Koalitionstreue

Ich frage mich was diese Koalitionstreue uns bringt?
Wenn die FDP alles blockiert und die CDU plötzlich sozial und ökologisch sein will, dann sollten die SPD und Grünen, vielleicht auch mit den Linken, die FDP einfach mal überstimmen.

Wenn sich die CDU dann plötzlich auf ihre alte Vorgehensweise besinnt kann man auch das öffentlich machen.

Was spricht dagegen?

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  1. Es ist gut, dass die Korruptionspartei endlich raus ist. Auch in anderen Parteien und Institutionen gibt es natürlich jede Menge Problemfälle, aber bei der CDU/CSU hat man doch wirklich das Gefühl, dass Maskendeals, Aserbeidschan-Connections, Förderung fossiler Energien usw. der eigentliche Kernpunkt ihrer Politik ist. Ansonsten kommt außer populistischer heißer Luft zu irgendwelchen Winnetous und „Gender-Gaga“ doch gar nichts mehr.
  2. CDU sozial und ökologisch? Lächerlich. In der Opposition kann man natürlich viel reden, wenn der Tag lang ist, aber insbesondere die Union hat in den vergangenen 16 Jahren gezeigt, dass sie permanent das Gegenteil von sozialer und ökologischer Politik verfolgt. Wer meint, das hätte sich jetzt in einem Jahr geändert, ist vielleicht ein bisschen naiv.
  3. Die CDU würde sich überhaupt nicht darauf einlassen, jetzt mit SPD und Grünen zusammenzuarbeiten, sondern auf Neuwahlen bestehen.

Man muss einfach konstatieren, dass es in der Wählerschaft nunmal konstant eine Sperrmajorität gibt von über 50% der mandatsrelevanten Stimmen gegen soziale und ökologische Politik, wenn man mal alleine Union, FDP und AfD addiert.

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Ja, aber … wäre es nicht sinnvoll genau diese Wankelmütigkeit dadurch deutlich sichtbarer zu machen?
Es muss sich ja keiner in der Opposition an Worten messen - „ist ja gerade nicht zuständig.“
Das erscheint mir destruktiver.

Der Sinn der Koalitionstreue ist schlicht der Erhalt der Arbeitsfähigkeit der Regierung.

Wenn SPD/Grüne jetzt mit Linken und Abweichlern aus der CDU oder gar AfD etwas gegen den Willen der FDP durchsetzen würde, gäbe es in der Regierung schlicht keine Vertrauensbasis mehr - und die CDU würde das sofort nutzen, um Neuwahlen zu fordern.

Ich würde mir auch wünschen, dass wir im Parlament mehr Sachpolitik machen würden, aber wir haben halt ein System von „Regierung“ und „Opposition“ - und im Gegensatz zur Opposition muss die Regierung zusammenarbeiten, sonst wird sie zum Spielball der Opposition, weil sie auf deren Abweichler angewiesen wäre, um irgendwas durchzusetzen.

Was du forderst wäre letztlich eine Rot-Grüne Minderheitsregierung, die sich die Reststimmen für ihre Vorhaben bei den anderen Parteien leiht. Das funktioniert aber nur so lange, wie die anderen Parteien da mitspielen - und CDU/FDP/AfD würden aus rein machtpolitischen Gründen sofort jede Kooperation einstellen und die Vertrauensfrage einfordern und letztlich Neuwahlen erzwingen, sobald Wahlumfragen eine Machtübernahme als wahrscheinlich indizieren. Und dann hätten wir nach den aktuellen Umfragen wohl am ehesten Schwarz-Grün, also wieder eine Regierung, die sich in den meisten Kernfragen nicht einig ist, aber dieses Mal unter Führung der CDU. Ich wage zu bezweifeln, dass das besser wäre.

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Das glaube ich nicht. Ich glaube die AfD würde direkt dem ersten Gesetzesentwurf zustimmen. Das würde bedeuten:

  • Die Hilflosigkeit und Naivität der beiden Parteien wird öffentlich zur Schau gestellt und Neuwahlen wären garantiert oder/und
  • Die AfD würde von eher „linken“ Parteien als ebenbürtige Partei anerkannt und als regierungsfähig erklärt.

Würde es nicht um die Zukunft eines ganzen Landes gehen, wäre es bestimmt „lustig“ mit anzusehen.

