Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion

Hallo allerseits und vor allem hallo liebes Lage-Team,
ich bin sicher, dass ihr auch schon darauf aufmerksam geworden seid und vermutlich plant ihr ohnehin, darüber zu berichten, aber ich möchte pro forma einmal auf die aktuelle kleine Anfrage der Unionsfraktion (vom 24.02.2025) verweisen: https://dserver.bundestag.de/btd/20/150/2015035.pdf
Darin heißt es einleitend:

„Deutscher Bundestag Drucksache 20/15035
20. Wahlperiode 24.02.2025
Kleine Anfrage
der Fraktion der CDU/CSU
Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen
Die Frage nach der politischen Neutralität staatlich geförderter Organisationen
sorgt aktuell zunehmend für Debatten. Hintergrund sind Proteste gegen die
CDU Deutschlands, die teils von gemeinnützigen Vereinen oder staatlich finan-
zierten Organisationen organisiert oder unterstützt wurden. Dies wirft die Frage
auf, inwiefern sich gemeinnützige Vereine, die zusätzlich noch mit Steuergel-
dern gefördert werden, parteipolitisch betätigen dürfen, ohne ihren Gemeinnüt-
zigkeitsstatus zu gefährden.
Laut der Abgabenordnung ist eine Körperschaft gemeinnützig, wenn sie ge-
meinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt und dabei nicht partei-
politisch agiert. Nach Auffassung der Fragesteller stellen die Proteste gegen die
CDU Deutschlands eine gezielte parteipolitische Einflussnahme unmittelbar
vor der nächsten Bundestagswahl dar, was nicht mehr vom Gemeinnützigkeits-
recht gedeckt ist. Auch erscheint es den Fragestellern zweifelhaft, dass etwaige
Förderprogramme, die die betroffenen Vereine in ihrer gemeinnützigen Arbeit
unterstützen sollen, ihren Zweck erfüllen. Ein Beispiel ist das Bundespro-
gramm „Demokratie leben!“, dass einige Organisationen finanziell fördert, die
an den Demonstrationen beteiligt waren.“

Dieses Vorgehen der Union unmittelbar nach der Wahl und wissend, dass sie wohl mit der SPD werden koalieren müssen, finde ich extrem erschreckend - es ist eine Einschüchterung, Delegitimierung, Diffamierung demokratischen Protestes und ein Angriff auf die Zivilgesellschaft. Noch finde ich nicht viel Berichterstattung zum Thema, was ich ebenfalls erschreckend finde - aber vielleicht folgt das ja noch.
Ich habe ein akutes Bedrohungsgefühl à la „Es geht los.“ und wäre sehr froh, wenn ihr darüber berichten und das ganze einordnen würdet.

EDIT: Es sind insgesamt 551 Fragen in dem Katalog enthalten - schon quantitativ recht erdrückend. Es ist schwierig, da die krassesten Beispiele rauszusuchen. Aber als ein, recht willkürlich gewähltes, Beispiel, heißt es dort etwa:
„63. War der Verein Omas gegen Rechts Deutschland e. V. nach Erkenntnis-
sen der Bundesregierung in der Vergangenheit an politischen Kampag-
nen beteiligt und wenn ja, welche?
64. Gibt es Belege dafür, dass der Verein Omas gegen Rechts Deutschland
e. V. einseitige Narrative in politischen Debatten fördert, und wenn ja,
welche?
65. Wie beeinflusst der Verein Omas gegen Rechts Deutschland e. V. die
mediale Berichterstattung über politische Themen?“
Das klingt schon sehr nach Musk’scher Rhethorik, finde ich.

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Gemeinnützige Vereine und politische Arbeit sind seit dem Attac-Urteil 2019 (Entziehung der Gemeinnützigkeit wegen Demos gegen Kapitalismus) ein heißes Thema. Die GFF hat zu dem Thema auch eine ganz gute Handreichung:

Was ich besonders absurd finde: Die Konrad-Adenauer-Stiftung (und vermutlich auch alle anderen, parteinahen Stiftungen) sind natürlich als gemeinnützig anerkannt (und als eingetragene Vereine organisiert).

