LdN 232 Psychische Leiden KJP Corona

Liebe Lage,

Happy Birthday!
Ich wollte mich anfangs mit meinem Thema erst in die große Diskussion (derzeit 37 Aw, 17.3.21 14:36 Uhr) einmischen, würde aber doch ein neues aufmachen. Sie decken sich nicht zu 100%. Mir geht es hauptsächlich um Kinder und Jugendliche und nicht in erster Linie um Therapieplätze.
Ich berichte hier aus der Position eines Angehörigen mit einer Betroffenen (Depression) im unmittelbaren Umfeld. Erstmal muss ich sagen, dass ich sehr froh bin wie ausführlich nach einem Jahr Corona in der Lage darüber berichtet wird. Jedes Mal, wenn ihr vor Lockerungen gewarnt habt (aus eurer Subjektivität natürlich verständlich), meldete sich bei mir im Kopf eine Stimme und schrie „aber die Kinder und Jugendlichen und die psychisch eh schon beeinträchtigten“. Es ist ein grausames Dilemma, in dem wir leben.
Viele Erwachsene suchen derzeit einen ambulanten. Derweil melden zahlreiche kinder- und jugendpsychiatrische (KJP) Ambulanzen und stationäre Kliniken Überbelegung. Die häufigsten Grobdiagnosen sind Ess- sowie Angststörunge und Suizidalität, also affektive Störungsbilder. In einigen Fällen (Quelle: zeit.de), wie in der Wiener Uniklinik, kam es zu Triagesituationen (!). Diejenigen, die sich dann in der Krisenintervention, welche auch mal einige Monate dauern kann, befinden und herausgelöst werden, stehen nun vor einer Herausforderung: wie schaffe ich Schule?! Hier möchte ich ähnlich Betroffenen Mut zusprechen: für Jugendliche kann die heutige Situation sehr unterstützend sein, wenn die Schule ein Wechselmodell nutzt. In meinem Fall heißt das: eine Woche Schule, eine Woche Homeschooling. Das sind ideale Voraussetzungen, um nach einem längeren klinischen Aufenthalt wieder sanft den Weg zurück zu finden.

Ich würde hier gerne noch über psychische Belastungen von SuS in der Lehrer:innenausbildung, Entstigmatisierung und die himmelschreiende Situation bei den Therapien schreiben, aber das würde zu lange dauern. Wer von sich oder anderen (jungen) Menschen denkt, dass sie derzeit psychisch zu kämpfen haben, dem empfehle ich natürlich die Telefonseelsorge (0800 - 111 0 111) oder auch, was vor allem bei Jugendlichen helfen dürfte, die Seite www.krisenchat.de, noch eine relativ junge Anlaufstelle, die professionelle Kurzhilfe über WhatsApp anbietet, natürlich 24/7. Und ich möchte nochmal darin erinnern: im Notfall schadet die 112 nicht. Betroffene werden es euch später danken. Suizidale Krisen sollte man jedoch nie unterschätzen.

Bleibt gesund!
Adrian

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Hallo Adrian und auch alle anderen Lage-Leser,

ich selbst bin, wie so viele, durch die Pandemiesituation stark belastet. Ich habe „nur“ Homeoffice mit Kinderbetreuung und sehe mich im Vergleich zu vielen noch relativ gut gestellt. Nichts desto trotz merke ich, dass das mir nicht gut tut. Arbeiten und Kind betreuen geht, aber auf Dauer geht es an die Substanz. Ich gehe davon aus, dass viele durch die aktuelle Situation - durch die 3. Welle wird es nicht besser werden - stark gestresst sind.
Ursache für den Stress bei mir war natürlich die Pandemie, aber das Problem war nicht der Stress, sondern, dass die üblichen Methoden Stress abzubauen nicht funktionieren. Keine Parties, keine Treffen mit Freunden, keine Feste, keine Disco, kein Kino, usw. Wir können momentan einfach nicht Luft holen, sondern sind immer im Hamsterrad und müssen laufen und laufen.

Ich habe die Folgen davon bemerkt und für mich eine Methode gefunden, damit umzugehen. Das sollte grundsätzlich bei allen Menschen funktionieren, daher wolle ich das hier einmal mitteilen. Und zwar gehe ich zufalligerweise seit Jahreswechsel einfach jede Woche 2-3x raus. Und zwar richtig, so dass ich auch ins Schwitzen komme. Wetter - Regen oder Schnee egal (Sturm nicht). Ich hab Wanderstöcke, Spikes, passende Klamotten und auch eine Stirnlampe, damit ich auch im Dunkeln los kann.
Das ändert an der Situation nichts, die ist nach wie vor doof. Aber man kann damit zumindest seinen Körper entstressen und damit die psychische Belastung reduzieren. Ich weiß, dass das nicht bei jedem funktioniert, gerade in der Großstadt ist das nicht so einfach. Aber wenn ihr Stress habt, versucht einfach mal regelmäßig etwas länger raus in die Natur zu gehen. Das kostet Überwindung und damit Energie (die in so einer Situation gerade sehr rar ist), aber es hilft den Kopf ein bisschen frei zu kriegen - auch wenn Sauwetter ist!

Grüße und bleibt gesund
Florian

Hey Florian,

danke für deine und sorry für meine späte Antwort!

Das mit dem Rausgehen kann ich tatsächlich zurückgeben. Früher war es eher joggen, heute ist es tatsächlich spazieren. Das enstpannt total, gerne einen Podcast (wie Lage der Nation!) dazu und ab geht’s. Das bringt mir auch viel.

Ich wünsch dir viel Glück und Kraft in den nächsten Wochen.
Adrian