LdN 301 & 302: Digitalisierung an der Universität

Hallo zusammen,

die beiden zur Digitalisierung fand ich richtig gut. Einiges konnte ich in meinem Berufsalltag als Mitarbeiterin an einer großen Universität in Deutschland wiederkennen. Als IT-Admin in einer kleinen Arbeitsgruppe habe ich schon manchmal Kopfweh bekommen. Ich gliedere das einmal in Unterpunkte.

1. Bestellungen
Für Bestellungen haben wir eine Bestellsoftware im Browser, bei der wir eine neue Bestellung anlegen können, damit diese im System der Universität mit der richtigen Kostenstelle usw… hinterlegt ist. Eine Bestellung läuft zum Beispiel so ab:
Ich suche ein Produkt bei einem Anbieter im Internet aus. Dann geh ich in das Uni-Bestellportal, und lege einen neuen Vorgang an. Dort muss ich die Adresse des Anbieters händisch eingeben. Ebenfalls die Positionen die ich bestellen möchte. Weiter gebe ich Kostenstelle und ein paar Dinge die für die Uni wichtig sind an. Am ende drücke ich auf einen Knopf, der nichts anderes macht, als eine E-Mail an den Anbieter der Ware zu senden, in der sich dann eine PDF befindet, und in dieser PDF sind die Positionen die ich händisch eingegeben habe aufgeführt. Diese unübliche Art zu bestellen führt oft dazu, dass Bestellungen ignoriert werden. Selbstverständlich können wir wegen diesem System auch nur per Rechnung bestellen, was auch oft Probleme bereitet.
Bestellungen bei denen ich 3 Angebote einholen muss oder sogar eine Ausschreibung gestartet werden muss, sonst selbstverständlich noch komplizierter. Diese möchte ich aber hier nicht beleuchten.

2. Rechnungen
Normalerweise geht die Rechnung per Brief an den Zentralen Rechnungseingang (denn ein E-Mail-Postfach haben die nicht). Manchmal liegt die Rechnung auch im Paket, dann muss ich diese per Hauspost an den Zentralen Rechnungseingang schicken. Häufig kommt die Rechnung per E-Mail an mich. Dann wird es absurd. Zuerst muss ich die Rechnung ausdrucken und die Vorgangsnummer händisch auf der Rechnung notieren. Diese ausgedruckte Rechnung schicke ich dann per Hauspost an den Zentralen Rechnungseingang. Dieser macht ein Stempel drauf und scannt diese ein. Die eingescannte Rechnung wird dann mir im Bestellsystem der Uni angezeigt, und ich muss dann 3 Mal prüfen, ob mit der Rechnung so alles korrekt ist. Zu jeder Prüfung werde ich per Mail aufgefordert.
Rechnungen normalerweise per Post direkt an den zentralen Rechnungseingang geschickt werden, ist es natürlich schon vorgekommen, dass ich vergessen habe, die Rechnung die ich per Mail bekommen habe auf den oben beschriebenen Weg zu schicken. Das hat auch schon zu Mahngebühren geführt.

3. Urlaubsanträge
Bis vor einem Jahr mussten wir einen Urlaubsantrag auf Papier mit 2 Durchschlägen ausfüllen. Das Papier besteht aus einer Tabelle, in der die Zeilen die Monate sind, und die Spalten die Tage 1 bis 31. Mittels Kreuzchen mussten dort die jeweiligen Tage angegeben werden. Das Papier musste von mir ausgefüllt werden, wurde dann von der Chefin unterschrieben, von der Sekretärin eingescannt, und per Hauspost an die Zentralverwaltung geschickt. Diese hat dann zwei Durchlege zurück an die Arbeitsgruppe geschickt, einen für mich und einen für die Sekretärin.
Nun gibt es diesen Prozess auch digital abgebildet. Möglich wird das mittels einem digitalen Zertifikat zur Unterschrift im PDF. Allerdings ist das Papierdokument 1:1 übernommen wurde. Das bedeutet, in dem PDF muss ich jetzt auf die Kästchen in der Tabelle klicken, und jeweils ein großes „X“ an der Tastatur tippen. Danach wird das PDF auf die gleiche Reise wie das Papier geschickt, nur dass jeweils digital signiert wird.

