LdN 224 Kampagnen und Informationsstand in der Allgemeinbevölkerung

Ich fand den kurzen Einwurf zum Thema Bildungsstand in der Allgemeinbevölkerung zum Thema Corona sehr interessant und kann der Einschätzung der zitierten befreundeten Ärztin(?), die meinte, die Leute hätten schon Probleme, ihre Pillenboxen zu öffnen, nur zustimmen.
Mein privates Umfeld hat einen eher hohen Bildungsstand, arbeitet aber nicht in der Wissensindustrie/Journalismus o.Ä. und ich arbeite aktuell mit vielen Leuten mit eher niedrigem Bildungsstand zusammen. Ich bin immer wieder ziemlich geschockt, was in beiden Gruppen noch so als Überzeugung vorherrscht. Unter diesen Leuten sind auch ein paar Impfgegner, die überzeugt sind, die mRNA-Impfung würde ihre DNA verändern, aber auch ganz normale Leute. Mir fällt immer wieder auf, wie viele Menschen immer noch glauben, es sei das Wichtigste, dass sie keine Türklinken oder Haltestangen in der Bahn anfassen; dass es okay ist, sich zu siebt in einem ungelüfteten Raum zu treffen, dann aber denken, es sei wichtig, niemanden von diesen Leuten zum Abschied zu umarmen - nach zwei Stunden Gespräch, Schulter an Schulter oder gegenüber am selben Tisch. Die wenigsten Menschen, die ÖPNV benutzen, verstehen, dass ihre Maske eng anliegen muss, damit sie ihre volle Wirksamkeit entfaltet. Viele meiner aktuellen Kollegen sind durch Alter und/oder Vorerkrankungen in Risikogruppen, kämen aber nie auch nur auf die Idee, bei der Arbeit oder zum Einkaufen etc. tatsächlich eine FFP2-Maske zu tragen.
Daher glaube ich, dass so etwas wie eine Kampagne zum Thema, wie benutze ich einen Schnelltest, mit Vorsicht zu genießen ist. Wie ist das in eurem Umfeld? Ich glaube, wenn man sich beruflich oder auch privat viel mit Covid als Krankheit und den Maßnahmen beschäftigt, verliert man schnell aus dem Blick, welches Wissen bis in die Allgemeinheit vorgedrungen ist und welches nicht.

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Danke für den Beitrag und die interessanten Beobachtungen.
Ich halte gut gemachte Kampagnen durchaus für ein Mittel, Menschen unterschiedlichen Bildungsstandes zu informieren. Allerdings lösen sie in meinen Augen das Grundproblem nicht: jede Form von „Allgemeinwissen“ wird heute durch viele Formen von „Spezialwissen“ angereichert oder sogar überlagert. Dieses Spezialwissen ist frei empfangbar, gut aufbereitet in Form von eindrücklichen Youtubefilmen oder prägnant verschlagworteten Postings und vermittelt ein allgemeines Gefühl von „besser Bescheid wissen“, das leider nicht durch inhaltliches Substanz getragen ist.
Hier helfen Kampagnen auch nicht weiter. Dem ist nur durch langfristig angelegte, sorgfältige Medienbildung und -erziehung beizukommen.

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An der Stelle musste ich auch schlucken.
Das erklärt dann auch, wie elementare Erkenntnisse nach 10 Monaten Pandemie nicht durchsickern können.

Ich kann (leider) die in LdN 224 geäußerte Meinung, durch Aufklärungskampagnen könne mehr Verständnis in der Bevölkerung geweckt werden nicht teilen. Auch den Vergleich, dass Leute es schaffen, Office 365 zu installieren und damit auch geschult werden können, einen Selbsttest valide durchzuführen, halte ich für problematisch. Es können eben lange nicht Alle Office 365 installieren.
Es ist z.B. endlos und immer wieder über die Notwendigkeit der Kontaktvermeidung aufgeklärt worden, es kann niemand seriös behaupten, davon noch nie gehört zu haben. Trotzdem sehe ich jeden Tag Beispiele, wo dies aus Nachlässigkeit oder mit voller Absicht nicht befolgt wird.
Die wichtigste Waffe im Kampf gegen Corona ist der gesunde Menschenverstand, leider geht ein Teil der Menschheit völlig unbewaffnet in diesen Kampf.

Ich dachte, ich gebe mal ein kurzes Update: Seit meinem Beitrag habe ich einem erwachsenen Menschen erklärt, wofür die „19“ in Covid-19 steht.
Im Dezember/Januar hieß es von den Kollegen noch, wie damals berichtet, eine mRNA-Impfung wolle man auf keinen Fall (weil die ja das Erbgut verändere). Jetzt auf einmal möchte man dann doch unbedingt Biontech oder Moderna, weil Astra ja ein schlechter Impfstoff sei und nicht schütze. Ach ja, wie schnell sich doch Meinungen ändern können …

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Ich werte diese (in der Regel) unqualifizierte Impfstoff-Kritik als Vorwand, sich nicht impfen lassen „zu müssen“.
Deshalb fordert man erst einen Impfstoff eines Typs, den es zu diesem Zeitpunkt noch nicht gab; und anschließend fordert man jetzt den guten Impfstoff, wohl wissend, dass er für einen selbst in weiter Ferne liegt. Wäre AstraZeneca der bessere oder Biontech der besser verfügbare Impfstoff, gäbe es bestimmt schnell andere Gründe, beide abzulehnen.

Ja, einerseits geht es auf jeden Fall darum, sich nicht oder noch nicht impfen lassen zu müssen und dafür Gründe zu erfinden (abgesehen davon, dass die noch gar nicht dran sind). Andererseits kommt ja dieser Wunsch, sich (noch) nicht impfen lassen zu müssen, davon, dass man schlecht informiert ist, also zum Beispiel nicht versteht, was mRNA ist oder was „Langzeitschäden“ bei Impfungen bedeuten und was sie ganz sicher nicht bedeuten. Und dieser schlechte Informationsstand wird dann aber auch gerne beibehalten, neue Information wird aktiv abgelehnt.