LDN 276: Reform des Rechts der Windenergie; Vereinsklagen gegen Ausbau

Kleiner Hinweis: die „Präklusion“ ist übrigens durch den EuGH gekippt.

Und stellt euch das mal in anderen Rechtsbereichen vor, im Strafrecht z.B.: „Euer Ehren, wir haben ‘nen anderen Zeugen gefunden“ „Nee, sorry, ist nach dem Zeitpunkt, der vor dem Verfahren festgelegt wurde, passiert, können wir nicht zulassen, dann würde der Prozess ja länger dauern, wenn wir das jetzt auch noch berücksichten müssten“. Dann wird deutlich wie seltsam der Gedanke ist.

Okay, das macht eine Wiedereinführung in Deutschland vermutlich schwierig, da man damit ja dann scheinbar EU-Vorgaben verletzen würde.

Da ist natürlich schon etwas dran, falls man den Vergleich so ziehen kann.

Ich hätte aber dennoch die Hoffnung, dass Naturschutzverbände, denen es wirklich um Artenschutz und Ähnliches geht, auch von Anfang an versiert und gebündelt ihre Bedenken vortragen können und zwar mit dem Ziel Windkraft nicht grundsätzlich zu verhindern sondern Arten- und Naturschutz-gerechte Lösungen zu finden.

Dagegen, so mein Eindruck, scheinen „Windkraft-Verhinderungs-Vereine“ eben eher bewusst das vorhandene Recht auszunutzen um das in der Lage skizzierte Behörden-Ping-Pong gezielt als Mittel der Verzögerung und Verteuerung von Windkraftanlagen zu nutzen.

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Das Narrativ „die Verbandsklage macht alles so langsam und schwierig“ ist halt seit Jahren empirisch widerlegt. Hier mal ein paar Betrachtungen dazu: Rechtsschutz und Verbandsklage | Umweltbundesamt

@vieuxrenard Ich hatte den gleichen Gedanken wie @Matder. Wie kann ich mir denn die Bedingungen für Klagen von Bürger_innen vorstellen? Sie könnten ja auch im Verfahren weitere Argumente einbringen, die zu prüfen wären. Aber diese Argumente müssten dann alle auch mit der Betroffenheit der Bürger_in zu tun haben nehme ich an? Also ein_e Bürger_in kann nicht die Klage damit anfangen, dass die Geräuschbelastung für die Familie zu groß wäre und nach Widerlegung dann sagen, dass es da ja einen Schwarzstorch gab, dessen Schicksal d* Bürger*in ja nicht betrifft. Ist das richtig?

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Wäre es nicht viel effektiver. Wenn die Gemeinden 2% ihrer Fläche für den Bau der Windkraft vorbereiten? Dadurch würde Rechtssicherheit entstehen und die Windkraftbetreiber müssen nur noch bauen.

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Es geht ja eben nicht um später bekanntwerdende Beweismittel, sondern um solche, die bloß später vorgebracht werden. Das ist dem Verwaltungsrechtsweg auch nichts völlig fremd (§ 87b VwGO).

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Auch unter dieser Überschrift zunächst einmal vielen Dank für die spannenden Folgen zum Windenergieausbau!

Mit meinen KollegInnen bei der Stiftung Umweltenergierecht beschäftige ich mich intensiv mit vielen der von Euch angesprochenen Möglichkeiten, den Windenergieausbau durch Veränderungen im Rechtsrahmen voranzubringen. Gerade tut sich da sehr viel:

Viele Grüße
Nils

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Moin,

erstmal möchte auch ich mich ​für die ausführliche Darstellung des Themas bedanken. Wird wirklich Zeit, dass das alles schneller geht.

Da ich beruflich damit befasst bin, muss ich mich zu der Sache mit der Gewerbesteuer (ab Minute 58) aber nochmal äußern:
Es ist nicht so, dass Gewerbesteuer nur am Ort der Geschäftsleitung anfällt. Der Sinn der Gewerbesteuer ist eben gerade, dass alle Gemeinden, in denen ein Unternehmen Betriebsstätten betreibt, davon profitieren. Die Gewerbesteuer wird daher aufgeteilt (sog. Gewerbesteuerzerlegung). Auch Windparks gelten als Betriebsstätten der jeweiligen Firmen. Extra für Wind- und Solarparks gibt es sogar spezielle gesetzliche Regelungen für diese Zerlegung (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG), die sogar erst kürzlich (ab 2021) dahingehend angepasst wurden, dass die Standortgemeinden 90 % der Steuern, statt, wie bisher, 70 % erhalten. Die Gemeinde der Geschäftsleitung bekommt nur noch 10 %. Das soll sicherlich auch dazu dienen, dass Gemeinden ein größeren Interesse an der Ansiedelung der Windparks haben. Durchaus ein sinnvoller Schritt! Es ist also schon so, dass auch bei deutschlandweit agierenden Firmen die einzelnen Gemeinden der Windparks davon profitieren.
Das Problem, dass bei steuerlichen Verlusten keine Gewerbesteuer anfällt, bleibt aber natürlich.