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Gelistet sind:
Foodwatch
Animal Rights Watch
Oma gegen Rechts
CORRECTIV
Campact
Attack
Amadeu Antonio Stiftung
Petra
Dezernat Zukunft
Deutsche Umwelthilfe
Agora Agrar & Energiewende
Greenpeace
BUND
Netzteil Recherche
Verein neue deutsche Medienmacher*innen
Delta1
Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit

Es fehlt:
Bund der Steuerzahler
Verein Familienunternehmen
Bauernverband

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Auf das Attac-Urteil nehmen sie tatsächlich explizit Bezug, in den Fragen Nr. 9 und 10:
„9. Wurde der Attac-Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 10. Dezember
2020, V R 14/20 auf Sitzungen der Steuerabteilungsleiter oder Referats-
leiter von Bund und Ländern besprochen und wenn ja, wann und mit
welchem Ergebnis?
a) Gab es dazu eine abgestimmte Haltung zwischen Bund und Ländern
dazu?
b) Beabsichtigt oder beabsichtigte die Bundesregierung die Geltung des
Attac-Beschlusses durch „Nichtanwendungsgesetzgebung zu än-
dern?
c) Gab es eine interministerielle Arbeitsgruppe oder interministerielle
Sitzungen zur Änderung der Abgabenordnung hinsichtlich der Ge-meinnützigkeit von Körperschaften, die sich allgemeinpolitisch betä-
tigen?
Gab es Gesetzgebungsentwürfe, und falls ja, welche?
10. Hat die Bundesregierung eine Stellungnahme zum Bundesverfassungs-
gerichtsverfahren von Attac gegen den BFH-Beschluss abgegeben, und
wenn ja, mit welchem Inhalt?“

Ich schätze, es ist recht klar, was hier insinuiert werden soll…

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Jetzt legen CDU-Landesverbände nach.
Ich frage mich langsam, ob die CDU tatsächlich noch unsere demokratischen Grundwerte teilt, wenn man sieht, wie überall an Demokratieförderprojekten gespart und gleichzeitig Rechtsextremismus kaum thematisiert wird. Mich beunruhigt diese Entwicklung zutiefst.

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Im „Einspruch“-Podcast der FAZ (höre ich auch - manchmal tut es ein bisschen weh, meistens aber lerne ich was) hat zuletzt Prof. Ferdinand Kirchhof (ehem. VP des BVG) zu dieser Sache einen tatsächlich bedenkenswerten Standpunkt vorgebracht: es sei ein ungeregelter Zustand, eigentlich ein Missstand, dass die jeweiligen Regierungsmehrheiten über die Förderung von NGOs entscheiden. Die gebotene politisdhe Neutralität sei deswegen nicht garantiert, so wie es für öffentlich geförderte Organisationen nach der Verfassung vorgeschrieben sei. Er schlägt vor, die Förderentscheidungen einem zu schaffenden Gremium zu übertragen, ähnlich dem Rundfunkrat.

Wäre dem Gefühl nach schön gewesen, wenn er die „kleine Anfrage“ richtig in die Pfanne gehauen hätte, aber es ist durchaus erhebend, von enttäuschten Wünschen abzusehen und plausible fremde Standpunkte sich zu eigen zu machen.

Anstatt dieses beleidigten Schmierentheaters nach eigenem Verschulden hätte die CDU/CSU eigentlich die defizitäre Gesetzeslage längst kritisieren sollen!

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Für alle die, die sich nach nicht staatlichen Förderungen umsehen müssen, denen empfehle ich die (aktuelle) Ausgabe von www.netzwerk-selbsthilfe.de aus Berlin:

https://netzwerk-selbsthilfe.de/bestellen/

Dort bekommt man viele Stiftungen und ihre Stiftungsziele angezeigt, wer wo wie Anträge stellen darf.

Vielleicht hilft es ja hier und da.

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Der Vollständigkeit halber, hier noch die offizielle Antwort der Bundesregierung auf die ursprüngliche Anfrage der CDU/CSU-Fraktion, um die es hier geht:

Eine Zusammenfassung dazu gab es z.B. bei der Tagesschau:

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Und für alle die, die sich immer weniger von staatlicher Förderung abhängig machen können/wollen, hier ein Tipp zu dem Stiftungsband der Netzwerks Selbsthilfe aus Berlin:

Die neuen Fördertöpfe sind da! | Netzwerk Selbsthilfe Berlin

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