Kraftwerksstrategie Bundesregierung

Habe eine Verständnisfrage zum Themenblock der Kraftwerksstrategie. In der Lage würde gesagt, bei dieser Strategie geht es um Subvention solcher Kraftwerke, die für die Versorgungssicherheit speziell im Fall einer Dunkelflaute gebraucht werden. Die lohnen sich ggf. sonst wirtschaftlich nicht, weil sie nur wenige Betriebsstunden im Jahr haben bzw. eben als Backup dienen. Soweit so verständlich.
Worum es daher nach meinem Verständnis insbesondere nicht geht sind z.B. Kraftwerke für den saisonalen Lastausgleich.
Wenn wir über Backup für Dunkelflaute sprechen reden wir über signifikante Kapazitäten aber winzige Strommengen (im Gegensatz zum saisonalen Ausgleich) - eben weil der Fall der europaweiten Dunkelflaute extrem selten ist. Wurde soweit ja auch in der Lage erklärt und im Forum bis zum Erbrechen diskutiert.
ABER: wenn es um eben so geringe Strommengen geht: warum diskutieren wir dann hier überhaupt darüber, wann diese Kraftwerke auf Wasserstoff umgestellt werden? Die Emissionen sind dann ja vermutlich vernachlässigbar. Bzw: ggf. lohnt sich dann sogar in diesem speziellen Fall CCS. Ist zwar für die wenigen emittierten Tonnen dann sehr ineffizient, aber dann spart man sich für das Kraftwerk die Wasserstoff-Infrastruktur, die man bauen und permanent in Betrieb haben müsste. Die Wirtschaftlichkeitsrechnung ist zumindest eine völlig andere als bei einem Kraftwerk, dass fast das ganze Jahr in Betrieb ist. Mindestens aber ist der Zeitplan, wann man hier auf Wasserstoff umstellt m.E. zweitrangig. Schließlich können Gasturbinen inzwischen relativ viel Wasserstoff zumischen. Man könnte also sogar graduell umstellen - je nachdem wie viel Wasserstoff zur Verfügung steht.
Oder habe ich hier einen Denkfehler?

Ich hätte zur Verständnisfrage eine Verständnisfrage: Wär nicht die Backup-Kapazität für Dunkelflauten oder ähnliches ohnehin Teil des saisonalen Lastenausgleichs? Dunkelflauten treten ja vor allem im Winter auf und wenn man die Kraftwerke hat, ergibt es ja wirtschaftlich nur Sinn, sie auch zu anderen Zeiten zu nutzen, um saisonale Schwankungen von Verbrauch und Erzeugung abzufedern. Also, kann man das so klar abgrenzen?

Würde vermuten, Jein, denn mit Erdgas hält man auch eine Lieferkette aufrecht, entlang derer dauerhaft Methan emittiert wird. Das kann uU deutlich mehr ausmachen als die Emissionen durch die nur gelegentliche Verbrennung.
Außerdem wird es ja ohnehin schwierig genug, Netto-Null zu erreichen (Landwirtschaft, Flugverkehr insbesondere sind noch viel dickere Bretter), sodass es grundsätzlich Sinn ergibt, es überall anzustreben.

Wirft aber einen meiner Meinung nach oft vernachlässigten Punkt auf: So früh wie möglich viele Emissionen einzusparen, ist viel effizienter als sich darum Gedanken zu machen, wie man die letzten paar Prozente schafft. Und es kauft Zeit. Leider wird trotzdem in der Regel sehr stark auf den finalen „Zustand“ bei den Zielen abgestellt, statt die Wichtigkeit des Weges dahin in den Blick zu nehmen.

Das stellt die Effizienz-Frage. Ich weiß es nicht, ist gut möglich (aber s. den Punkt oben zu Netto-Null). Vielleicht sagt man sich, dass man die Wasserstoff-Infrastruktur ohnehin brauchen wird (die Strategie wurde ja explizit als „no regret“-Strategie bezeichnet). Und CCS braucht ja auch Infrastruktur und erhöht dauerhaft den Energieeinsatz pro Energieputput (laut UBA um 40 Prozent).

