Kraftwerksstrategie Bundesregierung

Ich kann alles nachvollziehen, was ihr hier ausgeführt und vorgerechnet habt. Nehme deinen Beitrag daher mal als vorläufiges Fazit des Threads.

Gerade da verbleibt mMn eine derzeit nicht zu klärende Unsicherheit. Habe die LdN nicht nochmal nachgehört. Aber in der PM des BMWK wird für mich gar nicht so deutlich, dass es ausschließlich um eine Reserve gehe. Konkrete Zahlen, zB zu Volllaststunden, werden schon gar nicht genannt. Habe dazu auch in den Medienberichten nichts finden können.
Daher noch deutlich zu vage kommuniziert, um es abschließend bewerten zu können, oder? Würde das gedanklich auf Wiedervorlage stellen (daher wär’s super, wenn der Thread offenliebe), wenn die eigentliche Strategie öffentlich wird. Wäre neugierig, was ihr dann dazu sagen könnt.

CCS ist definitiv nicht risikofrei. Ob man diese Risiken akzeptiert ist daher auch fair zu diskutieren. Im Podcast hatte ich es so verstanden, dass CCS an sich schon eine Option ist, für fossile Kraftwerke aber aufgrund der fehlenden Wirtschaftlichkeit ausscheidet.
Ich persönlich würde hier auch einen anderen Weg wählen und statt CO2 Speicherung aus dem Abgas (oder der Luft) wieder synthetisches Methan gewinnen. Das ist auch ein teurer und ineffizienter Prozess, der sich im regulären Betrieb nicht lohnen würde. Aber in einem Business Case wo Brennstoffkosten praktisch egal sind, käme auch sowas in Frage.

Methan ist ein noch stärker wirkendes Gas. Wie wird sichergestellt, dass es nicht entweicht?

Aus meiner Sicht wäre am sinnvollsten, die Erneuerbaren, den Ausgleich von Flauten untereinander in Europa, (Batterie)Speicherung zur Überbrückung und vor allem den smarten Verbrauch zu fördern. Persönlich rechne ich mit einer starken Entwicklung der Erneuerbaren ab einer Art „positiven Kipppunkt“. Wenn dann noch eine klügere Nutzung dazukommt, werden gar nicht so viele Kraftwerke mehr notwendig sein.

Das ist ein Problem beim Pipeline Transport, wenn man lange Transportwege dicht bekommen muss. Da muss es in der Klimabilanz berücksichtigt werden. Bei der Synthesegas-Herstellung ist das Volumen dass man dicht kriegen muss ja hingegen sehr begrenzt.

So ist es. 10GW ist ja aber schon sehr wenig und die erzeugte Strommenge noch geringer. Wie gesagt etwa 0,01% des Strombedarfs. Halt nur sehr teure 0,01%.

Zunächst zum Szenario in der Lage. Da wurden die Kraftwerke mit dem Szenario Dunkelflaute und wenige Laufstunden im Jahr beschrieben. Das wäre für mich eindeutig Reserve.
Das BMWK hat das in der Tat nicht so eindeutig kommuniziert. Vielleicht haben die also in der Tat noch im Hinterkopf, dass man die Kraftwerke auch konventionell einsetzen könnte. Das erklärt dann auch die (grundsätzliche) Bestrebung zu mehr H2.
Das Szenario Dunkelflaute ist wiederum von Agora Research gut beschrieben (siehe Quelle von Pete). Da findet man dann auch Angaben zu Volllaststunden und Strompreis.

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Aus energietechnischer Sicht ist das (glaube ich auch Konsens im Thread) eine gute Idee. Wenn man den Aspekt der Versorgungssicherheit ernst nimmt, muss man allerdings einschränkend hinzufügen, dass dieser europäische Ausgleich die Wahrscheinlichkeit reduzieren kann, dass wir die Backup-Kraftwerke brauchen, sie aber nicht ersetzt. Vorm Hintergrund politischer und geopolitischer Unwägbarkeiten können wir es uns schlicht nicht leisten, davon auszugehen, dass dieser europäische Ausgleich immer zuverlässig funktioniert.
Ein Szenario wäre z B. ein Anschlag auf wichtige europäische Stromtrassen, die man ja praktisch nicht effektiv schützen kann. Wäre fatal wenn sowas zu mehrtägigen Blackouts in großen Teilen Europas führen würde.

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Es muss nicht mal das Szenario Anschlag oder so sein. Es ist einfach Konsens, dass auch im europäischen Verbundnetz eine signifikante Leistung an konventionellen Kraftwerken stehen wird. Diese laufen langfristig mit klimaneutralen Energieträgern, eben Wasserstoff. Alles andere ist klar ein Teil der Lösung, aber es werden nicht wenige Kraftwerke sein. Es klingt hier ab und an so, dass man auf die konventionelle Technologie fast verzichten können wird.

Aktuell sind in der EU knapp 1000 GW Leistung installiert (EU-27: installed power capacity by type | Statista). Bei den Langfristszenarien sind es über 140 GW in allen Szenarien. Das ist verglichen zu heute kein kleiner Teil, sondern eine relevante Menge. Auch die Agora Studie zur Klimaneutralität in 2045 kommt zu einem nennenswerten Anteil an gasbefeuerter Kraftwerkstechnologie in Deutschland (https://www.agora-verkehrswende.de/fileadmin/Projekte/2021/KNDE_2045_Langfassung/Klimaneutrales_Deutschland_2045_Langfassung.pdf).