4. Dienstreisen
Für das beantragen und Abrechnen für Dienstreisen gibt eine weitere Weboberfläche im Intranet. Dort kann man in Feldern alles angeben was man braucht, ähnlich wie man z.B bei einem Formular im Internet kennt. Am Ende wird eine PDF generiert. Diese speichert man auf dem PC, fügt dort dann noch die Kontodaten hinzu (denn das geht in dem Formular im Intranet nicht), druckt es aus und unterschreibt es. Danach kommt der übliche Weg Chefin-Sekretärin-Zentralverwaltung.
Noch schöner sind die Abrechnungen. Es wird wieder mittels eines Formulars im Intranet ein PDF generiert, welches ausgedruckt werden muss. Nur müssen nun alle Belege in Papierform dazugegeben werden. Egal ob das Zugticket nur digital vorlag oder eine Rechnung für eine Position per Mail kam. Alles muss ausgedruckt werden. Inklusive Kontoauszug, um zu beweisen, dass man wirklich die ausgaben hatte.
Einmal hatte ich von einer Hotelrechnung die ein schwarz-weiß-Ausdruck war, und keine Unterschrift oder ähnliches hatte in Kopie angehängt. Aber daraufhin wurde das original verlangt (welches von der Kopie nur erkennbar war, da beim Scannen ein schwarzer Streifen an der Stelle wo die Rechnung geknickt war entstanden ist).

5. Update von Mail-Software
Wir verwenden an der Uni eine wirklich uralte Webmail-Software. Ich hatte mal mit dem Rechenzentrum kontakt, und gefragt, warum das so sei. Die Antwort war: Die Admins trauen sich nicht die Software zu updaten, weil sie Angst haben, dass dann das gesamte System zusammenbricht. Ein etwas jüngerer Teil möchte daher zu einer komplett anderen Software wechseln, aber die alten Hasen möchten das nicht, weshalb das alte und vermutlich unsichere System immer noch für alle Standard ist. Die benutzerfreundlichkeit des Systems ist grauenhaft, am Handy fast nicht zu verwenden, und auch die Funktionen sind sehr limitiert. Selbst die Funktionen die eigentlich funktionieren sollten, funktionieren oft nicht. Was bei einer uralten Software wie dieser kein wunder ist. Das einem so wichtigen und zentralem System, welches Einfallstor für allem Schlimmen was im Internet lauert (Phishing, etc…) so wenig Aufmerksamkeit gegeben wird, ist mir schleierhaft.

6. Keine guten Leute in der IT
Mit einem ITler vom Rechenzentrum hatte ich mal nen Kaffee getrunken. Irgendwie kamen wir darauf, warum es keine guten Leute im Rechenzentrum der Uni gibt. Dabei bildet das Rechenzentrum sogar ITler selbst aus. Der Grund ist einfach: Die Bezahlung an der Uni ist lächerlich gering. Mehr als eine E9 oder E10 ist nicht drin. Und in der freien Wirtschaft bekommt man viel mehr zu besseren Arbeitsbedingungen. Da braucht man sich nicht wundern, dass an einer Universität vieles im argen ist.

7. Fehlende Angestellte in den Arbeitsgruppen
In den Arbeitsgruppen der Universität gibt es immer weniger festangestellte, die über die Jahre das IT-Wissen der Arbeitsgruppe erhalten können. Meist werden Doktoranden oder Post-Docs damit beauftragt, dass sie das mal so nebenher noch machen sollen. Das führt an allen Ecken und Enden zu Problemen. Besonders was den Wissenserhalt angeht. Denn die Verträge von Doktoranden und PostDocs sind idR nur 3 Jahre lang.

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