LdN 301, "Von unten nach oben?"

Liebe Community, liebes Lage-Team,

die letzte Folge (LdN 301), hat es mir angetan. Das war genau mein Thema.
Danke für den großartigen ersten Teil, ich freue mich sehr auf den zweiten!

Warum ist das genau mein Thema?
Dazu möchte ich euch mein gelungenes Digitalisierungsprojekt an unserer Schule vorstellen.
Ich bin Lehrer an einer 1000-Schüler starken Schule. Jedes Jahr werden Bücher ausgeliehen und hoffentlich wieder (unbeschädigt) zurückgegeben. Dies läuft an allen Schulen unterschiedlich, an manchen weniger gut und an manchen besser.

Bei uns war es kurz gesagt etwa so: Jeder Schüler hat genau eine orangene große Karteikarte und es wurde jedes einzelne Schulbuch auf die entsprechende Karteikarte vom Klassenlehrer eingetragen. Bei der Rücknahme dasselbe. Die Bücher wurden von den Karteikarten „ausgetragen“.
Dieses System ist sehr fehleranfällig gewesen. Bücher und Fächer standen nicht immer auf den Karteikarten, da die Karteikarten nicht aktualisiert wurden. Jeder Lehrer hat ein eigenes System und Zeichen die Bücher ein- oder auszutragen, oder noch fehlende Bücher zu markieren. Wir Lehrer wurden jedes Jahr am Ende des Schuljahres vom Pädagoge zum Basarhändler, denn wie viel Geld sollte man für ein beschädigtes Buch verlangen. Und ab wann? Jeder kochte also nicht nur seine Suppe, sondern es wurde aus Schülersicht sogar zum Schuljahresende ungerecht. Diese Vorgänge haben relativ viel Zeit für die Lehrer geschluckt und somit genervt.

Mich hatte dieses ineffiziente „Wirr-Warr“ so sehr „aufgeregt“, dass ich Anbieter angerufen habe, um Angebote einzuholen, eine Software an unserer Schule zu implementieren um die Schulbuchausleihe zu digitalisieren. Dann habe ich bei der Schulleitung angefragt, ob ich das Projekt „Digitalisierung der Schulbuchausleihe“ in die Hand nehmen darf. Es gab ein okay.

Alles in allem habe ich nun ein gutes halbes Schuljahr an Vorbereitungen investiert.
Alle „Überstunden“ habe ich notiert. Es sind bis jetzt knapp 130 Zeitstunden.
Ganz stolz bin ich, dass ab nächstem Schuljahr zum ersten Mal nach meinem System verliehen wird.
Dies funktioniert mit Barcodes in den Büchern und Barcodescannern an 3-4 Stationen. Jede Schulklasse wird, (so schätze ich) in ca. 7 Minuten mit dem Verleihprozess fertig sein.
Mal schauen wie es demnächst klappt, noch haben wir in BA-WÜ Ferien.

Was ist jetzt der entscheidende Punkt meiner Ausführungen?
Ich persönlich denke mir, dass wir uns alle zu sehr darauf verlassen, dass irgendjemand, egal ob landesweit oder bundesweit, von oben irgendetwas reguliert. Da warten wir in vielen Bereichen noch lange… Nein, ich denke, wir müssen und sollten Veränderungen selbst herbeiführen. Wir, die täglich damit arbeiten, wissen auch genau, wo wir Schnittstellen brauchen. So konnte ich zum Bsp. auch darauf achten, dass die Schülerdaten, die ich für das Schulbuchausleihsystem brauche, einfach vom Programm der Sekretärinnen übernommen werden können. (Stichwort Kompatibilität) Und wir brauchen Vorgesetzte, die uns dabei unterstützen, oder wie bei meinem Fall, zumindest machen lassen. Das ist eine wichtige Voraussetzung. Natürlich muss das Engagement dieser Personen honoriert werden. Monetär oder zeitlich, versteht sich. Eine zweite wichtige Voraussetzung.

Ich freue mich über Meinungen zu meiner These. :wink:
Jetzt ist das ganze doch etwas länger geworden,
als ich mir erhofft habe. Verzeihung an alle Leser und Leserinnen.

5 „Gefällt mir“

Danke für den Beitrag und das positive Beispiel! Bin gespannt, was die anderen Menschen hier denken.

Diesen Punkt finde ich extrem wichtig, denn viele haben in dem system resigniert, weil sie eben nicht „machen“ konnten. Ich glaube Du hast hier viel Glück mit Deinen Vorgesetzten gehabt. Viel Erfolg beim ersten Durchlauf, und lasst euch von kleinen Rückschlägen nicht entmutigen, es wird immer etwas zu verbessern geben,

2 „Gefällt mir“

Ich finde es ganz wichtig und habe großen Respekt davor, dass jemand die Initiative ergreift, so wie Du es getan hast!

Aber eigentlich ist es doch nicht das, was grundsätzlich anzustreben wäre. Denn wenn der Ansatz „von unten“ die Regel wird, werden die gleichen Lösungen vielmals gefunden und wahrscheinlich jedesmal ein bisschen anders.

Eigentlich müsste jetzt, nachdem Du die Lösung einmal entwickelt hast, jemand hergehen und sie für alle Schulen im Land verfügbar machen. Und das kann man kaum von einem einzelnen Lehrer erwarten.

7 „Gefällt mir“

Bei der Suche mit Software Bücher verwalten bekommt man schon einige Treffer.

Wenn man den Ansatz verfolgt, könnte man ja ein Bundesweites Schulprojekt daraus machen und alles als Inner- oder Open Source angehen.
Es gibt ja an Schulen das Fach Informatik und in diesem Rahmen könnten Schüler und Lehrer aktiv zum Projekt beitragen.
Schüler lernen, was es heißt Software in Zusammenarbeit mit anderen zu entwickeln und zu managen.

@Axel_Schweiss das wäre vielleicht ein Versuch wert, oder? Die Hürden werden natürlich höher sein. Man kann sich aber bestimmt auch an Unternehmen wenden, um Unterstützung zu bekommen.
Unternehmen haben hier auch offene Ohren, da es ja um ihren Nachwuchs geht😉