Hallo zusammen,
ich konnte der Quintessenz die Ihr zum Wahlkampf gezogen habt nicht folgen und fand insbesondere nicht ganz konsistent zu Eurer Betrachtung in einer anderen Sendung.
Zunächst kritisiert ihr ja, dass im Wahlkampf Themendiskussionen nicht, oder nur oberflächlich geführt wurden. Zunächst habt ihr Euch dabei auch kritisch mit der Frageauswahl in den Fernsehdebatten auseinander und kommt dann auch zu den Analysen von Medienwissenschaftler:innen die in einer hyperventilierenden Medienlandschaft das „im ungefähren bleiben“ als Erfolgsrezept identifizieren. Diese Analyse macht sich (wenn ich das richtig höre) zumindest Ulf explizit nicht zu eigen.
Stattdessen aber (ab ca Minute 18:30) kommt ihr zu Eurem Fazit, dass der Wahlkampf den Herausforderungen den sich Deutschland gegenübersteht nicht gerecht geworden ist, das die unangenehmen Wahrheiten den Leuten erzählt werden müssen.
Zitat Philip „Wir brauchen die Leute die die Kraft und den Mut haben einen Umbruch wirklich einzuleiten, zu erklären und auch durchzustehen“.
Ich finde das alles inhaltlich richtig.
ABER: Ich finde das eine unterkomplexen Blick auf den Wahlkampf. Denn - so traurig das ist - im Wahlkampf geht es ja nicht darum die richtigen Dinge zu sagen & zu thematisieren sondern darum ein möglichst gutes Wahlergebnis zu bekommen.
Und dafür ist natürlich die hyperventilierende Medienlandschaft (vorwärts gepeitscht vom Springerkonzern), und die strukturkonservative Einstellung der Mehrheit der Bevölkerung super relevant.
Man kann super viel über die Performance der Kandidat*innen diskutieren, und alle haben Dinge nicht so gut gemacht (und viel Dinge hätte ich persönlich mir anders gewünscht), aber die Kampagnenstrateg:innen (gerade von SPD und Grünen) werden genauso wie Ihr Journalist:innen letzten Herbst gewusst haben: Irgendwann werden die Bürger:innen merken, das Frau Merkel nicht mehr kandidiert.
Und ich finde es jetzt keine revolutionäre These zu sagen: Es gewinnt die Partei die Wahl, die es schafft, am meisten der Wähler:innen die wegen Frau Merkel CDU/CSU gewählt haben zu überzeugen. Und ich persönlich finde es völlig klar: Das schafft man nicht mit unangenehmen Wahrheiten.
Wahlgewinner (Stand Samstag vor der Wahl ;)) werden tendenziell SPD und FDP sein. Vor dem Hintergrund den Parteien und Spitzenkandidat:innen vorzuwerfen sie hätten sich nicht ausreichend klar bezüglich der großen Zukunftsfragen positioniert finde ich seltsam. Ich vermute, dass das (gerade bei den Grünen) eine sehr klare strategische Entscheidung war.
Zuletzt: Ich möchte nochmal auf unser Diskussion zu LdN 242 (Neubauer vs. Laschet - Talkshows und Sportkommentatorentum) verweisen, wo wir alle sehr kontrovers diskutiert hatten ob es gut ist in einem journalistischen Format allein die rhetorische Perfomance von Politiker:innen zu bewerten ohne dabei auch die inhaltliche Dimension ihrer Aussagen mindestens ebenso stark in die Wertung einzubeziehen.
[Und es gibt noch eine andere lagefolge, wo über die Performance" im Wahlkampf gesprochen wurde, und das Wort „Performance“ nicht die inhaltliche Perfomance meinte, da find ich aber gerade den Link nicht.