KfW u.Minister Habeck: Stop für energieeffizientes Sanieren und Bauen

Das ist wirklich richtig schlecht. Vor allem weil so sinnlose Flächenversiegelung statt findet oder Gebäude mit guter Substanz abgerissen werden.

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Robert Habeck ist Minister für Wirtschaft und Klimaschutz - vermutlich nach eigener Auffassung in dieser Reihenfolge. Bei einer drohenden Rezession ist also wichtiger dass der Wirtschaftsstandort angekurbelt wird - und gekurbelt wird durch Abreissen und Neubauen mehr als nur durch sanieren.
Gibt auch hübschere Fototermine her.

Warum soll der Aufwand denn absurd sein? Wenn man ohnehin die gesamte Gebäudehülle anfasst (und ohne das würde man bei einem Altbau auch Effizienzhaus 70 kaum erreichen), dann ist der Mehraufwand doch trivial. Für die Fassade sind es ein paar cm zusätzliche Dämmung (oder der Umstieg auf ein Dämmmaterial mit niedrigerem U-Wert). Was dagegen herausfordernd sein kann: Aufstellung des Wärmeerzeugers innerhalb der Gebäudehülle und Lüftungsanlage. Aber auch das müsste bei so einer (nahezu) Komplettsanierung in den meisten Fällen machbar sein.

Aber: Wer saniert schon ein Gebäude von oben bis unten in einem Zug? Das findet allenfalls beim Eigentümerwechsel statt, wenn der neue Eigentümer ordentlich Zeit und Knete hat. So ein Projekt geht ja auch nicht mehr mit einem einzelnen Gewerk/Handwerker, sondern man muss jemanden für die Fassade, für die Fenster, für das Dach, für die Haustechnik, etc. auftreiben und koordinieren.

Sowas passiert einem Haus vielleicht alle 100 Jahre mal. Ansonsten werden die Eigentümer eher punktuell Maßnahmen umsetzen, wenn sie jeweils notwendig werden. Bei der Förderung der Einzelmaßnahmen scheint mir daher der größte Hebel zu liegen.

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Da hast du jetzt aber ein paar Meinungen wie Fakten aussehen lassen :wink:. Leider ist es aber wie so oft nicht so einfach.

Hintergrund: wir wollen unseren Hof auf EH85 sanieren und arbeiten da seit 2 Jahren drauf hin.

Mir würde mein Energieberater abspringen, wenn ich in Richtung EH55 wollen würde, weil es schlicht Wahnsinn ist. Wir reizen für EH85 bereits die verfügbaren Dämmstärken der nachhaltigen Baustoffe aus (bspw. 24cm Holzfaserplatten auf dem Dach) und erreichen mit einem Kapitaleinsatz von 2000 € pro m2 den EH85 sicher aber auch nicht mehr.

Für ein EH55 müsste man praktisch eine neue Gebäudehülle errichten, weshalb der Abriss und Neubau dann wirtschaftlicher wäre, aber natürlich eine Katastrophe aus Klimaschutz-Perspektive.

Deine Argumentation zu den Einzelmaßnahmen entkräftet sich übrigens selbst, da - wie du sagst - die Umstände eines Vorhabens ganz andere sind wenn es sich um Einzelmaßnahmen dreht. Demzufolge macht ein „entweder oder“ natürlich keinen Sinn.

Ich befürchte, dass der Schwerpunkt der Förderung nun noch stärker zum Neubau verschoben wird und wir hier dem Klimaschutz einen Bärendienst erweisen. Natürlich dürfte die Lobby im Neubaubereich deutlich besser aufgestellt sein. In der Sanierung sind es vermutlich mehr private Bauherren. Politisch sollte man aber, meiner Meinung nach, den größeren Idealismus und das Herzblut der privaten Bauherren nicht ausnutzen indem man darauf setzt, dass diese auch ohne Förderung energetisch sanieren.
Wir müssten auf jeden Fall mindestens auf EH100 zurück, sollte die Förderung wegfallen.