Ich verstehe nicht, warum in der Kraftwerksstrategie nirgends Biogas vorkommt. Heute laufen die meisten Biogasanlagen 24/7 mit konstanter Leistung weil die Einspeisevergütung eben zu jeder anzeigt gleich ist und daher nur die Menge zählt.

Warum werden hier den Energiewirten keine Anreize gegeben, damit sie ihre Anlagen rentabel als Spitzenlastkraftwerke oder eben angebunden an größere Gasspeicher als Maßnahme für die Dunkelflaute einsetzen können.

Ich würde mich freuen, wenn unsere Energiestrategen mal über die Grenze nach Dänemark schauen würden.

Habe mir mal die Zahlen angeschaut. Unten habe ich einen Artikel von Aurora Enrergry Research verlinkt, der auch die in der Lage angesprochenen 10GW flexible Leistung für die Überbrückung von Dunkelflauten angibt. Diese Leistung wird bis 2050 benötigt. Hier wird davon gesprochen, dass diese Kraftwerke im Jahr im Schnitt weniger als 10 Stunden im Betrieb sind. Damit könnte man die Stromproduktion dieser Kraftwerke auf kleiner 100GWh pro Jahr abschätzen.

Außerdem habe ich unten die bekannte Fraunhofer Studie verlinkt, die bis 2050 von einem Strombedarf zwischen grob 1000 und 1500 TWh pro Jahr ausgeht. Der Anteil der Backup-Kraftwerke am Stromverbrauch 2050 liegt somit bei <0,01%.

Sollte man Gaskraftwerke für die Backup-Kraftwerke nutzen und rechnet man mit 670g CO2/kWh, dann würden diese Kraftwerke im Jahr ca. 67.000 t CO2 verbrauchen. Mit einem Tempolimit könnte man etwa 100 mal so viel einsparen.

Würde also mitgehen, dass diese Emissionen vernachlässigbar sind. Auch das Argument, dass diese Kraftwerke eine Art „Dooropener“ für Wasserstoffinfrastruktur sein könnten verstehe ich nicht ganz, denn die nachgefragten Mengen Wasserstoff wären ja auch vernachlässigbar gering.

Viele wichtiger wäre es die ohnehin benötigten Gaskraftwerke für saisonalen Ausgleich o.ä. schnellstmöglich wasserstofffähig zu machen. Als Allerletztes würde ich diejenigen Kraftwerke dekarbonisieren, die den ganzen Tag rumstehen.

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Gute Frage,
meine Vermutung:
Ich bin gerade mal auf Seite des bundesregierung gewesen.(Kraftwerksstrategie: Klimafreundliche und sichere Energieversorgung)
Dort steht, dass die Gasturbine an Knoten mit vorhanden energieintensiven Unternehmen errichtet werden sollen.
Da bei diesen Unternehmen mutmaßlich eh schon umgestellt werden soll auf H2 wird dementsprechend dort auch die Infrastruktur aufgebaut. Dann ist der Schritt ja nicht mehr weit direkt auch die Turbinen auf H2 umzustellen.
Grüße

Ja, denn man kann sie ja zu Zeiten der Dunkelflaute nur gleichzeitig nutzen, wenn es zwei separate Kraftwerke sind. Unvermeidbare Eigenschaft der Backup-Kraftwerke ist, dass sie 99% der Zeit ungenutzt rumstehen.

sind ~0,01% der deutschen Emissionen. Das ist glaube ich auch mit Methanleitung nich vernachlässigbar.

Definitiv. Aber die Pipeline zum Kraftwerk mit Verlusten etc. könnte man sich sparen.

Ja, aber CCS wird ohnehin gebraucht. Ist halt nur nicht für jede Anwendung sinnvoll. Prinzipiell wären aber auch andere Formen der Negativ-Emissionen denkbar. Kann mir halt nicht vorstellen dass sich für diese geringen Verbräuche eine Wasserstoff Pipeline lohnt.

Danke @peteM für’s nachrechnen. Ehrlich gesagt wird damit für mich der gesamte hintere Teil des Beitrags etwas unverständlich. Die Emissionen der Backup-Kraftwerke spielen mit etwa 0,01% praktisch keine Rolle für die Klimaziele der Bundesregierung. Und die benötigten Mengen Wasserstoff sind weit davon entfernt den Business Case für Wasserstoff Infrastruktur irgendwie zu verbessern. Wäre schön, wenn @vieuxrenard hier noch mal erklären könnte wie das gemeint war.

