Das ist tatsächlich ein interessanter Punkt. Russland gibt in diesem Jahr wohl rund 160 Milliarden US Dollar für Rüstung aus.
Die EU hatte letztes Jahr ein Bruttosozialprodukt von insgesamt 18,36 Billionen Dollar. Die Rüstungsausgaben Russlands entsprechen also weniger als 1% des BIP der EU.
Jetzt sind wir mal großzügig und nehmen an, dass wir dauerhaft mindestens doppelt so viel für Verteidigung wie Russland ausgeben müssen, um Putin glaubhaft abschrecken zu müssen (weil Putin leichtfertiger mit Leben und Wohlstand seiner Bürger umgehen kann). Und natürlich gibt es auch Verteidigungsaufgaben, die nichts mit Russland zu tun haben. Dann sind wir aber immer noch im Bereich von nur ca. 2-3% des BIP, den die Staaten der EU dauerhaft und durchschnittlich der Verteidigung widmen müssen.
Der Krieg in der Ukraine bietet da zudem ein paar interessante Lehren. Für mich vor allem folgende:
- Wer die Zivilbevölkerung jenseits der Front schützen will, der muss eine ordentliche Flugabwehr haben. Das ist für die EU eine gute Nachricht, denn technologisch sind wir da (auch Dank der USA) haushoch überlegen. Es ist unwahrscheinlich, dass Russland in naher Zukunft in großem Ausmaß Lenkflugkörper einsetzen kann, die eine angemessen finanzierte europäische Luftabwehr in Masse überwinden könnten. Und die low-tech Drohnen kann man mit relativ low-tech Waffen abwehren.
- Moderne Kriege sind nicht weniger Abnutzungskämpfe als der 1. oder 2. Weltkrieg. Darum kommt es vor allem auf Vorräte an, vor allem bei Artilleriemunition. Aber auch auf die verfügbaren Soldaten. Darum ist der Gedanke eines Wehrdienstes, der nicht auf die Rekrutierung nahe 100% des entsprechenden Jahrgangs, sondern auf den Aufbau der dafür nötigen Strukturen ausgerichtet ist, nicht gerade dumm.
- Es ist einfacher Terrain zu verteidigen, als es zu erobern. Wenig erstaunlich, das war eigentlich schon immer so, macht aber die Vorbereitung auf den Konflikt umso wichtiger, damit man gar nicht erst in die Situation kommt, nennenswertes Gelände zurückzuerobern.
Da bin ich mir nicht so sicher. Russland hat einen langen Atem, so lange die russische Elite mehr Angst vor Putin hat als vor den Folgen des Konflikts. Aber Putin ist 72 Jahre alt. Die meisten von uns werden eine Zeit nach Putin erleben und es ist gut möglich, dass ohne ihn Russland diese Aggressionsfähigkeit nicht aufrechterhalten kann. Außerdem bietet der Klimawandel hier auch eine Chance. Russlands verbleibende Wirtschaftskraft gründet sich auf Erdöl und Erdgas. Jeder Liter Erdöl, den wir hier in Deutschland nicht verbrauchen, ist eine direkte Einschränkung der aggressiven russischen Außenpolitik.
Aber nur gegen Gegenleistung. Russland hat keine Freunde, nur Länder, die sich von der Partnerschaft mit Russland mehr versprechen als von der Partnerschaft mit den USA und Europa.
Auch Trump wird seine Truppen nicht komplett aus Europa abziehen. Das hat er beim letzten Mal nicht gemacht und er wird es auch dieses mal nicht tun. Schon alleine, weil das für die (konservative) Wirtschaft in den USA nicht von Interesse ist.
Und sie wurde verworfen. Das wird sich glaube ich auch nicht stark ändern. Eine europäische nukleare Abschreckung wird es auf absehbare Zeit nur in dem Sinne geben, dass zwei der europäischen Staaten über Nuklearwaffen verfügen und man an dieser Stelle die Kooperation vielleicht stärker formalisieren wird.
Als erheblich gefährlicher sehe ich in dieser Hinsicht das Risiko an, dass Länder außerhalb Europas die Erfahrung der Ukraine (und des Irans) als Grund nehmen, nach Atomwaffen zu streben. Denn während die EU tatsächlich die Option der konventionellen Abschreckung gegen eine Großmacht hat, steht dieser Weg z.B. Vietnam oder Taiwan nicht offen.