Ist der Rentenzuschuss aus Steuertöpfen verfassungswidrig?

Hallo zusammen,

Die Überschrift ist Programm. Dieses Thema beschäftigt mich schon seit dem Urteil des Verfassungsgerichts zum Thema Klima und Nachhaltigkeit.

Der steuerliche Zuschuss für die Rentenkasse beträgt mittlerweile etwa 1/4 des Bundeshaushalts. Ab welcher Summe bekommen wir ein Problem mit der Generationengerechtigkeit, bei der das Geld für wichtige Investitionen in die Zukunft des Landes fehlen, da Zuviel in den Rentenzuschuss abfließt. Die Argumentation wäre im Groben ähnlich wie die Urteilsbegründung zum Klimaschutz des Verfassungsgerichts. Sollte der Zuschuss begrenzt werden? Und wenn ja auf welches Maß? Mir persönlich kommen etwa 1/4 des Bundeshaushalts jetzt schon recht viel vor.

Ich würde bitten die soziale Frage der aktuellen Rentner mal auszuklammern. Die hat Karlsruhe beim Urteil zum KTF ja schließlich auch nicht interessiert. Wie die Rente anderweitig finanziert werden müsste und finanzierbar bleibt wäre eine andere Diskussion. Mir geht es nur um die Frage der Verfassungstauglichkeit.

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Gutes Thema!

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Rentenzuschuss aus Steuermitteln (noch) zum Großteil versicherungsfremde Leistungen finanziert, die der Rentenlogik nach nicht aus Mitteln der Rentenversicherungszahler finanziert werden müssen.

Das sind u.a. die Rente für besonders langjährig Versicherte („Rente mit 63“), die „Grundrente“ oder die Mütterrente.

Versicherungsfremde Leistungen GRV

Alle diese Zahlungen der GRV sind nicht oder nicht vollständig durch Beiträge gedeckt.

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Ich frage mich warum es in Deutschland keinen Aufschrei gibt. Es ist nur einfachste Mathematik notwendig um zu erkennen, dass das Rentensystem so nicht weiter gehen kann und die doppelte Haltelinien Augenwischerei der Politik sind.

Leider traut sich wohl keine Partei die unangenehme Wahrheit auszusprechen und an Reformen, die natürlich weh tun, arbeitet. Klar zuallererst müsste man mal die Einnahmenseite anschauen und da sehe ich dass es nicht sein kann, dass diese nicht auf eine breitere Basis gestellt wird und jeder Bundesbürger da einzahlt. Ja jeder, auch Beamte und Selbständige.

Die aktuelle Folge der Anstalt bringt hier einige traurige Fakten auf den Tisch, die in der Lage auch schon vereinzelt angeklungen sind.

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Dieses Thema wurde hier ja schon des öfteren diskutiert. Die Einbeziehung von Selbstständigen und Beamten mag aus Gerechtigkeitsaspekten sinnvoll sein, aber das „Rentenproblem“ wird sie nicht lösen, denn jeder Einzahlung folgen mittelfristig Auszahlungsansprüche. Das Problem wird damit „nur“ ein wenig in die Zukunft verlagert.

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Klar kann das nicht die alleinige Lösung sein. Es ist aber aus meiner Sicht unerlässlich die Grundversorgung im Alter für alle gleich zu gestalten. Des Weiteren müssen die Bausteine Kapitaldeckung und Erhöhung der Anzahl Sozialversicherungspflichtiger Arbeit angegangen werden. Die Reformierung des Umlagensystems muss angegangen und nicht ignoriert werden. Ich sag nicht, dass ich ein Patentrezept zur Lösung habe, jedoch geht totschweigen garantiert in die Hose.

Meine Frage war ja ob eine Klage beim Bundesverfassungsgericht eine Chance auf Erfolg hätte. Schließlich fehlen Geld für wichtige Zukunftsinvestitionen und die Rentenkasse wir aktuell mit 110Mrd€ gestützt (Zahl von 2023).
Für mich ist das der Elefant im Raum und ich frage mich ob eine Entscheidung des Verfassungsgericht die Politik dazu zwingen könnte den Elefant in Augenschein zu nehmen.
Mir geht es also erst mal garnicht darum wie man die Finanzierung besser aufstellen könnte, sondern ob der jetzige Ansatz überhaupt noch mit der Verfassung vereinbar ist.