Viele Grüße

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Es diskutiert halt am eigentlichen Problem vorbei: das überhaupt NGOs an der Stelle notwendig sind. Mein Anspruch an Planung und Genehmigung ist, das sie so gut gemacht werden, das Eingaben unnötig werden. Dann erledigt sich das „Problem“ von selbst. Und das muss das Ziel sein, nicht das Wegdefinieren von naturwissenschaftlichen Fakten, damit Verfahren schnell laufen.

Das hat Ulf aber klar gestellt: Sollten neue Sachverhalte auftauchen, sind die natürlich entsprechend zu berücksichtigen. Und genau das trifft dann nicht zu, wenn zuerst „Lärm“ und dann „Schlagschatten“ geltend gemacht werden. Beides sind Standardardgumente, wer da was vergisst in der Klageschrift, ist selber schuld und kann also nicht nachreichen. Kommt mir übrigens seltsam vor, dass der (ehem.?) Richter am VGH von der gekippten Präklusion nichts wüsste …

Abgesehen davon, wieder sehr gute Folge! Gerne mehr, zu Themen, die ausführllicherer Behandlung bedürfen.

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Die Ausweisung von Flächen für die Windkraft bietet noch keine Sicherheit, dass auch eine spätere Planung genehmigt wird, das muss wie berichtet im Einzelfall geprüft und entschieden werden. Das ist im Vorfeld auch nicht zu leisten und Gegebenheiten vor Ort bleiben nicht immer über Jahre konstant (Beispiel Wanderung von Arten). Die Ausweisung von Flächen hat allerdings den Vorteil, dass hier ein Vorrang und die Möglichkeit für die Windenergie besteht. Das ist für Projektierer auch schon attraktiv, denn Sie müssen nicht bei Null anfangen, sondern können gezielt bestimmte Flächen für sich prüfen und versuchen diese zu sichern.

Hallo zusammen,
das Problem bei der Gewerbesteuer für Windräder ist, soweit ich weiß, dass diese von den Unternehmen abgeschrieben werden kann. In der Praxis kann man da von ca. 10 bis 16 Jahren ausgehen. Das bedeutet, die Kommunen bekommen das Geld erst nach diesen Jahren ausgezahlt. Weiterhin ist zu beachten, dass wenn die Windanlagen zum Beispiel nach ca. 10 Jahren verkauft werden, der neue Betreiber erneut abschreiben kann und die Kommune somit weiterhin erst Mal kein Geld bekommt.
Viele Grüße

Hallo @Seenom,

ich stimme deiner Auffassung zu und habe mich tatsächlich im Forum angemeldet, um ebenfalls diesen Aspekt zu ergänzen. Danke, dass du das bereits so beschrieben hast.

@Ana
Ich glaube, dass hier ein Missverständnis vorliegt. Wenn das Unternehmen insgesamt einen Gewinn erzielt hat (was m.E. in der Regel der Fall ist), wird dieser Gewinn auf verschiedene Gemeinden aufgeteilt. Dabei gilt für Betreiber von z.B. Windkraftanlagen seit 2021 folgendem Maßstab.

  1. 10% vom Gewinn wird verteilt nach der sog. Lohnsumme. Es wird geguckt, an welcher Betriebsstätte in Summe wieviel Löhne gezahlt werden und danach werden 10% vom Gewinn auf die Gemeinden verteilt (da bekommt nach meiner Vermutung eine Kommune mit „nur“ Windrädern vermutlich nichts ab, da dort keine Personen angestellt sind).
  2. 90% vom Gewinn werden laut Gesetz verteilt nach dem „Verhältnis, in dem die Summe der installierten Leistung im Sinne von § 3 Nummer 31 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes in allen Betriebsstätten (§ 28) zur installierten Leistung in den einzelnen Betriebsstätten steht“
    Das heißt also, dass es unerheblich ist, ob eine einzelne Anlage bereits abgeschrieben wurde oder nicht. Solange ein Gesamtgewinn des Unternehmens verbleibt, werden 90% des Gewinns auf Basis der installierten Leistung auf die Kommunen aufgeteilt.

Viele Grüße und danke für alle Beiträge.

Brillante Zusammenfassung der ganzen Abhängigkeiten, Unwägbarkeiten und Unkontrollierbarkeiten dieses Prozesses in Bezug auf die Energiewende.
Habe jetzt mal zumindest in meiner Podcast APP (mit Kapitelmarken :slight_smile: ) mein Abo gesetzt. Möglicherweise More-to-come

Das stimmt so nicht. Gekippt hat der EuGH die alte materielle Präklusion nach UmwRG. Da ging es darum, dass Einwände materiell unbeachtlich werden, wenn sie nicht schon im Verwaltungsverfahren vorgetragen werden. Was in der Lage vorgeschlagen wurde, ist eine formelle Präklusion. D.h. es geht nur um die Zulassung von Einwänden im späteren verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Das ist etwas anderes und vom EuGH auch nicht gekippt.

