Klimaschutz - psychologisches oder Erkenntnisproblem?

Ich befürchte das ist etwas zu einfach gedacht, bzw zu optimistisch.
Nur weil ich Menschen ernst nehme, heißt das ja nicht das alle damit den gleichen Verständnishorizont haben.
Ist bissl wie bei Kanzler Scholz:“Brauch ich nicht erklären, ist ja allen klar.“

Die Menschen haben in Deutschland einen sehr breiten Bildungshorizont, von keinem Abschluss mit ggf kognitiven Einschränkungen, über Hauptschulabschluss und Berufsabschluss oder Meister/Techniker bis hin zu Abitur und/oder Studium. Damit haben all diese Menschen unterschiedliche alltägliche Lebenswelten, und damit Schwerpunkte.
Die Alleinerziehende Reinigungkraft guckt erstmal auf die Preise von Produkten, nicht auf den CO2 Abdruck, während der Ingenieur sich eher Gedanken machen kann welches E-Auto er kauft.

Diese Lebenswelten muss ich konkret ansprechen und adressieren.

Mit der Information welchen Erwärmungsgrad der Klimawandel in den nächsten 10-20 Jahren zur Folge hat gehen diese unterschiedlichen Menschen auch sehr unterschiedlich um. Von Ignorieren über Verhaltensanpassung bis hin zu panischem Aktionismus. Wenn man es nicht etwas erklärt alltagsbezogen.

Nur mein persönlicher Eindruck

Ich tu mich mit dem Schlagwort „No-Brainer“ daher schwer. Wenn alles No-Brainer wären, warum haben wir dann die Probleme und müssen drüber diskutieren?

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Sag das mal den Landwirten in Deutschland, die leiden heute schon massiv unter dem Klimawandel, auch wenn viele sich lieber in die Arme Klimawandelleugner flüchten, als sich der Realität zu stellen und ihre tatsächlichen Interessen (mehr Klimaschutz) gegenüber der Politik zu vertreten.

Oder den Menschen im Ahrtal und im Saarland.

Aber ganz grundsätzlich hast du natürlich recht, die richtig bittere Pille kommt erst noch.

Wobei der Verweis auf Einzelereignisse auch von einigen Klimaforschern eher skeptisch gesehen wird. Natürlich steigt die Zahl der Extremwetterereignisse durch den Klimawandel, aber welche davon tatsächlich eine Folge des Klimawandels sind, welche nicht lässt sich nicht sagen.

Daher bin ich mit diesem Argument eher vorsichtig und verweise nur auf die allgemein steigende Zahl solcher Ereignisse, nicht auf einzelne Ereignisse im Speziellen.

Ich halte das auch für wichtig um die Argumente mit korrekten Argumenten unangreifbar zu formulieren.

Tun sie das? Schau die mal die Statistiken dazu an

Achtung hier wird es nun kritisch zwischen Wetter und Klima zu unterscheiden. Das Ahrtal war ein Wetter Ereignis. Die Aussage der Klimaforscher dazu war und ist immer, dass das Risiko dieser Wetterereignisse zunimmt durch den Klimawandel.
Die Oderflut 2002 ist hier vergleichbar.

Was ich damit sagen will, wir sehen in Europa noch keine wirklichen Auswirkungen, ausser das die Gletscher abschmelzen. Das wird sich auch so schnell nicht aendern.

Die Herausforderung ist doch Kommunikation wie diese: IPCC sagt „jede zehntel Grad zählt“. Klimaaktivisten sagen, wir müssen radikale Veränderungen machen, sonst werden wir alle sterben. Die Ampel sagt, wir machen konsequente Klimapolitik. Praktisch werden LNG Terminals gebaut, um weiter fossile Ressourcen zu verbrennen. Wird die Förderung für EAutos gestrichen und der Agrardiesel weiter subventioniert.

Es entsteht halt ein komischer Eindruck…

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Das ist glaube ich überholtes Denken. Zur Flut im Ahrtal:

Ohne den menschengemachten Klimawandel würde ein solches Ereignis in Mitteleuropa laut Kreienkamp nur rund alle 2000 Jahre stattfinden. Doch aufgrund der mittlerweile bereits erreichten globalen Erwärmung von rund einem Grad verringere sich die Frequenz nun sogar auf rund 400 Jahre.