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Aber warum denn Holzfaser als Dämmstoff nehmen, das ist doch sehr eigenwillig. Warum denn nicht EPS, oder auch PUR?

Extrembeispiel: PUR-Platten als Aufsparrendämmung, dann nochmal die Sparren mit normaler MiWo ausdämmen. Damit sollte der für 55er Standard geforderte Wert U ≤ 0,14 W/(m² K) leicht zu erreichen sein. (Mit 24 cm Holzfaser seid ihr nun vermutlich auch nicht weit weg, so um die 0,16 bis 0,17, schätze ich.)

Aber für optimale Dämmwirkung braucht es halt dafür optimierte Baustoffe. Holzfaserplatten, die ja auch nicht billig sind, würde ich nur nehmen, wenn es maßgeblich auch um Schallschutz geht. Da hilft das „Plastikzeugs“ mit seinem geringen Gewicht natürlich nicht. Aber wenn es um reine Wärmedämmung geht, dann nimm doch das dafür optimale Material. Boden und Wände deiner Dusche werden ja auch nicht aus Holz sein, nehme ich an :slight_smile:

Das Standard-Gebäude mit massiver Außenwand (keine vorgesetzte Klinkerwand und ähnliche Spezialfälle) bekommt einfach um die 20 cm EPS (WLS32) von allen Seiten und man hat die 55er Vorgabe von U ≤ 0,20 W/(m² K) für die Außenwand erreicht. Vor ein paar Jahren hätte man da halt ~10 cm Dämmung auf das Mauerwerk geklebt, nun sind es ~20 cm. Oder, wenn man Richtung Passivhaus will, auch ~30 cm.

Es kostet ein Schweinegeld, die Fassade, die Fenster, das Dach, etc. machen zu lassen - keine Frage. Aber mit den heutigen Dämmstoffen ist es - aus meiner Sicht - wirklich kein Problem, alle Vorgaben für den 55er Standard einzuhalten (bei einem typischen Gebäude). Wenn man die ganzen Sowieso-Kosten abzieht, ist das Upgrade von 15 auf 25 cm Dämmstoffstärke auch wirklich nicht das Problem.

Wer dagegen aus ideologischen Gründen kein „Plastik“ haben will und MiWo auch nicht mag (wie es eventuell bei dir der Fall ist), der kommt so natürlich nicht weit.

:blush: Ja, du hast natürlich einen Punkt, dass es Alternativen gibt, aber nachhaltig sind die halt nicht. Mir ist zumindest nicht bekannt, wie mit diesen Baustoffen die Entsorgung umweltverträglich funktionieren würde.
Dazu kommen weitere Probleme wie Diffusionsoffenheit und Brandschutz… Aber natürlich kann man den Styropor-Weg gehen, schon richtig.

:sweat_smile: Fair enough! Allerdings habe ich im Bad tatsächlich einen alten Holz-Dielenboden anstatt Fließen :wink:.
Um den Bogen zu den Förderungen zurück zu spannen. Ich würde mir wünschen, dass CO₂-Bilanz und die generelle Umweltverträglichkeit der Baustoffe in die Förderkriterien integriert werden.

Ich kann natürlich nur von meinem Fall ausgehen, hier reden wir von existierendem Bruchstein sowie Ziegel/Mischmauerwerk-Wänden. Im EG 60-80cm stark und im OG 40cm. Aktuell planen wir 14cm MiWo. Wenn ich hier 20 oder 30cm PUR aufkleben würde, hätte ich Wanstärken von 70-100cm und einen Lichteinfall wie in einer Ritterburg :european_castle:.
Dazu kommt hier wieder das Thema Diffusionsoffenheit. Unser Haus hat keine Bodenplatte und keine Horizontalisolierung. Nachträgliche Horizontalisolierung ist im Bruchstein praktisch nicht machbar. Zum Glück steht das Grundwasser tief genug und wir haben nicht viel Feuchtigkeit in der Wand, sodass die verbleibende Feuchtigkeit bei MiWo diffundieren kann. Bei 30cm PUR diffundiert nichts mehr weg.

