LdN 327 - 1 bis 2 Jahre für Doktorarbeit?

Was mich jetzt der Vollständigkeit halber noch interessieren würde: gibt es hier im Forum irgendjemanden (Nichtmediziner), der seine Doktorarbeit in 1-2 Jahren abgeschlossen hat?

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Das ist ein wirklich wichtiger Faktor für alle die eine Professur anstreben. Man braucht top Publikationen für die eine Berufung, aber eine entsprechend kurze Zeit reicht nicht wenn allein die Veröffentlichungensprozesse locker bei >1 Jahr liegen. Es steht ja auch in der Regel bei den Artikeln dabei wie lange es gedauert hat und ich sehe insbesondere bei Top Journals (BWL) häufig Zeiträume von 1 bis zu 2 Jahren von der Ersteinreichung bis zur Veröffentlichung.

An der Uni Bremen gibt es inzwischen Tenure Track Stellen für (Senior) Researcher/Lecturer. Diese werden nach 4 Jahren bei guter Bewertung entfristet. Als Senior Researcher hat man dann aber ungefähr die gleiche Lehrverpflichtung wie ein Professor aber ohne die Benefits: man hat kein Personalbudget und (vermutlich) in Verwaltungsangelegenheiten auch nicht allzu viel zu sagen. Klar, man kann sich auch auf Professuren bewerben, aber ob man da ein relevanter Kandidat für andere Unis ist? Im Ansatz finde ich die Idee gut, aber so scheint mir das noch nicht so durchdacht zu sein.

Dazu kommt bei unbefristeten Stellen natürlich auch das Problem, dass die Budgets und Kapazitäten der Unis begrenzt sind und wenn sich da nicht massiv etwas ändert dürften mehr entfristete Stellen automatisch zu weniger (bezahlten) Doktorandenstellen führen. Ich bin relativ ratlos wie man diesen Trade-Off vernünftig auflösen könnte.

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Ich bin akademischer Rat in der Informatik am KIT. Ich forsche und mache deutlich weniger Lehre als die meisten Profs. Ich habe 7 Jahre promoviert (normal ist 4±1) immer mit Vollzeitstelle. Also passe überhaupt nicht zu den Aussagen in der Sendung. :slight_smile:

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Eine abgeschlossene Doktorarbeit in 1-2 Jahren scheint hier unisono niemand für realistisch zu sehen. An unserem Institut wird mittlerweile zumindest angestrebt die wissenschaftlichen Mitarbeiter bei 100% Stellen in rund 6 Jahren zum Abschluss zu führen.
Umso interessanter wäre es zu verstehen, worauf dies Einschätzungen in der Folge basieren. Zugegebenermaßen hätte ich zunächst sogar eine Verwechslung für möglich gehalten, wenn bspw. mit Einarbeitungszeit in komplexere Software etc. bereits Masterarbeiter gen 1 Jahr tendieren können. Die angesprochene Habilitationsdauer scheint entsprechend der doch recht eindeutigen Erfahrungen hier, wenn überhaupt, für eine halbwegs qualitativ wertige Dissertation zu reichen.
Insgesamt wäre ggfs. auch für weitere Folgen zu dem Thema eine etwas differenziertere Analyse bezogen auf die verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen, auch unter Berücksichtigung einer gewissen unterstellten Sonderrolle der Medizin, sicherlich wünschenswert.

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Von mir auch nochmal die Bestätigung, dass zumindest im Naturwissenschaftlichen Bereich 3 Jahre, oder sogar mehr, üblich sind.

Zusätzlich wollte ich auch noch darauf aufmerksam machen, dass im Normalfall 2-3 Journalpaper für die Dissertation nötig sind (wieder ausgehend von Naturwissenschaftlichen PhDs). Bei 1:02:40 wird gesagt, dass 3-4 Journalpaper als habilitationsgleiche Leistung gesehen werden könnte, was nach meiner Erfahrung viel (!) zu wenig ist. Es geht hier natürlich nur um Publikationen als erst Autor.

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Ich stimme den meisten Vorrednern zu. Hier in den Niederlanden werden relativ fachunabhaengig 4 Jahre fuer eine Promotion eingeplant.

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Ich glaube nicht, dass es von Ulf so gemeint war, aber vielleicht macht es trotzdem Sinn, dass Thema in der Lage nochmal aufzunehmen. Ich fände es schade, wenn der Eindruck entsteht, dass es kein Problem ist, in 1-2 Jahren zu promovieren, wenn man das richtige Fach, das richtige Thema und die richtige Arbeitseinstellung hat. Ich glaube es ist in diesem Thread durch Quellen, aber auch durch Erfahrungsberichte nachvollziehbar untermauert worden, dass dem nicht so ist.

Spannend fände ich es auch mal zu beleuchten, WARUM in Deutschland Doktoranden so lange an ihrer Diss sitzen. Zum einen hängt das sicher damit zusammen, dass man erst mal in das Thema, die wissenschaftliche Arbeitsweise etc. eintauchen muss. Zum anderen damit, dass man sich bei der Findung der Lösung empor irrt. Was passiert, wenn aufstrebende Persönlichkeiten ihre Diss unbedingt zur Aufpolierung ihres Lebenslaufes in Rekordzeit oder Nebenbei abschließen wollen, zeigen ja diverse prominente Beispiele z.B. bei Politikern.

Dass Promotionszeiten dann aber deutlich länger als 3 Jahre dauern, hat m.E. diverseste Gründe. Nach meiner Erfahrung im Ingenieursbereich, in dem eine Doktorarbeit (schon auch dankenswerterweise) meist durch eine bezahlte Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter begleitet wird, hängt es häufig mit eben diesem Angestelltenverhältnis zusammen. Die betreuenden Professoren gebärden sich hier häufig wie Halbgötter, da sie sowohl Chef, als auch Betreuer in einer Person sind. Die Doktoranden sind in einer ziemlich kritischen Art und Weise von ihrem Prof abhängig. Arbeitszeiten zwischen Diss und wissenschaftlicher Mitarbeit verschwimmen völlig und explodieren meistens quantitativ ziemlich unkontrolliert. Und falls man tatsächlich so ein Überflieger ist, dass man trotzdem seine Diss in 3 Jahren durchboxt, dann findet der Prof schon noch genug Arbeit oder hat leider gerade nicht genug Zeit zum Lesen der Diss, sodass der Doktorand eben doch nicht vor Ende des fünften Jahres vom Lehrstuhl weg kommt.

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