Krankenhausfinanzierungsreform Reform des Gesundheitssystems

Als politisch interessierter Mensch", Arzt und Ökonom wünsche ich mir mehr Diskussion und mediale Aufbereitung zum Thema Gesundheitsreformen im allgemeinen und Krankenhausreform im speziellen.

Über die anstehenden durch die Demographie der Patienten und die der Arbeitnehmer zwingend auf uns zukommenden Veränderungen im System muss die Bevölkerung objektiv informiert werden und sie müssen adäquat breit diskutiert werden.

Die Bühne (in Rundfunk und Fernsehen) wird aktuell den verschiedenen Lobbyisten (Ärztekammern, KBV, DKG,…) und den erwiesen nicht gestaltungs- und investitionswilligen Ländern zu überlassen. Von den einzelnen Interessensgruppen werden unkommentiert Halbwahrheiten verbreitet und es wird Unsicherheit geschürt. Auf Seiten der öffentlich rechtlichen Medien fehlen leider Schwerpunktredaktionen (wie es sie z.B. zum Thema Klimawandel oder auch Rechtsprechung anscheinend gibt), die sich dem Thema kompetent annehmen. Dadurch bleibt die Diskussion punktuell was der Dramatik des Themas und dem Zeitraum, in dem es uns beschäftigen wird, nicht angemessen ist.

Fragen, die sich stellen:

Könnte der Bund verfassungsrechtlich eine reine Finanzierungsreform ohne Zustimmung der Länder durchsetzen?

Interessant dazu: WD-9-039-14-pdf-data.pdf (bundestag.de)

Wie ist die vom RWI im Auftrag der DKG durchgeführte Studie zu den Auswirkungen der Reform einzuschätzen?

(Die Autoren sehen ihre Aussage selber als vorläufig, da die volle Datengrundlage fehlt und gerade mögliche planerische Kompensationsmechanismen (Fachabteilungsabgaben und Standortfusionen) noch nicht berücksichtigt werden können)

Führt die Krankenhausplanung NRW tatsächlich zu einer Strukturbereinigung; kann sie das von der Methodik überhaupt und vor allem auch; dürfte sie es?

Die aktuelle Refinanzierung der laufenden Kosten ließ es (außer in der Psychiatrie und in der Refinanzierung der Pflege) in der Vergangenheit zu, dass von den Kliniken relevante Mittel für die Finanzierung von Investitionen einbehalten werden. Da die Länder ihren Verpflichtungen zur Investitionsfinanzierung nur zu 30% nachgekommen sind, blieb den Geschäftsführungen auch keine Wahl. Dadurch haben die Länder nun aber auch kein Druckmittel mehr, um Strukturen zu bereinigen. Als reiner verwaltungsrechtlicher Akt ist Strukturbereinigung angesichts der im GG garantierten Berufsfreiheit wahrscheinlich nicht möglich.

Welche Strukturqualitätsstandards werden durch die aktuellen Landeskrankenhauspläne eigentlich gewährleistet und welche Aufsicht wird sicher gestellt?

Es sollte unbedingt sicher gestellt werden, dass Krankenhäuser, die Vorhaltung finanziert bekommen, diese auch Vorhalten. Häuser, die Tumoroperationen machen aber keinen Pathologen zur Erstbegutachtung (Schnellschnitt) am Ort haben oder die Transfundieren müssen, aber keine Konserven vor Ort haben auch keine Kreuzproben durchführen können, darf es nicht geben.

Warum wird in der Reform die Psychiatrie und Kinder und Jugendpsychiatrie ausgespart?

Auf den ersten Blick würde man sagen weil sie anders (PEPP statt DRG und weitgehend non profit) vergütet wird. Auf den 2. Blick muss man aber entgegnen, dass es bei den Leistungsgruppen um Strukturqualität geht und solche strukturellen Anforderungen auch bei der Versorgung psychiatrischen Patienten gerechtfertigt wären. Auf den 3. Blick wird man realisieren, dass die Mehrheit der psychiatrischen Betten historische begründet ländlich als Fachkrankenhäuser gelegen sind. Sie an Regelversorgungskrankenhäuser (In oder II) anzugliedern wäre nach der Psychiatrie Enquete (1975; Entstigmatisierung) zwar sinnvoll aber auch sehr teuer. Sinnvoll (preiswerter Kompromiss) könnten verpflichtend psychiatrisch/somatische organisierte Notfallambulanzen mit psychiatrischen Erstversorgungsbetten an Krankenhäusern ab Stufe II sein.

Nehmen die Vorhaltebudgets tatsächlich den Druck, die Leistungen effizienter mit immer weniger Personal zu Erbringen aus dem System?
Nur unter der Voraussetzung, dass die Vorhaltepauschalen ähnlich dem Pflegebudget oder der PEPP-Finanzierung zweckgebunden (Ist-Kosten-Refinanzierung) werden. Ansonsten wird jedes Haus versuchen, die Vorhaltung so weit wie möglich zu minimieren, um Erträge zu erwirtschaften, die ja für Investitionen gebraucht werden.

Lit:

https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fileadmin/dateiablage/gutachten/jg201819/JG2018-19_gesamt.pdf ab S. 384ff; zur Demographie auch Grafik S. 402 re. unten
Leistungsorientierte Krankenhausplanung in der Schweiz (bundestag.de)
Drucksache 20/2725 — Sondergutachten der Monopolkommission - Krankenhausversorgung nach Corona: Wettbewerb, Planung und Finanzierung neu organisieren (bundestag.de)
Studien_1-22_Krankenhausplanung_2te_korr_Aufl_web.pdf (rosalux.de)
Interessant sind auch die sog. Krankenhausratingreporte des RWI der letzten Jahre.
Gerne auch mehr Material, falls ihr das Thema aufgreifen möchtet.

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