Sollten wir den Versuch umweltverträgliche Baustoffe zu verwenden wirklich als „ideologisch“ abtun. Ich finde bspw. auch @Gabriele_S Ansatz super und finde sowas sollte die Förderung honorieren:

:+1:

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Ich glaube, man hat dir da einen Floh ins Ohr gesetzt, der keine rationale Basis hat.

Die Dämmung deines Haus - fachgerechte Ausführung vorausgesetzt - gehört zu den langlebigsten Anschaffung, die du jemals tätigen wirst. Warum sollte das Zeug jemals wieder von der Wand, solange das Haus steht? Dass wir heute EPS-Fassaden abreißen, liegt ja nur daran, dass vor ein paar Jahrzehnten nach heutigen Maßstäben lachhafte Dämmstoffdicken verbaut wurden. Heute dagegen liegen wir beim Maximum, das physikalsich sinnvoll ist. Von selbst auflösen wird sich das Material auch nicht, solange es unter dem Putz vor direkter Bewitterung (vor allem Sonneneinstrahlung geschützt ist). Was nach Jahrzehnten passieren könnte, wäre ein Versagen des Klebers. Aber dann wäre ein Dübeln die bessere Abhilfe, als die Fassade komplett zu erneuern.

Und wenn es mal zur Entsorgung kommt, dann wird es in der Müllverbrennung landen. Genauso wie auch die Holzfaserplatten. Wenn flammhemmende Chemikalien im Dämmstoff sind, muss es halt eine besondere Müllverbrennung sein. Aber verbrannt wird es in jedem Fall. So wie ein Großteil des übrigen Krams, den wir wegwerfen.

Kurzum: wenn es keine bauphysikalischen Gründe gibt, warum EPS nicht in Frage kommt, dann gibt es gar keine rationalen Gründe.

Da PUR einen deutlich besseren Dämmwert aufweist als MiWo, wäre der Einsatz hier eher sinnvoll, um bei gleichem U-Wert mit z. B. 10 cm Dämmstoffstärke hinzukommen. 30 cm PUR wäre wirklich Wahnsinn. Das Zeug ist ja auch teurer als EPS und MiWo.

Das ist nun ein echtes bauphysikalisches Argument. Aber warum hier mehr als die z. B. ersten 1 m ab Geländeoberkante mit MiWo dämmen? Dann kann von unten aufsteigende Feuchtigkeit da raus und oben drüber sackst du mit EPS einen besseren Dämmwert ein.

Gerade überschlagen: Die 14 cm MiWo-Dämmplatte liefert dir im besten Fall (032er WLG) einen U-Wert von 0,22. Damit wärst du schon du bis auf 10% an die 55er Vorgabe ran. Wenn du an anderer Stelle an der Fassade etwas besser dämmen kannst mittels anderem Dämmstoff oder etwas mehr Dicke, dann landest du in der Summe genau da, wo dich der 55er Standard haben will. Das wäre also - vermutlich - auch bei dir keine Herkulesaufgabe.

Bei unserem Bau haben wir den kompletten Katalog an Dämmstoffen zum Einsatz gebracht: XPS/EPS, PUR, MiWo, Holzfaserdämmplatten - je nachdem, was sinnvoll bzw. notwendig war. So erreichten wir 40er Standard, obwohl wir an ein paar Stellen aus baulichen Gründen mit lediglich 10 cm Dämmstoffstärke hinkommen mussten. Da kam notgedrungen PUR zum Einsatz. Dafür liegen dann auf dem Dach ~40 cm EPS. Und in Richtung der lauten Durchgangsstraße haben wir schön schwere Holzfaserdämmplatten :slight_smile:

Aber was ich eigentlich sagen will: Wenn man bereit ist, das zum Einsatz zu bringen, was jeweils bauphysikalisch sinnvoll ist, dann sind die Dämmwerte nach 55er Standard kein großes Hindernis. Die Notwendigkeit, in ein (kleineres) Bestandsgebäude noch eine zentrale Lüftungsanlage sowie den Wärmeerzeuger reinzupuzzeln, sehe ich als das größere Problem an.

