LdN 245 - viele Junge wählen AfD

Die Analyse, dass in Sachsen-Anhalt besonders viele oder vor allem junge Menschen die AfD gewählt hätten, ist mir schon vor der aktuellen Lage verschiedentlich begegnet. Z.B. hier

und hier
https://www.zeit.de/campus/2021-06/afd-sachsen-anhalt-junge-ostdeutsche-landtagswahl

Da auch Ihr diese Aussagen übernommen habt, möchte ich hier mal loswerden: Ich halte das für haltlos und es mir völlig unklar, wir jemand zu dieser Interpretation kommen kann. Vielleicht gibt es genauere Zahlen, die ich nicht kenne. Die Zahlen (und Grafik) bei der Zeit zeigen folgendes:
Wähler im Alter von 18 - 29: 18% AfD / 18% CDU
Wähler im Alter von 30 - 44: 27% AfD / 29% CDU
Wähler im Alter von 45 - 59: 24% AfD / 37% CDU
Wähler im Alter ab 60: 15% AfD / 47% CDU

Als „die jungen Wählenden“ würde ich die unter 30 verstehen. Keine Frage ist 18% erschreckend viel, aber doch einiges weniger als die 27 und 24% in den folgenden Altersklassen. Oder zählt man mit 30 bis 59 noch immer zu den jungen Wählern?
Dass unter den jüngsten relativ wenige Wähler die CDU wählen ist wahrlich nicht überraschend. Konservativ und jung hat noch nie gut zusammengepasst. Bei der Analyse nach Altersgruppe auf das Wahlergebnis allein von CDU und AfD zu schauen und das mit den anderen Altersgruppen zu vergleichen ist total irreführend, hier muss man schon auch die anderen Parteien berücksichtigen:

  • Die Jungen wählen mit abstand am häufigsten (im vergleich zu anderen Altersgruppen) die Grünen.
  • Die Jungen wählen mit abstand am häufigsten (im vergleich zu anderen Altersgruppen) die FDP.
  • Die Jungen wählen mit abstand am häufigsten (im vergleich zu anderen Altersgruppen) sonstige Kleinparteien.

Dazu kommt, dass die Altersgruppe 18 - 29 einfach wegen der Demographie die kleinste Wählergruppe (bei Einteilung wie von der Zeit vorgenommen) ist. Die große Wählerbasis der AfD oder die Erklärung für ihren Erfolg können die u30 Wähler daher nicht sein.

Insbesondere hinsichtlich der Wende-Hypothese (Ostdeutsche wählen AfD, weil nicht demokratisch sozialisiert / Verluste durch Gesellschaftsumbruch / Wende-Biographie) währe ja auch besonders interessant, warum grade die Ü60, auf die das ja am meisten zutreffen müsste, am wenigsten AfD wählen.

Die gängigen Erklärungen für rechtes Wahlverhalten im Osten scheinen bei der AfD also einfach nicht zu greifen. Schade, dass sie trotzdem immer wieder warm gemacht werden.