LdN 259: Wahlrecht ab 16 - "Mein Kumpel wählt die AfD also mach ich das auch"

In der neuesten LdN waren Philip und Ulf für ein Wahlrecht ab 16 Jahren und einige Parteien wollen dies auch umsetzten. Persönlich bin ich noch dagegen und denke die Argumentation in der Lage war nicht ideal.

Bitte verbessert mich falls ich etwas falsch verstanden habe aber beim Hören der Lage hab ich es so verstanden dass Philip auch lange Zeit gegen ein geringeres Wahlalter war aber ihn zwei Sachen umgestimmt haben. Genannt hat er dann jedoch nur einen Punkt, nämlich die aktuelle Demographie in Deutschland. Immer mehr alte Menschen anstatt Junge und deshalb entscheiden Alte über die Zukunft der Jungen, was nicht „fair“ ist.

Klar, das stimmt und ich bin da ganz auf seiner Seite aber ist das Problem hier ist mM. doch der Demographiewandel in Deutschland welcher sich auch auf viele weitere Bereich auswirkt, wie Rente, etc. Das Wahlalter zu senken behebt nicht das Problem und man könnte Fragen wieso man dann nicht direkt auf 14 Jahre senkt? Oder gleich 12? „Zu Jung“ höre ich schon in den Kommentaren aber ich bin eben der Meinung, dass 16 bereits auch schon zu jung ist.

Denn ganz ehrlich, wer hatte selber als Erstwähler einen guten Überblick über die verschiedenen Parteien, ihrer politischen Agendas sowie Historie? In diesem Forum vermutlich sogar Mehr als der Durchschnitt aber immernoch nicht Viele. Um einen Überblick über all das zu haben brauch es einfach Zeit und Investment welches vermutlich nicht einmal die meisten Erwachsenen aufbringen. Haben Teenager wirklich Zeit, Lust und auch Verstand für Politik? Wenn ich mich an meinen SoWi (Sozialwissenschaften) Kurs aus der Oberschule zurück erinnere defintiv nein. Mit zwei Jahren weniger Zeit, um sich zu informieren und in die Welt der Politik einzutauchen, könnte dies vielleicht zu unüberlegten Kreuzen auf dem Stimmzettel führen.

Dazu passt, dass Erstwähler dieses Jahr die FDP (neben den Grünen) am häufigsten gewählt haben. Persönlich kann ich mir das nicht erklären und habe nur etwas gehört wie „Die haben en paar coole Sachen in ihrem Wahlprogramm“. Vielleicht kann mir einer in den Kommentaren helfen, da ich mir den Zusammenhang nicht anders erklären kann außer „junge Wähler wussten eben nicht genau was man wählt und die FDP sah ganz nice aus“.

Ein wenig Sorge habe ich auch, deshalb der etwas übertriebene Titel, im Punkt sozialer Druck. Ich könnte mir Vorstellen dass man in der Schule nicht uncool vor seinem Freundeskreis sein möchte. Dann wählt man lieber etwas, dass gut bei seiner Cliqué ankommt anstatt sich wirklich mit Parteien zu befassen und diese zu Wählen welche man persönlich für richtig hält.

Ein Wahlalter von 16 halte ich insgesamt zu früh, bin aber grundsätzlich nicht von der Idee abgeneigt. Wichtig für mich wäre ein jüngeres Wahlalter zu koppeln an besserer Aufklärung bzw. Befassung mit Parteien und deren Inhalten im Schulunterricht. Auch heute wird natürlich schon über Wahlen etc. aufgeklärt aber eben nicht über Parteien und deren Programme. Wie genau soetwas aussehen mag sei erst einmal dahingestellt.

Tl;dr: Wahlalter ab 16 ist mM. nach zu früh und das Argument in der Lage war mir zu knapp.

Interessant wäre auch, bevor man so viele Argumente dafür oder dagegen bringt, um wie viele weitere Wähler es sich hier denn überhaupt handelt, absolut und relativ. Im Sinne von, lohnen sich zwei Jahre wirklich, oder sind die Anzahl der hinzukommenden Wähler verschwindend gering im Vergleich zu allen bereits Bestehenden?

Ich bin ein Verfechter der Absenkung des Wahlalters und wäre sogar für ein (aktives) Wahlalter ab 14 Jahren bereit, aber halte das leider für schwer vermittelbar.

