LdN 224 Schnelltest am Arbeitsplatz

Ihr fordert, das Schnelltests am Arbeitsplatz komplett auf Kosten der Arbeitgeber*innen gemacht werden müssen incl der Bezahlung der Wartezeit auf das Testergebnis als bezahlte Arbeitszeit.
Die komplett einseitige Belastung der Arbeitgeberseite ist für mich nicht nachvollziehbar. Kosten für Testkit arbeitgeberseitig ja, aber warum ist es für eine/n Arbeitnehmer/in nicht zumutbar als Beitrag zu größerer Sicherheit diese 15 min Zeit zu „investieren“. Diese Lastenverteilung wäre aus meiner Sicht durchaus zumutbar.

Die Begründung haben wir ja genannt: Es geht darum, einen Anreiz für Arbeitgeber zu schaffen, wirklich zu überlegen, ob jemand nicht genau so gut von daheim arbeiten kann.

Die Details lassen sich sicherlich noch ausregeln. Vielleicht kann man den Test ja auch beim morgendlichen Zähneputzen oder am Frühstückstisch machen. (Ich weiß nicht, wie viel von den 15 Minuten einfach nur Wartezeit ist.)
Hätte auch den Vorteil, dass man bei einem positiven Ergebnis direkt zu Hause bleibt und nicht noch die halbe Bahn infiziert.

Was ich mich gefragt habe: Sind Schnelltests so einfach und in Massen verfügbar, dass das eine realistische Forderung ist?

Ich arbeite in einem molekularbiologischen Institut und wie viele andere wissenschaftliche Institute, haben wir unseren eigenen Schnelltest aufgesetzt: Dazu muss man lediglich morgens vor dem Frühstück/ Zähne putzen gurgeln, die „gegurgelten“ Zellen in ein Testgefäß abnhemen und das Testgefäß dann mit zur Arbeit nehmen. Nachmittags erhält man dann das Testergebnis. Wir sind zwar ein relativ kleines Institut (ca 200 MitarbeiterInnen und davon sind einige im Home Office), der Test wird aber zweimal die Woche angeboten (und ist anonym). Ein einzelner Test kostet für uns unter 10 €, entspricht allerdings nicht dem offiziellen Corona-Test (obwohl er auch PCR-basiert ist).

Natürlich hat es auch eine ganze Weile gedauert, den Test aufzusetzen und wir hatten den Vorteil, dass wir über das Know-how, die Räumlichkeiten und Geräte verfügen. Aber man könnte sich ja auch hier vielleicht einfach besser austauschen und versuchen, mehr (nicht offizielle) Tests für größere Gruppen zu organisieren. Ich glaube nämlich auch, dass Schnelltests einen unglaublich wichtigen Beitrag zur Früherkennung von COVID-19 Infektionen leisten können, bis die Impfungen im weiten Teil der Bevölkerung durchgeführt wurden und sich die Antikörper gebildet haben.

Zum Thema Schnelltests in Zahnarztpraxen:

Ich bin selbst Zahnärztin in Baden-Württemberg (zudem schwanger).
Natürlich wäre es ideal, jede Mitarbeiterin täglich mit einem Schnelltest zu testen.

Momentan sieht die Datenlage jedoch so aus:
Zahnarztpraxen können gegenüber eigenen Beschäftigten bis zu 10 PoC-Antigen-Tests pro Monat und Beschäftigten in eigener Verantwortung beschaffen und nutzen (KZVBW).

Pro Schnelltest sind mit Beschaffungskosten von 7-10 Euro zu rechnen. Bei einer Praxis mit 20 Mitarbeitern bedeutet das bei angenommenen 20 Arbeitstagen im Monat zusätzliche Kosten von 1400 Euro pro Monat.
Natürlich sollte das nicht das Hindernis sein, und es ist wirklich kein Hexenwerk, die Tests durchzuführen, aber angesichts der Schwierigkeiten die entstehen, wenn man sich eine solche Menge an Tests beschaffen will, stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer täglichen Testung.