Ja das kann gut sein. Es macht ja auch allgemein extrem Sinn Gaskraftwerke auf Wasserstoff umzustellen. Nur für Backup-Kraftwerke, die 99% der Zeit rumstehen scheint mir das ein miserabler business case.

Vielen Dank für die Diskussion! Wir haben es nicht ausdrücklich in diesem Kontext gesagt, aber ich denke, in dem Beitrag ist deutlich geworden, dass letztlich noch niemand weiß, wie lange die Backup-Kraftwerke tatsächlich laufen werden. Es gibt eine Vielzahl von Unsicherheitsfaktoren, beispielsweise natürlich das Wetter, aber auch die bisher völlig unabsehbare Flexibilität der Nachfrage je nach Preis des Stroms.

Deswegen hilft glaube ich nicht weiter, auf der Grundlage von Schätzungen zu argumentieren, dass die Kraftwerke nur so und so wenig CO2 emittieren werden. Man weiß es einfach nicht. Und angesichts der unübersehbaren Vielzahl von Emissionsquellen sind auch ein paar Promille relevant: Wenn man immer sagt, das mache ja nur ein paar Millionen Tonnen CO2 aus, so what, dann spart man letztlich nirgendwo mehr.

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Danke. :slight_smile: Ja, das ergibt schon Sinn. Ist nur irgendwie unintuitiv für mich, dass man genau diese bestimmten Kraftwerke vorhält und nicht diese Reservekapazitäten auf die Gesamtzahl der nötigen Gaskraftwerke, ob saisonale Erzeuger oder Dunkelflautenreserve, verteilt. Man braucht ja die zusätzlich einspeisbare Leistung, nicht unbedingt die physisch abgrenzbaren Kraftwerke.
(Vermutlich liegt’s einfach daran, dass ich keine wirkliche Vorstellung davon habe, inwiefern man ein Kraftwerk regeln und Erzeuger im Stromnetz zu- und ab"schalten" kann. Oder es liegt an Investitionsbedingungen.)

Hmm, die Geringfügigkeit der Emissionen bei der Verbrennung ergibt sich ja vor allem aus der geringen Dauer. Die Leakage aus Förderung und Leitung hat man aber dauerhaft, auch wenn man nur selten verbrennt, meines Wissens wird ja in den Leitungen immer ein bestimmter Gasdruck aufrechterhalten.
Edit: Aber vermutlich könnte man besser allgemein gegen Leckagen vorgehen.

Abgesehen davon hätte es natürlich auch ökonomische Auswirkungen auf die Investitionsentscheidungen von Unternehmen, wenn man jetzt ankündigte, auf Dauer weiter fossiles Methan nachzufragen. Summiert sich auch auf, wenn man es bei viel Kleinvieh macht.

Ganz überzeugt bin ich angesichts der kleinen Ausmaße aber auch noch nicht, ist eher der Versuch, ein bisschen rumzustochern.

Fände in dem Kontext auch eine Gegenüberstellung der Kosten bzw. des Energieaufwands zwischen grünen Wasserstoff, Erdgas + CCS oder auch grauen Wasserstoff + CCS bzw blauen Wasserstoff.

Die Herstellung von grünem Wasserstoff ist meines Wissens nach wesentlich ineffizienter als die von grauen Wasserstoff und man braucht dementsprechend viel mehr grüne Energie. Diese Energie könnte ja auch für CCS verwendet werden.

Ich nehme jetzt mal nur die Umwandlung der Energieträger zu Wasserstoff. Verluste im Transport sind also nicht mit dabei. Die Umwandlung am Ende ist für alle gleich, also auch nicht mit aufgeführt.

Bei grünem Wasserstoff wäre es nur die Elektrolyse. Da ist der Wirkungsgrad aktuell, je nach Technologie bei 50-70%.

Bei Methan als Grundlage ergibt es eigentlich nur Sinn blauen Wasserstoff zu betrachten. Bei grauem Wasserstoff müsste am Ende irgendwo Direct Air Capturing aus der Luft betrieben werden. Das ist noch mal mit deutlich mehr Energiebedarf verbunden.