Bei Betrachtung der beispielhaften Wochen im Winter ist zu sehen, dass es eben nicht nur der kurze Einsatz von von wenigen Stunden im Jahr ist, sondern diese Kraftwerke auch wesentlich mehr laufen. Hinzu kommt, dass Wasserstoff wohl auch in der Fernwärme im Winter eingesetzt wird. Auch hier ist es dann sinnvoll dies, wenn möglich über KWK auch im Stromsystem zu nutzen.

Hinzu kommt, dass der Bedarf an H2 im Stromsektor (oder auch anderen konventionellen Technologien) zwar deutlich gesenkt werden kann. Das geht aber mit einem massiv höheren Ausbau an der Leistung erneuerbarer Energien einher (https://epub.wupperinst.org/frontdoor/deliver/index/docId/7606/file/7606_CO2-neutral_2035.pdf). Die Studie ist aus 2020 und die darin verglichenen Analysen noch etwas älter, aber die prinzipielle Aussage gilt weiterhin. Es macht einen signifikanten Unterschied, wenn man sich anschaut wie mühsam schon die aktuellen Ausbaupfade für Wind und PV erkämpft werden müssen. Das ist bitte nicht falsch zu verstehen, Batterien, EE und Flexibilität sind klar ein Baustein aber können es nicht alleine lösen bzw. gehen eben mit diesem Trade off einher.

Aber deshalb finde ich es, neben dem Angehen der Kraftwerksleistung, viel relevanter, dass sich die Ministerien wohl nun um die entsprechenden Marktmechanismen kümmern wollen. Da bin ich gespannt, was erreicht wird, um die Anreize zu setzen, dass die notwendigen Kraftwerke auch ohne Greifen in den KFT langfristige entstehen können. Persönlich hätte ich gesagt, dass das am Markt in seiner jetzigen Form eigentlich hätte gehen sollen. Die letzten Jahre mit den Eingriffen in die Energiepreise und dem Ablehnen von sehr hohen Preisen (was ich aus politischen Grünen verstehen kann) haben dann aber doch gezeigt, dass das vorhandene Potenzial nicht gehoben werden wird.

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Wenn man sich die Stellungnahmen zu der Strategie anschaut. Dann ist das doch auch klar damit verbunden. Es geht vielen nicht nur um die paar Stunden. Es geht z.B. den Netzbetreibenden um die Systemführung. Bei TransnetBW wird in Bezug auf die Strategie klar auf den Redispatch und sinnvolle Standorte verwiesen (Wichtiger Schritt bei der Kraftwerks­strategie, aber noch offene Fragen - 01-03 - 2024 - Presseinformationen - Newsroom - TransnetBW). Klickt man in dem kurzen Zitat auf den Link, dann bekommt man einen Eindruck wo sie die Standorte sehen. Klar ist das auch eine Form der Reserve, aber eben nicht nur sehr wenige Stunden im Jahr. Glaube im Handelsblatt wurde Herr Kapferer von 50Hertz mit einer ähnlich gelagerten Stellungnahme zitiert.

Der BDEW verweist u.a. auch auf die noch gewünschte Einbindung der KWK (BDEW zur Kraftwerksstrategie | BDEW). Auch wieder etwas, wo es dann nicht nur um die hier diskutierten wenigen Stunden im Jahr geht. Da ist dann klar, dass es im Winter (hoffentlich wollen sie es nur in der Fernwärme und nicht dezentral) deutlich höhere Benutzungsstunden gibt.

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Würde in allen Punkten zustimmen. Und damit kann man den ganzen Knoten eigentlich lösen:
Mir ging es um den Widerspruch zweier Aussage-Cluster:

  1. Es geht um Backup-Kraftwerke, sie werden für das Szenario Dunkelflaute gebraucht, sie laufen nur wenige Stunden im Jahr (unabhängig davon WIE wenige Stunden).
  2. Es wäre sinnvoller gewesen diese als H2-Kraftwerke auszuführen, andernfalls ist das ein Problem für die Klimaziele, die Firmen können die Kosten wegen dem Gaspreis nicht planen, CCS lohnt sich wirtschaftlich für diese Kraftwerke nicht.

Die Auflösung liegt halt darin, dass Aussage-Cluster 1 nicht richtig in der Medienlandschaft angekommen ist. Es geht eben nicht nur um Backup-Kraftwerke, nicht nur um Dunkelflauten, sondern z.B. auch um den saisonalen Lastausgleich. Und damit laufen die Kraftwerke ggf. nicht 10h sondern 1000h im Jahr. Glaube das ist als Info essentiell und damit macht dann auch Aussage-Cluster 2 wieder Sinn.

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Ja, das könnte sein, aber so richtig eindeutig habe ich das weder aus den Mitteilungen vom BMWK noch aus der Presse entnehmen können. Und in der Lage hörte es sich nach Reserve-Only an. Würde es vielleicht Sinn machen das Thema in der Lage nochmal aufzunehmen und etwas Licht ins Dunkel zu bringen? Wäre einfach interessant was sich die Bundesregierung da beim Thema Gaskraftwerke eigentlich vorstellt.

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