Gute Nachrichten! Das Team Bürgerdialog hat mit auf Youtube :sweat_smile: folgendes geantwortet (Pressestatement zum Thema der Gebäudeförderung - YouTube)

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Hierzu möchte ich noch kurz kommentieren auch wenn sich das Problem zum Glück inzwischen gelöst hat:

Ja, genau das Verbrennen ist ja das Problem: CO2 wird freigesetzt und im Fall von Plastikdämmstoffe stammt der Kohlenstoff aus Erdöl, das davor sicher unter der Erde eingelagert war.
Bei Holzprodukten wurde der Kohlenstoff durch Nutzung von CO2 aus der Atmosphäre im Holz eingelagert.
Im ersteren Fall erhöhst so also bei der Verbrennung den gesamt CO2 Gehalt der Atmosphäre, bei Holzprodukten ist es ein Kreislauf und es wird nur das zuvor eingelagerte CO2 wieder in die Atmosphäre entlassen.
Bis zu diesem Zeitpunkt der Verbrennung ist ein Holzhaus somit sogar ein CO2 Speicher, der hilft, der Atmosphäre CO2 zu entziehen.

Ganz so einfach finde ich deshalb nicht, kurzerhand Plastikisolation zu verwenden. Deshalb bin ich auch voll dafür, cradle-to-cradle Rechnungen des CO2 Ausstoßes der Baumaterialien und damit den gesamten CO2 Fußabdruck durch ein Haus (Materialien plus Lebensdauer Nutzung) als Förderkriterium zu verwenden, wie es zukünftig wohl auch sein soll.

Mit einem Holzhaus können auch unabhängig von diesen unterschiedlichen Quellen des CO2 und unter Berücksichtigung des CO2 Ausstoßes über den gesamten Lebenszyklus (inklusive Verbrennen an Ende) je nach Bauweise in der Konstruktion zwischen 35% und 56% CO2 Emissionen im Vergleich zu einem normalen Einfamilienhaus eingespart werden, im Innenausbau durch Verwendung von Holz immerhin weitere 10-21% [Vortrag Frau Prof. Annette Hafner im Holzforum Allgäu vom 25.03.2021].

Zugleich macht laut einer Untersuchung des Umweltbundesamtes (Texte 132/2019, https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2019-10-29_texte_132-2019_energieaufwand-gebaeudekonzepte.pdf) deutlich, dass auch bei ökooptimierten Varianten der Energieaufwand der Konstruktion in Form vom zugehörigen Treibhauspotential den größten Anteil an dem Treibhausgaspotential des Gebäudes hat (Abbildung 28, Beispiel EnEV 2016 Gebäude): ca. 20% Energieaufwand Gebäudebetrieb, ca. 35% Energieaufwand Nutzerstrom und ganze 45% entfallen auf den Energieaufwand der Konstruktion. Im Detail habe ich die Schrift noch nicht gelesen, aber sie scheint sehr interessant.

In meinen Augen sollte man also schlichtweg nicht unterschätzen, welche große Rolle die Konstruktion und verwendeten Materialien im Vergleich zu der Energieeinsparung im Betrieb spielt.