Bleibt der Schritt der Dampfreformation. Die liegt im Bereich von um die 70% (https://www.sciencedirect.com/topics/engineering/methane-steam-reforming#:~:text=Steam%20methane%20reforming%20(SMR)%20has,(US%20DoE%2C%202015a)). Dazu kommt das Capture aus dem Abgas. Der Energiebedarf liegt bei um die 30% (https://www.sciencedirect.com/topics/engineering/carbon-capture) der erzeugten Energie des Kraftwerks. Hier ist anzumerken, dass es aber eine breite Range gibt. Das hängt auch davon ab wie viel CO2 eingefangen wird. Oft wird von 90% ausgegangen. Je mehr, desto höher der Energiebedarf und der steigt nicht linear.

Dazu kommt, dass bei der Dampfreformation tendenziell kaum noch etwas rauszuholen ist. Bei der Elektrolyse gibt es allerdings in den nächsten Jahren sicherlich noch Verbesserungen. In der Praxis werden es vermutlich nicht die auch jetzt schon möglichen 98% in einzelnen Laborversuchen (Effizienz-Durchbruch bei Wasserstoff-Elektrolyse Wasserstoff -). Es zeigt aber gut, dass noch Potential besteht und grüner Wasserstoff von Seite des Wirkungsgrades bezogen auf die Emissionsvermeidung die Nase vorne hat.

Die Kosten habe ich ausgeklammert. Aktuell gewinnt grauer Wasserstoff und grüner Wasserstoff ist zum einen zu teuer aber auch einfach noch nicht verfügbar.

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„Ja, denn man kann sie ja zu Zeiten der Dunkelflaute nur gleichzeitig nutzen, wenn es zwei separate Kraftwerke sind. Unvermeidbare Eigenschaft der Backup-Kraftwerke ist, dass sie 99% der Zeit ungenutzt rumstehen.“

Das muss du nochmal etwas genauer erklären. Prinzipiell kann man Backup-Kraftwerke fahren wie man möchte. Ich könnte Sie ggf. also auch für Saisonale Ausgleich nutzen, wenn man das für sinnvoll erachten. Es geht bei dieser ganzen Maßnahme nur darum gesicherte Leistung vorzuhalten, für den Fall, dass die Last durch EE und Importe nicht gedeckt werden kann. Die Backupkraftwerke müssen für diesen Fall garantiert Ihre Nennleistung einspeisen könnten. Wie das Kraftwerk vorher gefahren wurde, ist dabei nicht relevant, solange genug Gasreserven vorgehalten werden, um einen längeren Zeitraum zu überbrücken.

Im Grunde genommen, kann ich auch BHKWs als Backup-Kraftwerke nutzen. Dafür muss ich auch keine neuen bauen. sondern kann die bestehenden Nutzen, um gesicherte Leistung bereitszustellen. Das wird bei einer dunkelflaute auch passieren, aber nicht aber die Nennleistung alleine reicht nicht….
Vielleicht verstehe ich auch einfach nicht was du mit diesem Satz meintest.
Möchtest du das vielleicht noch etwas mehr ausführen ?
Grüße David

Ja das stimmt. Aber die Zahlen sprechen ja trotzdem für sich. Selbst wenn Agora Research mit ihrer Einschätzung um Faktor 10 daneben läge, es also 10 mal so viele Engpass-Situationen durch Dunkelflauten gäbe (was ja bereits katastrophale Zustände wären) bliebe die Aussage ja dieselbe.

