildung, dass illegale Grenzübertritte von Asylsuchenden zwar selten bestraft würden, der Akt allerdings nichtsdestotrotz nach §14 Aufenthaltsgesetz illegal sei.
Auch Wikipedia erklärt, dass ein Asylsuchender die Grenze zwar illegal übertrete, durch den Akt des Asylantrags allerdings einen vorerst legalen Aufenthaltsstatus erhält.
Für mich als juristischen Laien klingt das alles nun bedauerlicherweise doch so, dass eure Interpretation der Sache fehlerhaft ist und auch Asylsuchende durchaus illegal nach Deutschland einreisen. Könntet ihr die Sache für mich und viele andere Hörer*innen aufklären?
Das haben wir in verschiedenen Folgen bereits erklärt: ja, grundsätzlich gibt es einen Straftatbestand, der das Einreisen ohne Bleiberecht (beispielsweise die deutsche Staatsangehörigkeit) verbietet. Aber das Stellen eines Asylantrages ist genau ein solcher Rechtsgrund.
Abgesehen davon ist es meistens keine gute Idee, bei rechtlichen Fragen die Wikipedia zu konsultieren
ja, wobei das im Bereich der Kleinkriminalität eher der Normalfall ist - ganz viele Strafverfahren gegen Menschen, die nicht vorbestraft sind, werden wegen Geringfügigkeit eingestellt, teils gegen eine Auflage (Paragraf 153a StPO).
Bei der illegalen Einreise liegt der Fall aber anders: Die ist schon gar nicht strafbar, weil der Grenzübertritt zum Zwecke der Stellung eines Asylantrags gerechtfertigt ist. Die Information der Bundeszentrale für politische Bildung scheint mir daher entweder falsch oder falsch zitiert zu sein.
In einem anderen Thread wurde bereits darauf verwiesen, dass die bpb von irregulärer, aber nicht illegaler Einreise spricht.
Damit benutzt sie einen Begriff, der dem uninformierten Leser einen gewissen Spielraum ermöglicht.
Die bpb schreibt aber selbst:
Aufgrund mangelnder regulärer Einreisewege passieren Asylsuchende in der Regel unerlaubt die Grenzen Deutschlands.
Die jetzige Situation ist also politisch gewollt.
Warum? Weil ein reguläres Asylverfahren (möglicherweise sogar im Heimatland) dank Dubliner Übereinkommen dazu führen würde, dass Asylsuchende, da in Deutschland erstregistriert, legal einreisen könnten und auch angenommen werden müssten.
Wenn ich die Zahlen richtig im Kopf habe, stellt aber nur ein kleiner Teil der Flüchtlinge einen Antrag auf Asyl nach deutschem Asylrecht; die große Mehrheit sucht bei uns Schutz nach Genfer Flüchtlingskonvention. Ich nehme an, hierbei gilt analog das gleiche, d.h. der angestrebte Antrag auf Schutzstatus nach Genfer Konvention gilt auch als legitimer Einreisegrund?
Die „Unmittelbarkeit“ ist dabei laut Empfehlung der UNHCR nicht wörtlich zu nehmen, sondern sinngemäß dahingehend zu verstehen, dass die Flucht nicht durch einen längeren, schutzbegründenden Aufenthalt in einem sicheren Drittstaat unterbrochen worden sein darf.
Die Rechtsprechung hat sich dieser Empfehlung mWn bisher angeschlossen.
Ist das nicht total dämlich sowas zu sagen, wenn sich das in der Praxis eh nicht umsetzen lässt und auch bei eigenen Parteimitgliedern und Wählern nur so semigut ankommt? Die Ruanda-Lösung der Briten schwebt Scholz ja wahrscheinlich nicht vor.
Leider lässt sich die SPD aktuell von Union und AfD dahin treiben, dieses unsägliche Thema zu bedienen. Dabei gilt für die SPD in Bezug zur CDU das gleiche wie für die CDU in Bezug auf die AfD - wenn man die Position der Konkurrenz übernimmt, weil die Konkurrenz damit Erfolg zu haben scheint, werden die Leute dennoch mehrheitlich „das Original“ wählen, während man seinen eigentlichen Anhängern, die (noch) treu sind, vor den Kopf stößt.
Daher ja, es ist dumm, wenn Scholz jetzt auf „Abschiebe-Kanzler“ macht, zum einen wahltaktisch, zum anderen realpolitisch, denn in der Tat sind „mehr Abschiebungen“ nur sehr schwer zu realisieren, weil der Anteil derjenigen, gegen deren Abschiebung keine rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse bestehen, extrem niedrig ist.
Aber so ist das leider in der Politik - wenn die AfD sowie die ganzen Rechtspopulisten in Europa und auch in den USA (z.B. Trump) ihren Erfolg auf dem Thema Migration aufbauen, meinen die anderen Parteien, sie müssten auf den Zug aufspringen, Details wie die Realisierbarkeit werden dabei gerne ignoriert… und da die Medien das Thema auch sehr prominent bedienen und die im Hinblick auf die Lage in Nahost schon wieder neue Fluchtbewegungen befürchtet werden… tja.
Der Migrationsforscher Gerald Knaus hat verbal auch deutlich aufgerüstet, wenn es um die Eindämmung der „Irregulären Migration“ geht. Er sieht übrigens auch einen Zusammenhang zwischen dem Aufstieg der AFD und FPÖ und dem Versagen der Politik, irreguläre Migration Einzudämmen. Siehe Migrationsexperte Knaus: Konkrete Beschlüsse bis Jahresende notwendig - WELT
Schlimm genug.
Aber in dem aufgezeichneten Interview sagt er das nicht genau so wie zitiert. Ergänzt die Welt ihr Video-Interview immer mit einem schriftlich aufgezeichneten Teil?
Herr Knaus betont allerdings auch, dass das ganze Abschiebe-Gerede wirkungslos ist. „Es wird die Kommunen nicht entlasten.“
Er sagt, dass es wichtiger wäre, mit den Länder, in die abgeschoben wird, attraktive Abkommen abzuschließen, damit eine Außenwirkung entsteht. Und er betont mehrfach die geringe Zahl der Abschiebungen.