Kirchensteuerstelle am Finanzamt

Hallo liebes Lageteam,

Nach der Wiedervereinigung haben die Berliner Kirchen eine Art „Rasterfahndung“ betrieben um Menschen zu finden, die zwar Getauft aber ihren Kirchenaustritt nicht „formvollendet“ vollzogen haben. Formvollendet meint hier, dass sie diesen Austritt oder die nicht-Mitgliedschaft nicht nachweisen können. (Links: Spiegel+, Freitag, IfW)

Hierbei schreiben Sie in der Funktion der „Kirchensteuerstelle am Finanzamt Berliner Stadtteil“, geben sich behördlich und fordern in einem Formblatt privateste Daten an. (z.B. Straße des Geburtsort).

Dasselbe Verfahren scheinen sie auch bei Expats (Link: Ein Franzose schreibt in der HPD) anzuwenden.

Ich selbst (55) bin mit 20 aus der Kirche ausgetreten, habe in verschiedenen Bundesländern gearbeitet und bin vor ein paar wenigen Jahren nach Berlin gezogen. Nie hatte ich Nachfragen nach meiner Kirchenzugehörigkeit. Diesen Monat habe ich ein Schreiben derselben Machart der „Kirchensteuerstelle am Finanzamt Wedding“ erhalten. Ich habe dann beim Finanzamt selbst angerufen und wollte wissen, aus welchem Grund das FA die Kirchensteuerstelle informiert habe, das mein Status unklar sei:

  • Der erste Telefonkontakt hat mir mitgeteilt, dass ich zu diesem Thema mit der Kirchensteuerstelle sprechen müsse. Ich habe freundlich und bestimmt darauf hingewiesen, dass ich sozusagen der Informationskette nachspüren möchte, und die fängt nun mal im Finanzamt an. (Zitat aus dem Anschreiben: „durch die steuererhebende Stelle sind wir informiert worden, dass…“). Er hat mich dann rigoros „abgewürgt“ und mit der Kirchensteuerstelle verbunden.
  • Ich landetet in der Zentrale des Finanzamtes und wurde dann mit einer zugänglicheren Mitarbeiterin verbunden, die mir die Auskunft gab, dass es keinerlei Probleme mit meinem Stammdatensatz gibt.
    Außerdem gebe es auch keine „Signale“ im Sinne von Markierungen, die ein Weiterleiten meiner Daten an die Kirchensteuerstelle hätten auslösen können.

Für mich sieht das Auftreten und Verfahren dieser Kirchensteuerstelle sehr shady aus. Es gibt noch ein Gutachten der IfW von einem Prof. Dr. Alexander Roßnagel aus 2020. Mir fehlt die juristische Bildung um die Aussagekraft dieses Gutachten einschätzen zu können.

Vielleicht ist das ja mal ein Thema, dass euch interessieren könnte.

Viele Grüße und Danke für euren Podcast

indux

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Mich hat meine Kirchensteuerstelle auch angeschrieben. Ich bin nie Mitglied der Kirche gewesen. Wie die auf die Idee gekommen sind, ich könnte Kirchenmitglied sein, ist mir völlig unklar. Ich meine mich zu erinnern, dass sie auch gefragt haben in welcher Straße meine Eltern gewohnt haben als ich geboren wurde. Kein Plan, woher ich das wissen sollte, ich kann mich an meine Geburt so schlecht erinnern ;).

Die sind da in Berlin glaub ich allgemein sehr hinterher, Geld in Form von Kirchensteuer einzutreiben…

Müsste die Kirche nicht vielmehr nachweisen, DASS man Mitglied ist?

Das sollte man meinen. Mein Eindruck ist jedoch, dass sie durch den behördlichen Anschein ihres Formulars und des Anschreibens die Menschen in einen Fehler führen wollen, indem sie Zugeben getauft zu sein. Dann könnten Sie Argumentieren: „Augenscheinlich bist Du Mitglied und Kirchensteuerpflichtig“. Das Gegenteil zu beweisen würde zumindest mir schwerfallen, da ich den Wisch vom Amtsgericht sicher nicht mehr habe und ein Ersatzdokument wahrscheinlich nach 30 Jahren auch nicht mehr zu besorgen sein dürfte.
Wenn Euch die Form und der Inhalt des Anschreibens interessiert, kann ich die gerne geschwärzt einmal hochladen. Man findet die aber auch durch Googeln.

Schrägerweise wird man auch bei Gewinnausschüttungen aus Firmen seit einigen Jahren (zumindest in Berlin) unter den Verdacht der Kirchenmitgliedschaft gestellt und muss extra melden bzw. nachweisen (Details habe ich verdrängt), dass dies nicht zutrifft, sonst ist die Firma erstmal verpflichtet, diese Steuer abzuführen, obwohl das KSt-Merkmal den Finanzbehörden ja eigentlich bekannt ist.

Wenn die Kirchen behandelt würden, wie andere Vereine, müssten sie ihre Mitgliedsbeiträge auch selber eintreiben und es gäbe das Problem gar nicht…

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Das ist dann ja nahezu konsequent. Gewinnausschüttungen landen am Ende ja bei natürlichen Personen und für die Kirche gäbe es, wenn diese Personen in die Falle tappen, etwas abzuschöpfen.