Die Logik ist verstanden. Hier geht es ja aber darum Ressourcen im Sinne des Klimaschutzes bestmöglich einzusetzen. Wie ihr selbst gesagt habt wäre es signifikant teurer, diese Kraftwerke als Wasserstoff-Verbrenner auszuführen. Warum dieses Geld in ein Kraftwerk stecken, dass 99% der Zeit rumsteht? Es gibt doch zig sinnvollere Investitionen in Wärmepumpen, Wind, PV, Spitzenlast Wasserstoff-Gaskraftwerke etc. Genauso würde man doch auch im kleinen Stil vorgehen. So würde ich doch einem Krankenhaus auch zunächst raten, sich PV aufs Dach zu bauen, Wärmepumpe anzuschaffen, zu dämmen usw. und erst ganz am Ende ihren alten dreckigen Diesel-Notstrom-generator auszutauschen. Denn der emittiert zwar viel CO2 pro kWh, läuft aber garantiert viel weniger Stunden als meine anderen Aggregate, selbst im worst Case.
Finde daher die Entscheidung sehr nachvollziehbar genau an dieser Stelle zu sparen und sehe auch nicht, dass dadurch der Business Case für Wasserstoff Infrastruktur irgendwie beeinflusst würde, denn die Mengen über die wir hier reden sind in jedem Fall klein gegenüber dem, was sonst an H2 gebraucht wird.

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Natürlich ist es immer fair auf Unsicherheiten in den Abschätzungen zu verweisen. Aber selbst wenn wir nur auf Größenordnungen schauen wird doch hoffentlich niemand bestreiten, dass so ein Backup-Kraftwerk mindestens eine wenn nicht zwei Größenordnungen seltener läuft als eines für den saisonalen Lastausgleich. Es gibt Studien vom DIW, vom Fraunhofer, von Agora und auch von Volker Quaschnig, die alle die Notwendigkeit solcher Gaskraftwerke ausweisen. Die Kapazität schwankt über die Studien, aber wir reden von ca. 100 GW.
Wenn ich also Geld in die Hand nehme, um ein Kraftwerk für Wasserstoff umzurüsten oder neu zu bauen, dann doch für so eines, denn da führt der Invest zu einer signifikanten CO2 Minderung und da verbrauche ich auch signifikant Wasserstoff. Das letzte Kraftwerk in der Kette, dass ich auf Wasserstoff umstellen würde ist das Backup Kraftwerk, wenn mir tatsächlich nichts besseres mehr einfällt, wir ich mit meinem Geld CO2 einsparen kann.

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Nochmal eine kleine Nachfrage:
Kann jemand eine Originale Quellen verlinken ( Am besten vom BMWK oder den ÜNB), wo die Kraftwerksstrategie aus technischer Sicht etwas genauer Begründet wird ? Habe nur Medienbeiträge gefunden und die Beiträge auf den Webseiten der Bundesregierung sind mir etwas zu kurz gehalten.
Ich würde gerne wissen wie man auf die Nennleistung von 10 GW gekommen ist.
Vielleicht kann das Forum mir da helfen.
Viele Grüße

Sinnvollerweise definiere ich eine Backup-Kapazität doch (vereinfacht) wie folgt: ich schaue mir sowohl auf der Verbraucher- als auch auf der Erzeugerseite an, wie ich im worst Case einen Engpass bestmöglich kompensieren könnte. Sprich man schaut, welche Verbraucher man abschalten, welche Speicher man leeren, welche Kraftwerke Hochregeln und z.B. auch aus welchen BHKWs man maximal viel Strom extrahieren kann. Was dann noch übrig bleibt an Versorgungsengpass (mit vmtl. etwas Puffer) ist die Backup-Kapazität. Je nach Kraftwerksstrategie kann die auch 0 sein. Ist halt auch eine wirtschaftliche Optimierungsaufgabe, ob es billiger ist flexible Kraftwerke mit wenig Backup oder unflexible Kraftwerke mit viel Backup zu haben.
Aber WENN ich mich für ein Backup entscheide, dann steht das sinnvollerweise den Rest der Zeit dumm herum (und ist auch so designt). Denn natürlich könnte ich damit auch z.B. Strom erzeugen, aber dafür habe ich ja andere Kraftwerke, deren Rumstehen deutlich teurer wäre.

Blockzitat[quote=„AndreasLDN, post:3, topic:22862, full:true“]
Ich verstehe nicht, warum in der Kraftwerksstrategie nirgends Biogas vorkommt. Heute laufen die meisten Biogasanlagen 24/7 mit konstanter Leistung weil die Einspeisevergütung eben zu jeder anzeigt gleich ist und daher nur die Menge zählt.

Warum werden hier den Energiewirten keine Anreize gegeben, damit sie ihre Anlagen rentabel als Spitzenlastkraftwerke oder eben angebunden an größere Gasspeicher als Maßnahme für die Dunkelflaute einsetzen können.