ABER: Seit Beginn der Pandemie hatte lediglich eine unserer Mitarbeiterinnen (an der Rezeption(!), also Patientenkontakt nur durch Plexiglas und mit Abstand) und keiner meiner Kollegen eine Covid-Infektion. Weil wir jeden Tag, den ganzen Tag, konsequent unsere FFP2-Masken tragen. Bei der Behandlung, im Flur, im Büro, vor dem PC! Gegessen und Getrunken wird allein und danach wird gelüftet.
Daher halte ich im übrigen die FFP2-Masken-Pflicht für eine durchaus sinnvolle Alternative! Die halblebigen Stofflappen sind im Vergleich dazu der totale Witz. Die FFP2-Masken lassen sich nämlich auch gar nicht so leicht unter der Nase tragen :stuck_out_tongue:

Aber ja, es ist belastend, 25cm entfernt vom offenen Mund, in den Aerosolen und „im Speichel“ des Patienten zu sitzen, nicht wissend, wo der sich in letzter Zeit rumgetrieben hat, ob er sich an Abstandsregeln und soziale Distanzierung hält, oder ob er sich nicht vielleicht sogar ganz ohne Maske auf einer der unleidigen Demonstrationen rumgetrieben hat (aber da hilft mir dann der Schnelltest auch nicht weiter…). Wir fiebern den Impfungen entgegen und hoffen in der Zwischenzeit auf vernünftige Patienten, die sich an Quarantäne- und Abstandsregeln halten.

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Übrigens haben sich die Kosten für Desinfektionsmittel (Fläche und Hände), seit Februar letzten Jahres verdreifacht, die für Handschuhe verdoppelt, und pro FFP2-Maske muss man je nach Qualität zwischen 70 Cent und 3,50 Euro rechnen (im Vergleich, einfache medizinische Masken haben im 50er-Pack „früher“ zwischen 5 und 8 EUR gekostet).

Hallo - ich bin Medizinstudent im letzten Jahr und arbeite für ein Firma, die Schnelltests in Unternehmen durchführt. Insbesondere Paketzusteller gehören zu unseren häufigsten Kunden. Meistens ist die Testung dort wirklich gut organisiert mit Cluster-Identifikation und systematischer (Schnell-)Testung auf Kosten des Arbeitgebers. Sicherlich gibt es noch viel zu tun und so engagiert sind bei weitem nicht alle Unternehmen - aber ich dachte ein Positivbeispiel tut der Debatte auch mal ganz gut. LG

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Wenn ein Schnelltest positiv ist, so wird das typischerweise nach 2-3 Minuten ersichtlich (d.h. es wird der Testbalken sichtbar, meist noch bevor der Kontrollbalken erscheint). Das weiß ich aus mehrfacher praktischer Erfahrung (Test d. Fa. Roche). Wenn der Testbalken nach 3 Minuten noch nicht erschienen ist, wartet man noch bis die gesamten 15 Minuten abgelaufen sind. Ich habe es aber noch nie erlebt, dass sich in dieser Zeit noch etwas getan hätte. Fazit: Nach 3 Minuten weiß man Bescheid.

Ist denn der Test zertifiziert?

Meiner Erinnerung nach war das auch im
Kontext z. B. mit Paketzustellern genannt und da ist Homeoffice eher theoretisch.
Homeoffice ohne wenn und aber ja, wo es geht, da bin ich gern dabei. Aber ansonsten bleibe ich dabei, dass man die Lasten eines täglichen Tests auch wie erwähnt verteilen kann. Es ist schließlich nicht der Arbeitgeber für die Pandemie verantwortlich, sondern es geht um ein solidarisches Miteinander, um die Folgen zu bewältigen und die notwendigen Maßnahmen zu realisieren.

Zur Diskussion ob Selbst-Schnelltest ausreichend gut sind hier das Ergebnis einer kleinen Charité Studie:

Natürlich nicht, aber er ist dafür verantwortlich zu bestimmen, ob die Menschen zur Arbeit kommen müssen oder von zu Hause arbeiten können. Daher macht es absolut Sinn, ihn mit den Kosten zu belasten, einfach um den richtigen Anreiz zu schaffen.

Nein, der Test ist nicht zertifiziert (das meine ich mit nicht-offiziell). Das heißt allerdings nicht, dass der Test nicht funktioniert, sondern dass wir nicht der offiziellen Leitlinie folgen. Viele Institute machen das so, da der offizielle Test natürlich auch bestimmte Reagenzien benötigt, die viel teurer und zur Zeit oft vergriffen sind.

Man muss bei dieser Diskussion hier ganz klar sagen wenn ein Arbeitgeber ein Problem hat in dieser Situation 15 Minuten an Arbeitszeit zu übernehmen, dann hat er in seinem Unternehmen ganz andere Probleme!
Was die Kosten der Tests betrifft verhält es sich anders. Hier müßte es vom Staat anreize geben diese Kosten steuerlich geltend machen zu können!

Das können Arbeitgeber in jedem Fall tun, da es offensichtlich (sinnvolle) eine Betriebsausgabe ist.

Die Mikrobiolog*innen bringen uns noch alle um mit ihren zusammengebrauten Chemikalien.