Hier sprichst du der AfD viel mehr Macht zu, als sie hat.

In der Praxis - z.B. in der aktuellen Minderheitsregierung unter Ramelow in Thüringen - verständigen sich die Minderheitsregierungsparteien (Linke, SPD, Grüne) BEVOR sie einen Gesetzesentwurf oder eine andere parlamentarische Initiative einbringen mit den „demokratischen Parteien“ (also CDU und FDP, BfTh sind schon zweifelhaft…) darüber, ob es eine Mehrheit geben wird - und wenn das nicht der Fall ist, wird das Gesetz nicht eingebracht, eben um der AfD nicht die Chance zu geben, die Situation politisch auszuschlachten.

Wenn es hingegen eine Mehrheit gibt, gilt das gleiche wie im Bundestag: Die AfD kann abstimmen, wie sie will, es interessiert keinen. Kurzum: Wenn die aktuelle Ampel-Regierung etwas beschließt und die AfD dem zustimmen würde, würde das keinen Bedeutungsgewinn der AfD bedeuten, weil ihr Abstimmungsverhalten halt irrelevant ist.

Das wäre bei einer Minderheitsregierung auf Bundesebene auch so - auch hier würde eine Rot-Grüne Minderheitsregierung nur Gesetzesentwürfe in’s Parlament einbringen, für die Mehrheiten ohne die AfD vorher ausgehandelt wurden. Und wenn die AfD einen Gesetzesentwurf einbringt, der Rot-Grün sehr gut gefallen sollte, würde Rot-Grün dem dennoch keine Stimmen geben, eben um die AfD nicht zu legitimieren.

Die von dir dargestellten Probleme im Hinblick auf die AfD bestehen daher nicht - so viel dürften alle Parteien aus dem Fall Kemmerich gelernt haben. Denn hier war es gerade die FDP, die einen Kandidaten aufgestellt hat, ohne vorher zu sicher zu stellen, dass dieser Kandidat genug Unterstützung aus dem demokratischen Lager hatte, sodass die AfD hier mit ihrer Zustimmung für einen Skandal sorgen konnte (was die FDP hätte wissen müssen…). Solche Amateuerfehler würde heute keine Minderheitsregierung mehr begehen.

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Nunja, die anderen Parteien hätten es genau so gut wissen müssen. Und streng genommen hätte ein FDP MP die Mehrheit im Land wiedergespiegelt. Aber das ist eine alte Geschichte, die wir hier nicht erneut ausdiskutieren müssen.

Ich glaube nur nicht, dass die CDU da mitspielt. Die FDP wird bestimmt keinem einzigen Gesetz zustimmen, wenn sie vorher aus der Regierung geworfen wurden. Dann bleibt nur die CDU. Und da fällt mir wirklich kein Grund ein, warum eine neu „erstarkte“ CDU so etwas machen sollte anstatt Neuwahlen zu fordern. Außerdem müssen momentan auf Bundesebene Entscheidungen getroffen werden, die nicht im Verhältnis zu Entscheidungen in Thüringen stehen.

Ich halte eine Minderheitsregierung von Union/FDP mit Grüne oder SPD da noch wahrscheinlicher.

Es scheint auch nicht sicher, dass die SPD und der Kanzler sich überhaupt mit den Grünen einig sind.

Das ist leider in der Tat das große Problem der deutschen Politik aus Sicht eines progressiven Wählers zur Zeit, siehe auch Berlin.

Wenn die SPD unter Giffey dort z.B. meint, dass es mit der CDU größere Schnittmengen gäbe als mit Linken und Grünen und im Bund gleichzeitig die SPD eher den FDP-Kurs als den Grünen Kurs stützt, kann man da nur an klassische, alte Lieder denken: „Wer hat uns verraten?“

Kein Mensch braucht eine SPD, die sich als „kleine CDU“ positioniert - und die SPD wird, wenn sie diesen Kurs nicht schnell wieder verlässt, auch ganz schnell an ihren Wahlergebnissen sehen, dass der Bürger, wenn er Konservativ wählen will, lieber gleich das „Original“ wählen wird…

Die aktuelle SPD ist ein Trauerspiel - und das leider schon seit Jahrzehnten. Sie ist aus meiner Sicht absolut unwählbar.

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