Ich sehe es so, dass Jugendliche im Schnitt nicht besser oder schlechter politisch informiert und aktiv sind als Erwachsene. Teilweise wohl auch besser durch SoWi Unterricht welcher eine Auseinandersetzung mit politischen Themen erfordert. Es wäre sogar eine gute Möglichkeit die stärkere Auseinandersetzung in der Schule zu fördern und so ein Handwerkszeug für die politische Auseinandersetzung zu bekommen, z.B. durch Analyse von Reden, Parteiprogrammen etc.

Wir sehen doch durch Bewegungen wie Fridays for Future, dass politischer Aktivismus nicht erst mit dem Erwachsensein beginnt und betroffen von der Politik sind die Jugendlichen ohnehin und das noch länger als viele andere Wähler. (siehe Demografie)

Es ist zudem beim Wahlalter ab 16 Jahren kein komplettes Neuland:
In 4 Bundesländern (Brandenburg, Schleswig-Holstein, Bremen und Hamburg) gibt es bereits für die Landtagswahlen ein (aktives) Wahlrecht ab 16 Jahren und Kommunalwahlen ab 16 werden in Baden-Württemberg, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt durchgeführt. Ebenso in Hamburg, Berlin und Bremen.

Warum also sollten Jugendliche ab 16 Jahren fähig genug sein um über Kommune und Landtag zu entscheiden aber auf Bundesebene nicht?

Weiterhin ist offenbar die geistige Reife nicht Vorrausetzung, sind doch auch seit 2019 Menschen die dauerhaft unter Betreuung „in allen Angelegenheiten“ stehen und Menschen die wegen Schuldunfähigkeit in einer Klinik untergebracht sind wahlberechtigt.

Das Bundesverfassungsgericht hat 2019 geurteilt: „Ein Ausschluss vom aktiven Wahlrecht kann zwar verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein, wenn bei einer bestimmten Personengruppe davon auszugehen ist, dass die Möglichkeit zur Teilnahme am Kommunikationsprozess zwischen Volk und Staatsorganen nicht in hinreichendem Maße besteht. [Die bisherige Gesetzliche Regelung war dafür aber nicht geeignet].“

Ich sehe bei Jugendlichen ab 14 oder ab 16 nicht, dass diese nicht am Kommunikationsprozess teilnehmen können. Im Gegenteil sind sie sehr fähig und haben dies durch Proteste und Demonstrationen zu verschiedenen Themen immer wieder gezeigt.

Ich würde für 14 Jahre pledieren, da hier bisher gesetzlich geregelt ist, dass die Sexuelle Selbstbestimmung und die Strafmündigkeit beginnt, volle Religionsmündigkeit eintritt sowie das Namensänderungsrecht, die Mitentscheidung bei Sorgerechtsangelenheiten und weiteres.
Es ist also ein Alter bei dem den Jugendlichen eine gewisse geistige Reife zugesprochen wird selbstständig Entscheidungen treffen zu können. Ab 14 Jahren dürfen Jugendliche sich einen eigenen Rechtsanwalt als Interessensvertreter aussuchen, warum also nicht auch an der Bestimmung eines politischen Interessensvertreters teilhaben?

Was soziale Dynamiken angeht halte ich dies für kein Problem welches wirklich relevant ist. Das mag vorkommen, dass aus sozialem Druck bzw. oberflächlichen gefallen für die ein oder andere Partei die Stimme abgegeben wird, das ist aber bei Erwachsenen nicht anders. Die wenigsten werden sich aktiv mit der Wahlentscheidung auseinandersetzen und der Prozess Politik zu lernen dauert wie du richtig gesagt hast. Jedoch kann er eben auch früh anfangen.

Die Jugendlichen werden nicht alleine die Bundespolitik bestimmen, aber vielleicht einen Unterschied machen und die Parteien werden sich darauf einstellen. Ebenso können und werden sich Medien, Eltern und Schule darauf einstellen.

Es geht übrigens bei Wahlalter ab 14 um maximal etwa 3 Millionen zusätzliche Stimmberechtigte und bei Wahlalter ab 16 etwa 1.5 Millionen, wahrscheinlich eher weniger, da die dies alle Einwohner zwischen 14 und 17 umfasst, aber nicht untergliedert nach Staatsangehörigkeit.

Bei der jetzigen Bundestagswahl gab es ca. 61 Millionen Stimmberechtigte von denen ca. 46,8 Millionen ihre Stimme abgegeben haben und ca. 44,4 Millionen davon die Parteien im Bundestag gewählt haben. (jeweils Zweitstimmen).

Ich halte es für absolut vertretbar auch Jugendlichen ab 14 Jahren das aktive Wahlrecht zu zu gestehen. Ab 16 dann auf Kommunalebene das passive Wahlrecht. Ab 18 dann überall das passive Wahlrecht.