Wohlgemerkt: in ganz Mitteleuropa. Anstatt einmal in 2000 Jahren müssen wir im selben Zeitraum also mit fünf solcher Fluten rechnen. Tendenz steigend (inzwischen ist ja klar, dass wir auch 1,5 Grad reißen).

Insofern kann nicht jede Flut dem Klimawandel angelastet werden. Aber 4 von 5 Fluten eben schon. Dann bei jeder Flut zu sagen „aber ob diese Flut durch den Klimawandel kommt, können wir nicht mit Sicherheit sagen“ ist doch absurd. Eher sollte man formulieren: „Es gibt eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass diese Flut auch ohne den Klimawandel zustande gekommen wäre“.

Der Ertrag pro Hektar kann von vielen Dingen beeinflusst sein, das ist kein Indikator für Ernteverluste.

Ich habe gerade keine Lust die Quellen zusammenzusuchen, aber die Zahl der Extremereignisse nimmt durch den Klimawandel in Deutschland seit Jahren zu. Mehr Extremereignisse = mehr Ernteausfälle. Man kann das natürlich durch bestimmte Maßnahmen mitigieren (z.B. mehr Bewässerung) und damit Ernteausfälle verhindern, aber das kostet ja auch alles Geld.

Die Attributionsforschung kann sehr gut die Zunahme von Wahrscheinlichkeiten bei Extremwetterereignissen berechnen.

https://www.worldweatherattribution.org/

Ich finde man sollte einfach gar nicht Einzelereignisse mit dem Klimawandel in Verbindung bringen, sondern einfach eine Häufung von Ereignissen und schon geht man der Problematik aus dem Weg, dass irgendwer kommt und sagt die Flut von 1043 sei aber höher gewesen und mit diesem Vergleich dann sogar bei denen mit weniger Hintergrundwissen punkten kann.

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Aber das geht doch völlig an den wissenschaftlichen Erkenntnissen vorbei. Fakt ist, dass jedes Extremereignis durch den Klimawandel extremer ausfällt als noch vor 50 Jahren und viele Extremereignisse ohne den Klimawandel gar nicht auftreten würden. Wenn man das totschweigt, weil man Angst vor irgendwelchen Idioten mit Halbwissen oder einer Agenda hat, dann nimmt man sich ohne Not eines der besten Argumente für mehr Klimaschutz und mehr Klimaanpassung.

Es ist wissenschaftlich völlig korrekt zu sagen: „Die Flut im Ahrtal/Saarland wäre ohne den Klimawandel erheblich weniger extrem ausgefallen oder gar nicht erst passiert.“ Im Atlantik gibt es die ersten Wirbelstürme, die definitiv ohne Klimawandel so nicht zustande kommen würden. Kein Extremereignis hierzulande wird in Zukunft frei vom Einfluss des Klimawandels sein und das ist ein Wendepunkt, den man den Leuten auch in dieser Deutlichkeit klar machen muss.

Bitte diesen Fakt belegen. Die Helmholz Klima Initiative schreibt z.B.: [1]
„Zu sagen, Extremwetterereignisse werden durch den Klimawandel grundsätzlich häufiger, wäre nicht richtig. Die Wahrheit ist: Es kommt darauf an. Manche Extremwetterereignisse werden häufiger, zum Beispiel Hitzewellen, andere seltener, etwa Kältewellen. Bei manchen ändert sich die Häufigkeit nicht oder nur kaum.“
Glaube daher nicht, dass man die obige Aussage so pauschal stehen lassen kann. Und muss man auch gar nicht. Dass die negativen Auswirkungen auf Extremwetter Ereignisse insgesamt in fast allen Regionen der Welt dramatisch sind ist schlimm genug.

https://www.helmholtz-klima.de/klimafakten/behauptung-der-zusammenhang-von-extremwettern-und-klimawandel-ist-nicht-eindeutig-belegt

Diese Aussage ist doch nicht korrekt.

Im Durchschnitt (!) werden die Extremwetterereignisse extremer. Dass jedes einzelne Ereignis extremer ausfällt ist im Rahmen einer solchen komplexen Ausgangssituation mit vielen Einflussfaktoren die sich gegenseitig beeinflussen nicht ableitbar. So kann es sein, dass auch ein potenzielles Jahrtausendereignis durch bremsende Faktoren zu einem Jahrhundertereignis wird, dafür wird aus einem anderen Ereignis ein Jahrtausendereignis.