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Richtig. Aber man mache sich mal die Materialmenge klar, von der wir hier reden:

Die typische Dämmplatte aus EPS hat ein Gewicht von 15 kg pro Kubikmeter. Bei 20 cm Dämmstoffstärke also 3 kg pro m2 gedämmter Wand. Wir reden also von ungefähr einer Tonne „Plastik“ für ein ganzes Einfamilienhaus. Wenn dieses von vier Durchschnittspersonen bewohnt wird, fällt allein durch deren Konsum jährlich über 100 kg Plastikverpackungen als Abfall an. Schaut man sich den ganzen Kunststoffabfall an, dann liegen wir sogar bei fast 100 kg pro Kopf und Jahr. Sprich: Der zusätzlich Kunststoffabfall durch das Erneuern von Dämmungen alle 50 bis 100 Jahre fällt nicht ins Gewicht.

Und zu guter Letzt: aktuell und bis auf weiteres ersetzt die Müllverbrennung den Betrieb von Kraftwerken auf Basis von Erdgas oder Kohle.

Sollten wir eines Tages so weit sein, dass wir tatsächlich nur noch das Erdöl verbrennen, welches wir zuvor in Form von Kunststoffprodukten genutzt haben, dann kann man diese Diskussion ernsthaft führen. Der Weg dahin ist aber sehr, sehr, sehr weit.

Unter dieser Perspektive habe ich das bisher noch nicht gesehen. Stimmt, in dieser Logik fällt durch das Haus „nur“ etwa 2,5-5% mehr Plastikmüll an (für die Isolierung), wenn man von 4 Personen im Haus und deinen Zahlen ausgeht. Bei unserem Bau und ca. 5 Personen komme ich auf 3,2%-6,4% mehr Plastikabfall über 50 - 100 Jahre, wenn man von diesen 100 kg/Person und Jahr ausgeht.[1, siehe unten] Für mich persönlich gehe ich von einem geringeren Plastikaufkommen aus, da wir dieses wo möglich heute schon vermeiden.[2, siehe unten]

Das sehe ich anders, denn bei dem Tempo, in dem wir unseren Lebensstil ändern müssten, um den Klimawandel in einem erträglichen Maß zu halten, haben wir in meinen Augen nicht den Luxus, erst nur bei den größten Emittenten anzufangen und dann erst mit den kleineren wie der Plastikverbrennung weiterzumachen. Wir müssen de facto an allen möglichen Stellschrauben drehen und gleichzeitig die verschiedenen Emissionen reduzieren. Vor 30 Jahren wäre ein solcher Ansatz vielleicht noch vertretbar gewesen, heute sicherlich nicht mehr.

Und im Sinne der CO2 Reduktion und einer Reduktion des Energiebedarfs sprechen einfach alle Zahlen für nachwachsende Isolationsmaterialien:
Es ist nun einmal so, dass PUR/PIR etwa 1,5 mal und EPS etwa 2 mal so viel CO2 Emissionen bedeutet, wie Holzfaserplatten (obengenannte Publikation vom Umweltbundesamt, Abbildung 13, Quelle: Eigene Berechnungen Fraunhofer IBP auf Basis ÖKOBAUDAT 2015)

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Schade, dass ich diese Publikation erst jetzt gefunden habe - zwei Anbieter, die wir in der engeren Auswahl hatten, hätten Zellulosefaser als Einblasdämmstoff verwendet das hätte sogar negative CO2 Emissionen bedeutet, weil die Zellulose immer wieder verwendet werden kann (absaugen, wieder einblasen) und nur wenig Energie zur Herstellung nötig ist. Naja, nun sind wir wohl schon zu weit in der Planung. Sehr schade.

Noch ein Kommentar zu EPS: Die jetzt verbauten EPS Platten werden in ca 50-100 Jahren zu entsorgen sein, einer Zeit in der wir schon längst klimaneutral sein müssen, wenn wir den Klimawandel irgendwie ernst nehmen. Verbrennen wird dann keine angewandte Lösung mehr sein.
Immerhin scheint es, dass für EPS an guten Recyclinglösungen gearbeitet wird und es seit 2021 eine Recyclinganlage gibt, in der aus EPS Polystyrol hergestellt wird (Recycling von EPS | Industrieverband Hartschaum). Damit ist immerhin ein geschlossener Kreislauf gegeben und es wird nicht nur Downcycling betrieben, das in der höchsten Qualitätsstufe einen kontinuierlichen Nachschub an Rohmaterial benötigen würde. Allerdings ist oben in der Abbildung zu sehen, dass der Energiebedarf für EPS und bestimmt auch für das Recycling enorm ist.