Allerdings gibt es das ja schon seit 2017 in § 6 UmwRG. Das scheint zwar von den Gerichten bisher eher locker gehandhabt zu werden (und schließt wohl insbesondere auch den Amtsermittlungsgrundsatz nicht aus). Aber wo in der Präklusionsfrage genau die Lücke besteht, ist mir aus der Folge noch nicht ganz klar geworden; vielleicht war der Stand da doch etwas veraltet? Oder übersehe ich da etwas?

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In der Lage LdN276 zum Thema WIndkraft macht ihr unter anderem einen Punkt was die Genehmingung neuer Windräder bremst, nämlich das Klagerecht von Vereinen/(Lobby-)Verbänden, die selbst gar nicht direkt betroffen sind und trotzdem klagen können. Ihr schlagt vor das einzuschränken.

Ich finde das ehrlich gesagt sehr schwierig. Man teilt sich da Welt in gut und böse ein. Es gibt ja bspw. die Verbraucherschutzorganisationen (https://www.verbraucherzentrale.de/) die schon einige wichtige Erfolge für Verbraucher eingeklagt haben, die sind ja auch nicht direkt davon betroffen. Oder nehmen wir die Deutsche Umwelthilfe: Die einfach nur auf Einhaltung der vorgeschriebenen (!) EU Abgasgrenzwerte geklagt hat. Ich erinnere an die Diskussion darum. Die CDU wollte auch hier das Klagerecht einschränken.

Gibt es jetzt „gute“ Verbände und „schlechte“ Verbände? Wer stellt das fest? Es ist für Privatpersonen viel viel schwieriger und risikobehafteter so eine Klage alleine einzureichen. Daher ist der Weg über Verbände meist einfacherer.

Ich verstehe dass das bei den Windrädern bremst und nicht immer zielführend ist. Aber ein „Lex-Windradklagen-Gesetz“ kann ich mir (als juristischer Laie) beim besten willen nicht vorstellen. Es würden also im Endeffekt alle Verbände darunter leiden.

Es geht ja bei dem Vorschlag nicht darum das Verbandsklagerecht zu begrenzen.

Sie können auch nach Umsetzung des Vorschlages immernoch gegen alles und jeden Klagen.

Was sie nicht mehr dürfen sollen ist ihre Klage in Scheibchen vorzutragen und ich glaube eher nicht, dass die Verbraucherschutzverbände oder der Umweltschutzbund mit Verzögerungstaktik arbeiten wenn sie vor Gericht ziehen…
Von daher würde sich für diese Verbände null komma gar nichts ändern.

So zumindest hab ich das verstanden.

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Moin

bei dem 2. Teil des Windkraft-Spezials wurde die Lösung der Verzögerungen durch Verbandsklagen in einer „gerichtlichen Präklusion“ gesehen.

Dieses Instrument gibt es schon. Paragraf 6 des Umweltrechtsbehelfsgesetzes (UmwRG - auf dem das Verbandsklagerecht basiert und das dieses ausgestaltet), besagt dass eine Verbandsklage innerhalb von 10 Wochen zu begründen ist und in der Begründung ALLE Tatsachen und Beweismittel anzugeben sind. Verspäteter Vortrag ist in der Regel präkludiert.

Das in dem Spezial erwähnte angeblich mögliche Ping-Pong-Spiel wird ebenfalls im UmwRG adressiert. Und zwar besteht nach Paragraf 5 die Möglichkeit, solch ein rechtsmissbräuchliches Verhalten zurückzuweisen und den rechtsmissbräuchlichen Vortrag unbeachtet zu lassen.

Auch greift der Automatismus (Verbandsklage = Verzögerung) nicht wirklich. Denn in der Regel wird die sofortige Vollziehung der Genehmigung angeordnet, so dass ein Windrad trotz Klage errichtet werden darf (so auch das Windrad, das Philip und Ulf im Spezial besucht haben).

Schließlich halte ich es für zu kurz gegriffen, die Lösung des artenschutzrechtlichen Konfliktes im Populationsansatz zu finden. Denn daran schließen sich so viele Folgefragen an, zB anhand welcher Kriterien wird eine Population definiert?

M.E. sollte nicht wieder am Naturschutz gedreht werden. Viel wichtiger erscheint mir eine Lösung des Flächen-Konflikts mit der Flugsicherung und der Bundeswehr. Beide stehen auch im Zuständigkeitsbereich des Bundes, so dass hier ein „Durchregieren“ zugunsten des Klimaschutzes sehr viel einfacher sein dürfte.

Gruß

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