Klimaklagen auf kommunaler Ebene | Präzedenzfall Klimaentscheid Bayreuth?

In der vorletzten Podcast-Folge sprechen Ulf und Philip in einem kurzen Nebensatz über das Thema Klimaklagen und die Erwartung, dass dem Bundesverfassungsgerichtsurteil zum Schutz der Rechte junger Generationen bald ein Urteil über konkrete Maßnahmen folgen könnte, welches den Anspruch erhebt, die Klimaneutralitätsziele mit realistischen Umsetzungsplänen zu fundieren.

Am Ende scheint mir die Umsetzung dieser Ansprüche in einem förderalen System doch besonders abhängig von der Umsetzung in der Lokalpolitik.

Dem zum Anlass wollte ich gerne versuchen, die Aufmerksamkeit auf den Klimaaktivismus auf kommunaler Ebene sowie insbesondere unserem Bayreuther Klimaentscheid und die dort laufende Klage zu lenken. So wie es in Berlin zum Beispiel gerade mit einem Volksbegehren losgeht, sind wir in Bayreuth bereits zwei Jahre in diesem politischen Prozess eines Bürgerbegehrens für pariskonformen kommunalen Klimaschutz.

Wir haben ein Bürgerbegehren organisiert, welches durch eine eingereichte Unterschriftensammlung einen Bürgerentscheid über die Frage Klimaneutralität 2030 sowie einen „konkreten und verbindlichen Maßnahmenplan“ zur Umsetzung fordert.

Die Stadt Bayreuth hat unsere Forderung für materiell unzulässig erklärt (Forderung zu unbestimmt und zu hohe Belastung des kommunalen Haushalts). Wir haben dagegen Klage beim Verwaltungsgericht Bayreuth eingereicht (Link zur Stellungnahme auf der Website des Klimaentscheids). Daraufhin gab es eine Klageerwiderung, zu der wir in den nächsten Tagen Stellung nehmen müssen.

Laut juristischer Expert*inneneinschätzung gab es diesen Fall in Deutschland noch nicht und der Ausgang ist offen. Im Falle einer Niederlage kommen natürlich erhebliche Kosten auf uns zu – wir hoffen jedoch dank der fleißigen Juristin, die ihre Freizeit für uns opfert und unsere Stellungnahmen verfasst, auf einen guten Ausgang. Gleichzeitig versuchen wir uns durch Spenden und rentable Veranstaltungen zu finanzieren.

Ich glaube, dass eine generelle öffentliche Diskussion zum Thema Klimaschutz auf kommunaler Ebene im Podcast und auch hier im Forum wichtig und interessant sein kann, weil die Sorgen und Notwendigkeiten vor Ort divers und anders sind als in den Großstädten oder im Bund. Gleichzeitig wäre es auch schön, den mühsamen lokalen Bemühungen zur Klimaneutralität in den Kommunen ein wenig Aufmerksamkeit zu schenken.

In loser Zusammenarbeit mit GermanZero gibt es deutschlandweit mehr als 70 Klimaentscheide. (https://germanzero.de/was-wir-tun/klimaentscheide) Ein positives Beispiel im Gegensatz zu Bayreuth ist die Stadt Lüneburg, in welcher das Bürgerbegehren zur Klimaneutralität 2030 angenommen wurde.

Wir wären sehr dankbar für ein wenig Aufmerksamkeit beim Bohren der dicken Bretter in den weniger progressiven Kommunen.

Herzliche Grüße, Till - aus dem Team des Klimaentscheid Bayreuth

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Hier ist ein Artikel über die Klage des Klimaentscheids:

Im Zusammenhang damit, wäre es auch sehr spannend zu thematisieren, welche Probleme es in der Zusammenarbeit von Bund-, Ländern- und Kommunen gibt.
Wie Linder ja bereits in der letzten Folge gesagt hat, werden viele Fördermittel, die der Bind bereit stellt von den Kommunen gar nicht abgerufen. Die Zusammenarbeit von Kommunen und Bund ist aber essenziell, damit Deutschland klimaneutral wird. Kommunen haben einen direkten Einfluss auf Stadtwerke (Strom&Gas, Wäremenetze), bieten Energieberatungen an, müssen den ÖPNV und das Straßennetz umstrukturieren, haben Einfluss auf die eigenen Liegenschaften, die Emissionen im Abfall-Sektor etc. Damit haben Kommunen eine essentielle Rolle. Wenn nur der Bund Klimapolitik macht, reicht es eben nicht. Es braucht ein Zusammenspiel.
Beispielsweise könnte Klimaschutz zu einer kommunalen Pflichtaufgabe werden.

Dieser Aspekt wird jedoch aktuell weder von Politik noch von Medien ausreichend beleuchtet.

Die Klimaentscheide von GermanZero (wie z.B. der Volksentscheid in Berlin) versuchen daher die Städte zum handeln zu bewegen.

Die Klage des Klimaentscheid Bayreuth ist sicherlich ein weiterer interessanter Aspekt. Auch weil es die erste kommunale Entscheidung solcher Art sein wird und ggf. das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 30.04.2021 auf Kommunen anwenden könnte.

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Es liegt zum einen daran, das die Förderung nie zu 100% ist, sondern ein Teil der Kosten von den Kommunen übernommen werden muss. Zum anderen haben viele Kommunen, vor allem wenn sie tendenziell weniger Geld haben, in den letzten Jahren Personal abgebaut, auch im Bereich Fördermittelbeschaffung. Die Anträge sind teilweise recht komplex, wofür entsprechend Personal benötigt wird (keine Juristen, aber Verwaltungsbeamte des gehobenen Dienstes wären schon gut). Deswegen steht entsprechend niemand zur Verfügung, der sich ein Bild über die Verfügbaren Fördermittel macht, die Fachbereiche sensibilisiert und die Anträge erstellt.