Im Schnitt wird es so extemer, aber das gilt eben nicht für jedes einzelne Ereignis.

Und natürlich sind das Details die in der allgemeinen Diskussion zu komplex sind um in der Argumentation für die Allgemeinheit einen Nutzen zu haben, aber es ist eben wichtig so zu argumentieren, dass die Argumentation nicht mit sachlich korrekten Argumenten angegriffen werden kann um insgesamt glaubwürdig zu sein.

Und so bleibt es dabei, dass man für die meisten Wetterereignisse einzeln eben nicht sagen kann dass es dieses ohne den Klimawandel definitiv nicht gegeben hätte, aber sehr wohl sagen kann, dass es z.B. von 5 solchen Ereignissen 4 nicht in diesem Ausmaß gegeben hätte.
Letztlich wäre wohl erst komplett korrekt zu sagen, dass es wahrscheinlich alle 5 nicht gegeben hätte dafür aber ein anderes.

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Aus psychologischer Sicht finde ich es richtig, Extremwetterereignisse dem Klimawandel zuzuordnen, denn die Wahrscheinlichkeit steigt.
Ob dieses eine Ereignis nun aufgrund spezieller unerwarteter Wolkenansammlungen zu Stande kamen, ist da dann irrelevant. Wenn man über den Klimawandel spricht, darf man das nutzen, den es geht ja nur darum, dass solche Ereignisse eben öfter eintreten. Und da darf das Ahrtal als Beispiel dienen, auch wenn es dieses Mal nicht der Klimawandel war. Außerdem: beweise das Gegenteil.

Und genau so allgemein gehalten kann man das auch wissenschaftlich korrekt formulieren.

Je konkreter es wird, desto falscher wird es. Wenn dann Reichweitenstarke Accounts in sozialen Medien erklären die unzureichende Klimapolitik der Union sei schuld an einem Ereignis, dann mag das den Ersteller persönlich in seinem Gerechtigkeitssinn befriedigen, ist aber eben inhaltlich gar nicht mehr haltbar.

Denn auch mit einem Tempolimit wird das nächste Hochwasser nicht verhindert.

Und daher bleibe ich dabei, dass es psychologisch völlig ausreichend ist die Häufung der Ereignisse dem Klimawandel zuzuschreiben und nicht nötig ist ein einzelnes Ereignis mit einer Ursache zu verknüpfen und dass es ein absoluter Schwachsinn ist irgendwelche Politiker als Mitschuldig an einem Ereignis zu bezeichnen. Das untergräbt das Vertrauen in die Richtigkeit der wissenschaftlichen Erkenntnis bei diesem Thema im allgemeinen.

Mea Culpa, ich habe nicht genug differenziert. Ich war gedanklich vor allem bei Niederschlagsereignissen und Dürren, da wir über die Landwirtschaft hierher gekommen sind. Ich glaube aber ehrlich gesagt nicht, dass der durchschnittliche Bürger „Kältewellen“ in besondere Weise mit dem Klimawandel in Verbindung bringt.

Der Strang war:

Hier wurden zwar die Personen in Ahrtal und im Saarland direkt angesprochen, aber es war offensichtlich, dass es nur als Beispiel dienen sollte, was uns heute schon durch den Klimawandel drohen kann. Zielgruppe sind nicht die Menschen im Ahrtal und im Saarland, sondern jeder, der das liest. Und in diesem Kontext ist das Beispiel dann auch korrekt.

Finde ich eben nicht, weil man nicht den Klimawandel als Ursache einzelner Starkregenereignisse ausmachen kann.

Wenn die Argumentation lautet, dass es zwischen 1910 und 1920 weniger solcher Ereginisse gab als zwischen 2010 und 2020, dann wäre die Argumentation so korrekt.

Wir müssen auch immer im Kopf haben, dass es Leute gibt die solche Lücken in der Argumentation gezielt suchen um Klimaschutz als unnötig zu deklarieren sowie auch Leute die diese Kritik dann dankbar aufnehmen um zu sagen sowas gab es ja früher auch schon.

Wir müssen ja überlegen was wollen wir mit der Argumentation allgemein erreichen. Wir können nicht auf der einen Seite jedes mal wenn an einem kalten Julitag ein Klimaskeptiker fragt wo denn der Klimawandel sei antworten Wetter sei nicht Klima und dann aber selbst genau das zu tun und Wetter und Klima gleichsetzen. Argumentation sollte schon auch konsistent sein.