Ich würde mich freuen, wenn unsere Energiestrategen mal über die Grenze nach Dänemark schauen würden.
[/quote]

Eine moderne Gasturbine aus der H oder HL-Klasse, mit der man pro Kraftwerk etwas weniger als 1 GW (im closed cycle mit Dampfturbine) erzeugt, braucht etwa 50 kg Erdgas in der Sekunde. Eine normale Biogas Anlage erzeugt etwa 1500 kg Biogas in der Stunde.

Hinzu kommt, dass Biogas in der Regel relativ viel H2S enthält. Beim Einspeisen ins öffentliche Netz ist das irrelevant, weil es verdünnt wird. Für eine Gasturbine ist saures Gas aber herausfordernd und macht die Anlage noch teurer.

Für die 10 GW wird sich vermutlich keine genaue Begründung finden lassen. Der Grund ist, dass es das Ergebnis eines politischen Prozesses ist und das vermutlich das Ergebnis ist, worauf sich (Stand jetzt, man weiß ja nie was wieder aufgeschnürt wird) die Parteien einigen konnten. Die einen wollten mehr Leistung, andere weniger die jetzt angestrebte Form der Umsetzung oder keinen Neubau von fossilen Gaskraftwerken.

Die Zahl hat sich so auch im (langwierigen) Prozess immer wieder geändert. Der BDEW hat letztes Jahr noch von über 20 GW gesprochen (Kraftwerksstrategie | BDEW), von den ÜNB habe ich 30 GW im Kopf (finde gerade keine Quelle) und dazu hier genannte Studien. Man ist sich dabei insgesamt einig, dass es flexible Kraftwerke bedarf, aber das wie viel, wann und wie ist unklar.

Ich würde gerne den grundsätzlichen Effizienz Gedanken aus einem der vorherigen Beiträge aufnehmen: Warum wollen wir Wasserstoffkraftwerke bauen die eine zusätzliche nicht existierende Infrastruktur brauchen, und keine Akkus. Aktuelle Elektrolyseanlage haben einen Wirkungsgrad von 60-70% und eine Gasturbine auch in diesem Bereich, dh. jede Kilowattstunde Strom die wir vorher benutzt haben um sie in Wasserstoff zu fixieren liefer hinten raus 0,50 kwh Strom. Bei aktuellen Akkus haben wir um die 80-90% Lade und Entladewirkungsgrad (dh. 0,9 kwh aus 1 kwh). In der logischen Konsequenz bauen wir eine teuere Infrastruktur, die auch noch ineffektiv ist. Und dann lassen wir noch die Transportkosten außen vor, ohne das Belegen zu können denke ich, dass sich Akkus deutlich leichter und Kosteneffizienter in unser Stromnetz integrieren lassen als Kraftwerk mit hunderten Kilometer Wasserstoffleitungen die noch zu bauen sind.

Das dürfte daran liegen, dass Akkus wegen des erheblich höheren Ressourcenbedarfs in der Herstellung viel schwerer zu skalieren sein dürften und Akkus wegen der Alterung vergleichsweise oft ausgetauscht werden müssen.

Eine chemische Großanlage hingegen produziert bei guter Pflege auch gut und gerne 50 Jahre (Reparaturen und Ertüchtigung vorausgesetzt).

Letztlich braucht es einen Mix. Kurze Leistungsspitzen kann ich großtechnisch auch mal mit Akku ausgleichen. Bspw. kenne ich Wasserkraftwerke, die schon heute ein paar große Akkus aufs Gelände gestellt haben, um ihre Anlagen vor schnellen Lastwechseln zu schützen. Diese Akkus können dann mal eine halbe Stunde überbrücken, aber nicht viel länger, schon allein weil die hohen Entladeströme sonst die Batterien thermisch überfordern würde.

Für die saisonalen Lücken benötigt es aber andere Lösungen, schon allein weil die volumenspezifische Energiedichte von komprimiertem H2 im Tank vs Strom im Batteriespeicher um Größenordnungen höher ist, also wir viel weniger Fläche dafür versiegeln müssen. Aber eben auch weil der Batteriespeicher eben viel mehr Ressourcen benötigt und altert.

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