Für mich ist deshalb klar: wenn möglich (wie im Neubau) würde ich Zellulosedämmung vorziehen (Einblasdämmung Holzständerbauweise sehr verbreitet), an nächster Stelle sehe ich Holzfaserdämmplatten wo immer möglich (nachträgliche Isolation von bestehenden Wänden) und EPS oder ähnliches würde ich nur verwenden, wo es nicht vermieden werden kann - beispielsweise bei Kontakt mit dem Erdreich zum Beispiel bei einer Isolation der Bodenplatte.

Ergänzungen:
[1] Hab’s mal für uns durchgerechnet: In unserem Fall haben in unserer Planung z.B. 55 m² Außenwand, mit einer Etagenhöhe von ca. 3,30 m und zwei Etagen, also etwa 363 m² Außenwand zu isolieren plus 13 m² und 10 m² für die zwei Giebel (bauen in L-Form) und 152 m² Dachfläche (ohne Überstände). Die Bodenplatte lasse ich außen vor, die müssen wir eh mit EPS Dämmplatten (o.ä.) isolieren. Macht in Summe ca. 540 m², also 1,6 Tonnen Kunststoffe bei 20 cm Dämmstärke - würde das für EFH 40 reichen?
Bei ca. 5 Personen, die das Haus meist bewohnen werden sind das nur durch die Isolierung ca 3,2% - 6,4% mehr Plastikabfall über 50 - 100 Jahre wenn man von diesen 100 kg/Person und /Jahr ausgeht.
[2] Für mich persönlich gehe ich aber von anderen Zahlen aus, da wir Plastik wo überall möglich sowieso schon vermeiden: Wiederverwendbare Beutel beim Kauf von nur unverpacktem Gemüse, zumindest Shampoo, Spülung, Duschgel und Seife in Festform in Papierpackungen.
Am meisten fällt bei uns Plastik noch bei Putzmitteln und haltbaren Lebenmitteln an, weil Nudeln etc. in der Regel nur in Plastik verfügbar sind und wir es nicht regelmäßig zum nächsten „unverpackt“ Laden schaffen, zugegebener Maßen aus Komfort- und Kostengründen, er ist schlecht zu erreichen für uns, teurer und bedeutet viel mehr Organisation.

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Hm … ich finde die von @dfrkp und @Guenter oben herumgeworfenen Zahlenbeispiele ganz interessant. Ein paar Überschlagsrechnungen zur Abwägung zwischen gesenktem Energiebedarf und Rohstoffeinsatz:

  • Der Unterschied im Heizwärmebedarf zwischen EFH85 und EFH55 liegt bei ca. 15 kWh pro m² im Jahr.
  • Im Best Case wird die Heizwärme durch eine Wärmepumpe erzeugt, was zu einem Mehrbedarf an Strom von 5 kWh/m² im Jahr führt. Bei 100 m² Wohnfläche (hier kann man gerne eine realistische Zahl einsetzen) resultiert daraus ein Mehrbedarf an Strom von einer halben MWh pro Jahr für ein 100qm-Haus, welches statt auf EFH55 nur auf EFH85 gebracht wurde.
  • Im deutschen Strommix entspricht das im Jahr 2020 ca. 204 kg CO2. Das Argument, dass man Solarenergie nutze oder einen Ökostromanbieter habe, kann ich hier nicht gelten lassen, da es einen Strommarkt gibt und man mit Solarenergie genausogut Kraftwerke substituieren könnte (klar, in der Realität sind die Beziehungen wegen Speicherung, etc noch etwas komplexer).
  • Nimmt man an, dass die CO2-Emissionen einer Megawattstunde Strom in Deutschland von angenommenen 408kg im Jahr 2022 linear auf 0kg im Jahr 2045 sinken, dann resultiert das Nur-auf-EWH85-und-nicht-auf-EWH-55-bringen eines 100qm-Hauses bei Verwendung von Wärmepumpe und einer Sanierung im Jahr 2022 in strombedingten Emissionen von 24*204/2 kg CO2 = 2.448kg CO2. Das erscheint mir auf den ersten Blick überraschend wenig und rechtfertigt auf keinen Fall den Einsatz von 1-2 Tonnen Kunststoff (bei der Herstellung einer Tonne Kunststoff entstehen wohl 1,3 Tonnen CO2; bei der Verbrennung ca. 3 Tonnen).
  • Heizt man mit Gas, so sind die Zahlen ähnlich: Man kommt man auf einen Mehrbedarf von 1,5 MWh Gas pro Jahr, was zu ca. 273 kg CO2 Mehremissionen führt. Nimmt man wieder an, dass von heute bis ins Jahr 2045 das Gas linear anteilig auf klimaneutral erzeugtes Gas umgestellt wird, dann kommt man bei Nur-auf-EWH85-und-nicht-auf-EWH-55-bringen eines 100qm-Hauses bei Verwendung von Gas (welches bis 2045 irgendwie clean wird) und einer Sanierung im Jahr 2022 in strombedingten Emissionen von 24*273/2 kg CO2 = 3276 kg CO2. Das rechtfertigt bestenfalls eine dreiviertel Tonne Kunststoffe.

Mich überraschen diese Zahlen ehrlich gesagt ein wenig und ich muss nun @dfrkp und @Gabriele_S Recht geben. Stand heute scheint Kunststoff als Dämmaterial keine super Idee zu sein.

Edit: Typo entfernt.

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Die Annahme, dass im Jahr 2045 unbegrenzt „saubere“ Energie zur Verfügung steht, ist der springende Punkt. (Dieser Zeitpunkt liegt ungefähr so weit in der Zukunft wie das Jahr 2000 in der Vergangenheit liegt.)

Ich würde dagegen davon ausgehen, dass jedes kWh zusätzlicher Energiebedarf gegenüber einer heute realisierbaren Einsparung im Jahr 2045, 55, 65 und folgende mittels höchst schädlicher Verfahren bereitgestellt werden muss. Sofern es überhaupt bereitgestellt werden kann. (Seit ungefähr drei Jahrzehnten liegt jedes Jahr das Volumen neu entdeckter Vorkommen von Öl und Erdgas deutlich unter dem in diesem Jahr erfolgten Verbrauch dieser Energieträger.)

Sprich: Ich gehe fest davon aus, dass „wir“ an der Energiewende scheitern und das umso mehr, je weniger wir in der Lage sind, den Energiebedarf runterzufahren.

Zwischen Effizienzhaus 85 und 55 liegt doch nicht eine 20 cm EPS-Dämmung, sondern eher so 4 cm zusätzliche Dämmstärke. Also reden wir von vielleicht 200 kg Mehrbedarf für ein Einfamilienhaus.

Und natürlich kann man auch mit anderen Dämmstoffen jeden beliebigen Dämmwert erreichen. Will man dies aber bei der Sanierung im Bestandsbau erreichen, indem man einfach auf eine bestehende Gebäudehülle eine zusätzliche Dämmschicht aufbringt, dann kommt bei alternativen Dämmstoffen mit etwas schlechterem Dämmwert oft eine notwendige Dicke dieser zusätzlichen Gebäudehülle heraus, die Probleme bereitet. Sei es die „Schießscharten-Optik“ bei kleinen Fenstern oder statisch nicht darstellbare Auflasten bei einer Aufsparrendämmung des Dachstuhls. Last but not least: EPS ist der günstigste Dämmstoff. Das soll ja auch bei dem ein oder anderen Bauprojekt eine Rolle spielen.

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