Könntet Ihr dazu Eure Einschätzung geben, ob dies sinnvoll ist oder ob hier Nichtgeimpfte stigmatisiert werden. In wieweit wäre ein Nichtgeimpftsein ein Krankheitszustand?
Ich denke, falls wirklich die Impfhistorie erfasst werden würde, wäre es nach der Pandemie ein erklärungsbedürftiger Vorgang, den ich sehr kritisch sehen würde.
Der ICD beinhaltet nicht nur „Krankheitskürzel“, sondern auch andere Faktoren. Der Wikipedia-Artikel schreibt hier zutreffend: „Sie enthält Codes für Krankheiten, Anzeichen und Symptome, auffällige Befunde, Beschwerden, soziale Umstände und äußere Ursachen von Verletzungen oder Krankheiten.“
Der Code Z28 liegt im Bereich Z des ICD-10. Der Bereich Z (Kapitel XXI des ICD-10) umschreibt „Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen“. Eine unterlassene Impfung - z.B. bei Masern, Mumps, Röteln, aber auch bei akuten pandemischen Krankheiten - erfüllt diese Definition mMn ohne Weiteres.
Das oben geschriebene bedeutet: „Nichtgeimpftsein“ ist kein „Krankheitszustand“, sondern ein Risikofaktor für eine höhere Belastung des Gesundheitssystems. Ob das eine stigmatisierende Wirkung hat würde ich bezweifeln - letztlich handelt es sich ja nur um eine Vereinheitlichung, wie Ärzte und Krankenkassen Daten speichern und kommunizieren - und nicht etwa um ein verpflichtendes Impfregister.
Wie kommst du darauf, dass dadurch die Impfhistorie erfasst werden soll?
Der ICD enthält viele, viele Codes für viele, viele Dinge, die nicht systematisch erfasst werden… Also nur weil alle psychologischen Probleme Codes im ICD haben, heißt das nicht, dass Ärzte und Krankenkassen daraus für jeden eine Historie der psychischen Probleme erstellen. Diese Daten werden nur bei Bedarf erfasst - z.B. wenn der Impfzustand relevant sein könnte (z.B. bei Post-Vac-Symptomatik). So gesehen müssten gerade impfkritische Menschen das eher begrüßen.
Vielen Dank für Deine Antwort.
Ich bin auf das Krankheitskürzel in Verbindung mit der Dikussion einer Meldung Nicht-Corona:-Geimpfter Aufmerksam geworden.
Mir ist nicht ganz klar, was mit def Information passiert, wenn ein Arzt notiert/meldet, dass ein Patient eine bestimmte Impfung nicht durchgeführt hat.
Dort werden sämtliche Impfungen aufgeführt, die medizinisch unter bestimmten Umständen für Notwendig erachtet werden. Wenn du deinem Arzt z.B. sagst, dass du in ein Cholera-Risikogebiet fliegst, wird er dir wohl die Cholera-Impfung als Notwendig an’s Herz legen (und das mit Z23.0 dokumentieren). Wenn du diese Impfung dann nicht durchführen willst, wird er das wohl mit dem von dir genannten Z28 dokumentieren und - wenn möglich - einen Grund angeben (Glaubensgründe, Gruppendruck, Kontraindikation, vom Patienten unabhängige Gründe).
Wenn der Patient nun aus dem Urlaub zurückkehrt und über plötzlichen wässrigen Durchfall (ein typisches Cholera-Symptom) berichtet, wird der Arzt durch diese Dokumentation sofort die Diagnose „Cholera“ in’s Auge fassen. Wenn der Patient hingegen im Ausland an Cholera stirbt und der Verdacht aufkommt, der Arzt hätte ihn nicht hinreichend beraten (z.B. weil der Patient seiner Partnerin sagte, er habe sich gegen Cholera impfen lassen, das aber tatsächlich nicht getan, weil er Impfskeptiker ist) dient die Dokumentation auch der eigenen Entlastung.
Ähnliches gilt auch für Corona-Impfungen. Je nachdem ,ob die Person geimpft ist oder nicht, kann die Dokumentation des Impfstatus für eine weitere Diagnosestellung sehr hilfreich sein, sei es, um Corona selbst schnell zu erkennen oder um mögliche Impfschäden zu erkennen.
Natürlich stellt sich bei medizinischen Daten immer die Frage nach dem Datenschutz. Aber dass Ärzte Daten ihrer Patienten für eine gute Diagnosestellung brauchen, sollte auch klar sein. In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns hier.