9 „Gefällt mir“

Wie du schon selbst sagst, selbst Erwachsene haben nicht unbedingt Zeit, Lust und Verstand für Politik, was macht denn einen 35 Jährigen, der komplett uninteressiert ist mehr Wahlberechtigt als einen 17 Jährigen, der jeden Freitag bei FFF auf der Straße steht und sich auch sonst mit Politik auseinandersetzt?
Man könnte das Argument mit dem Desinteresse im SoWi Unterricht auch umdrehen. Ich kann mir gut vorstellen, dass das Interesse von 16 und 17 Jährigen sich steigern würde, wenn sie auch Wählen gehen dürften.
Unüberlegte Stimmen wird es immer geben, ich sehe das aber nicht wirklich als Problem von jungen Menschen. Ein 72 Jähriger, der die CDU wähl, weil „das mache ich ja schon seit 50 Jahren so“, vergibt seine Stimme nicht wirklich überlegter als ein 16 Jähriger, der die Urbane wählt, weil er „HipHop gut findet“.

Aber sozialer Druck geht ja nicht mit dem 18. Geburtstag verloren. Das soziale Umfeld ist nun mal ein Aspekt, der in die Wahlentscheidung einfließt, das wird aber auch in allen Altersgruppen so sein.

8 „Gefällt mir“

Ich bin auch sehr für eine Absenkung des Wahlalters und würde es sogar begrüßen dieses nicht nur auf 16, sondern sogar auf 14 Jahre zu reduzieren, weil es auch in diesem Altersbereich schon sehr viele gut informierte und engagierte Jugendliche gibt, die sich durchaus in der Lage sich eine eigene Meinung zu bilden und deren Stimme auch berücksichtigt werden sollte, siehe diese ganze FFF-Bewegung.

Zudem ist das Gegenargument an Scheinheiligkeit doch kaum noch zu überbieten. Es wird damit argumentiert, dass manche Jugendliche u18 von der Reife her nicht in der Lage seien sich eine fundierte politische Meinung anzueigen - und deshalb müsse man pauschal diese ganze Altersgruppe ausschließen.

Wenn man DAS Kriterium wirklich als Argument vorbringt müsste man konsequenterweise auch einen Deckel des Wahlalters nach oben einführen. Denn auch am anderen Ende des Altersspektrums gibt es sicherlich nicht wenige hochbetagte Menschen, bei denen man bei objektiver Betrachtung auch anzweifeln könnte, ob diese überhaupt noch in der Lage sind den gesellschaftlichen Diskurs zu verfolgen und eine fundierte Wahl treffen zu können.

Daher finde ich das Argument nicht wirklich überzeugend. Entweder konsequent, oder garnicht.

3 „Gefällt mir“

Danke für die guten Argumente.

FFF hatten mich auch über ein früheres Wahlalter nachdenken lassen. Interessant wäre dann, wie ein Ziel sich übertragen lässt in eine bestimmte Partei. Damit meine ich, die meisten Anhänger der FFF Bewegung haben das gleiche Ziel, nämlich wirksamen Klimaschutz, aber welche Partei die eigenen Vorstellungen jetzt am besten Umsetzt ist wieder eine andere Sache.

Je länger ich über das Thema nachdenke desto eher bin ich für ein früheres Wahlalter und sehe es doch als Chance für ein besseres Poltikverständnis in Deutschland. Die meisten Erwachsenen, wie du auch angesprochen hattest, haben einfach selber kaum eine Ahnung (10% AFD etc.) und eine intensives Auseinandersetzten in der Schule würde vielleicht viel bringen. Auch langfristig?

Eine einfach Absenkung des Wahlalters halte ich weiterhin für nicht sinnvoll. Wird diese aber mit einer intensiveren Auseinandersetzung in der Schule mit dem Thema Politik, Wahlen, Parteien, und Mehr verknüpfte, so könnte die Politik in Deutschland davon profitieren.

3 „Gefällt mir“

Ich kann mich ebenfalls anschließen. Ich fand’s überraschend, dass Philip und Ulf das offensichtliche Argument (FFF) nicht eingebracht haben.

Aus meiner Sicht ist das grundsätzlich ein Problem in Deutschland: Mein dementer Opa weiß zwar nicht mehr, wie sein Sohn heißt, darf aber noch wählen. Mein aufgeweckter 14-jähriger Cousin ist zwar aktiv bei FFF und kennt den Wahlomat, darf aber nicht wählen.

5 „Gefällt mir“