Ähnlich hat übrigens z.B. auch Jochem Marotzke letztes Jahr im Interview in der Lage argumentiert. Es ist also nicht so, dass ich hier eine Meinung vertrete die Wissenschaftler nicht haben.

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Die Frage ist doch: streitet man ab, dass es solche Ereignisse durch den Klimawandel vermehrt gibt?
Wenn man das nicht abstreitet, darf man ein Ereignis, das vom Ergebnis her gleich ist, als Beispiel der Folgen des Klimawandels heranziehen.

Nur weil man es als real sieht, dass sich solche Ereignisse häufen ist es noch lange nicht seriös auch ein einzelnes Ereignis als direkte Folge des Klimawandels zu bezeichnen.

Korrekt wäre zu sagen, dass sich solche Ereignisse wie z.B. das Ahrtal als Folge des Klimawandels häufen. Und genau so kommunizieren es auch viele seriöse Wissenschaftler der Klimaforschung.

Warum ist es überhaupt wichtig zu sagen der Klimawandel sei direkt Auslöser des Unwetters im Ahrtal oder eines anderen spezifischen Ereignisses?

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Natürlich ist die Politik nicht für ein konkretes Extremwetterereignis verantwortlich.
Man kann aber schon vorwerfen, dass die Politik nicht vorausschauend (Wissenschaft weißt ja schon lange drauf hin) genug handelt und grundsätzlich zu wenig getan hat, um das Klima zu schützen und somit diese Ereignisse unwahrscheinlicher und weniger extrem werden zu lassen. Wenn dann noch weiter an der Geschwindigkeitsfreiheit (als ein Beispiel für low hanging fruits) festgehalten wird, kann man auch hier vorwerfen, dass die Zeichen der Zeit anscheinend immer noch nicht erkannt werden.

Der zweite Punkt (für mich auch Klimapolitik) den man der Politik vorwerfen kann ist die unzulängliche Vorbereitung auf solche Ereignisse. Wenn man doch weiß, dass solche Ereignisse häufiger und extremer werden, wieso werden dann Einsparungen im Katastrophenschutz gemacht (siehe Bayern), wieso werden Deiche und Rückhaltebecken nicht ertüchtigt, etc.

Die Argumentation „mit eurer Politik schützt ihr uns zu wenig“ legitim. Gerade bei dem zweiten Punkt ist der Zusammenhang zu „sowas hätte verhindert werden können“ sehr wohl gegeben. Nicht in Gänze, aber das Ausmaß definitiv

Wobei es eben absolut unseriös ist einzelne Maßnahmen, noch dazu solche mit Global wenig Anteil, direkt mit einem Ereignis und dessen schwere in Verbindung zu bringen. Vor allem weil alles was wir heute tun könnten keinen Einfluss auf die Ereignisse der nächsten Jahre haben wird, sondern Teil einer langwierigen Entwicklung ist. Das ist dennoch wichtig aber es wäre falsch zu sagen ein Tempolimit hätte was am Ahrtal geändert.

Das ist natürlich ein Punkt den man kritisieren darf und auch muss.

Nochmal als Zusammenfassung:
Ich will nicht, dass man die Politik nicht kritisiert und auch nicht, dass man so tut als wäre die Gesamtheit der Extremwetterereignisse unabhängig vom Klimawandel. Ich kritisiere nur das direkte verknüpfen, welches eben auch viele Klimawissenschaftler so als unseriös bezeichnen.

Es ist rein wissenschaftlich gesehen ein riesiger Unterschied ob wir über allgemeine Wahrscheinlichkeiten reden oder über konkrete Ereignisse.

Edit:
Zudem kann der Schuss zu sagen man könne solche Ereignisse mit mehr Maßnahmen abmildern würde wohl schnell nach hinten losgehen, wenn dann weitere Maßnahmen folgen, die Extremwetterereignisse aber weiter stärker und häufiger werden, weil Klimaschutz eben keine Sache ist bei der man mit schnellen Erfolgen rechnen kann. Vor allem weil selbst eine sofortige Reduzierung der Emissionen auf Null nicht mal den Status Quo erhalten würde sondern lediglich die Entwicklung ab der nahen Zukunft einfrieren würde.

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