Krasses Beispiel für Lobbyismus: Medizinforschungsgesetz und Eli Lilly

Offenbar hat Eli Lilly ihre - in Zeiten von Arzneimittelknappheit politisch sehr begehrten - Investitionen in einen Produktionsstandort von einer gesetzlichen Regelung im Medizinforschungsgesetz (MFG) abhängig gemacht, wonach die mit den GKV verhandelten rabattierten Preise nicht mehr veröffentlich werden müssen.

Den Notizen des Abteilungsleiters zufolge hat die Firma unmissverständlich klargestellt: „Eli Lilly knüpft seine Investitionsentscheidung an die Zusage der Bundesregierung, vertrauliche Rabatte bei innovativen Arzneimitteln zu ermöglichen.“ Im November 2023 wird dem „Herrn Minister“ mit Vermerk „EILT SEHR!“ noch einmal ein Schriftstück vorgelegt: „Befürworter einer solchen Regelung ist insbesondere die Firma Lilly, die ihre Investitionsentscheidung in Alzey an einen in Aussicht gestellten vertraulichen Erstattungsbetrag geknüpft hatte.“. Elia Lilly dementiert das, obwohl diese Aktenstücke das zu belegen schienen.

Eli Lilly hat Ende 2023 eine Abnehmspritze auf den Markt gebracht. Ein Jahr nach Markteinführung wird eine Nutzenbewertung erfolgen. Wenn das neue Medikament keinen belegten Zusatznutzen gegenüber einem bereits verfügbaren Medikament (hier: Ozempic/Wefovy von Novo Nordisk) hat, zahlen die Krankenkassen nur noch einen rabattierten Preis, der oftmals weniger als halb so hoch ist wie der Listenpreis.

Bislang ist in Deutschland ist dieser rabattierte Preis öffentlich einsehbar. Experten rechnen damit, dass Eli Lilly bei diesem Präparat nun das erste Mal von dem neuen Recht auf einen Geheimpreis Gebrauch machen wird.

Damit erfahren Selbstzahler nicht den rabattierten Preis (wovon sie erst einmal nichts haben außer Wut) und auch andere europäische Länder nicht, die sich bisher in ihren Preisverhandlungen an den veröffentlichten deutschen Preisen orientierten konnten. Damit drohen vielen EU-Staaten steigende Pharmapreise.

Krankenkassen fürchten drastische Preissteigerungen: Selbst wenn nur für zehn Prozent aller neuen Medikamente der Preis geheim bliebe, „wären bereits im ersten Jahr Mehrkosten von bis zu 840 Millionen Euro denkbar“, hat der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) ausgerechnet. Warum es im Inland zu Preissteigerungen kommen kann, habe ich noch nicht verstanden. Aber der GKV-Verband ist ja nicht auf den Kopf gefallen.

Lauterbach hatte sich jahrelang für Preistransparenz eingesetzt und solche Forderung der Pharmaindustrie abgelehnt.

Sein plötzliches Umdenken [offenbar auf Druck aus dem Kanzleramt] hatte er im Juni im Gespräch mit SZ, NDR, WDR und Investigate Europe noch damit erklärt, dass er früher immer die Hoffnung hatte, „dass auch andere Länder so wie wir den Preis öffentlich machen“. Diese Hoffnung sei enttäuscht worden.

Nach dem Motto: „Wenn der Vorteil einseitig bei den anderen EU-Ländern bleibt, machen wir unsere Preise auch nicht mehr öffentlich“.

Das Rechercheteam der Süddeutschen Zeitung , NDR, WDR und der Journalistengenossenschaft „Investigate Europe“ hat die Akten rund um das MFG nach dem Informationsfreiheitsgesetz bereits im Dezember 2023 angefordert, aber erst im September vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) erhalten, nachdem Investigate Europe wegen Untätigkeit Klage eingelegt hatte.

Quelle: Pharmaindustrie: Auf Wunsch der Lobbyisten - SZ.de [hinter pay wall]

Noch zwei Hinweis:

Der Gesetzgeber kann, wenn er will, jederzeit diese neue gesetzliche Regelung wieder streichen. Zumal der die Grundsteinlegung zum neuen Pharmawerk im April bereits erfolgt ist …

Wir brauchen dringend gesetzliche Regelungen und eine effektive Verfolgung und Durchsetzung, die solchen Lobbyismus verhindern. Dabei müssen auch Politiker, die darauf eingehen, bestraft werden.

Erinnert mich an das hier im Forum ebenfalls erwähnte Gesetzt, in den eine klitzekleine Regelung hineingeschmuggelt wurde, damit die Banken die Cum-Ex-Beweise früher vernichten dürfen. Wer immer diese Regelung im politischen Prozess reingeschmuggelt hat muss identifiziert werden wie auch der, der dafür lobbyiert hat. Ich wüsste gerne, ob wir bereits eine gesetzliche Grundlage haben, solche Menschen zu betrafen. Wenn nein, müssen diese asp geschaffen werden.

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