Wie gesagt: Versicherungsfremde Leistungen sind nicht aus Beiträgen, sondern aus Steuermitteln zu finanzieren. Aus der Tatsache des Bundeszuschusses wird per se noch nicht die reguläre Rente gestützt und kann damit mMn per se noch keine verfassungswidrigkeit abgeleitet werden.

Ich empfehle folgende Unterlage des Bundesrechnungshofs:

Transparenz bei versicherungsfremden Leistungen.

Je nach Definition versicherungsfremder Leistungen liegt der Bundeszuschuss ggf. sogar unterhalb deren Kosten, was bedeuten würde, dass versicherungsfremde Leistungen aus Beitragszahlungen der GRV mitfinanziert würden.

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Hallo,

Danke für den verlinkten Beitrag. Allerdings sehe ich dies nicht wirklich als Argument für ein verfassungskonformes Vorgehen in Bezug auf den Bundeszuschuss.

Es wirkt eher so als nutze der Bund und insbesondere das BAMS diese schwammigen Begründungen als Feigenblatt um eine verfassungskonformität vorzugaukeln. Alleine, dass Versicherungsfremde Leistungen per se als Allgemeine Aufgabe definiert sind und daher vom Steuerzahler beglichen werden müssen finde ich fraglich.
Hinzu kommt die massive Intransparenz was eigentlich als versichungsfremd definiert ist und was nicht. Eine angegebene Spannweite von 60Mrd€ ist für sich schon eine Frechheit. Dies öffnet Tür und Tor diese Leistungen nach gut Dünken zu umzudeuten wie es einem gerade passt.
Ich denke bei solch einer Intransparenz sollte Karlsruhe erst recht mal auf das ganze Konstrukt draufschauen.

Es ist nicht Aufgabe der Beitragszahler die Renten auszugleichen für Bürger die in ein DDR-System eingezahlt haben, das kollabiert ist.
Es ist auch nicht Aufgabe der Beitragszahler, Renten für Mütter zu finanzieren, die Zeit geopfert haben, um Kinder groß zu ziehen.
Es ist auch nicht Aufgabe der Beitragszahler Renten für Studenten und Arbeitslose zu finanzieren, die für Nichtarbeitszeiten Punkte zugesprochen bekommen haben.

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Das würde ich persönlich zwar auch so sehen, allerdings ist es keineswegs ausgeschlossen, aus den Rentenbeiträgen auch versicherungsfremde Leistungen zu finanzieren.

Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen sog. versicherungsfremde Leistungen

Begründung u.a.:

Das BVerfG hat schon mehrfach entschieden, dass in der Sozialversicherung das Versicherungsprinzip entscheidend durch Gesichtspunkte modifiziert wird, die der Privatversicherung fremd sind. Die gesetzliche Rentenversicherung beruht wesentlich auf dem Gedanken der Solidarität ihrer Mitglieder sowie des sozialen Ausgleichs und enthält von jeher auch ein Stück sozialer Fürsorge. Rentenansprüche und Anwartschaften weisen zwar einen hohen personalen Bezug auf. Sie unterfallen auch der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Sie stehen jedoch zugleich in einem ausgeprägten sozialen Zusammenhang. Deshalb hat der Gesetzgeber im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG die Befugnis, Rentenansprüche und Rentenanwartschaften zu beschränken, Leistungen zu kürzen und Ansprüche und Anwartschaften umzugestalten, sofern dies einem Gemeinwohlzweck dient und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt.

Selbst, wenn es verfassungswidrig wäre, müsste es ja eine Übergangsphase geben.
Dann könnte man die Aktienrente nehmen. Und dann ergibt es auch Sinn, alle einzahlen zu lassen, weil man dann längere Zeitläufe hat, in denen sich die Aktien entwickeln können.
Und beitragsfremde Leistungen müssen eh aus dem Steuersäckl kommen.

Ich sehe aber keine Herleitung einer Verfassungswidrigkeit. Die Rente könnte auch zu 100 Prozent aus Steuermitteln finanziert werden, ohne mit dem GG in Konflikt zu geraten

Vielen Dank für die Aufklärung. Aber eigentlich spielt es keine Rolle, denn ob die alte Generation die Steuermitteln über die Rente direkt oder über versicherungsfremde Leistungen erhält, spielt für die Generationengerechtigkeit aus meiner Sicht keine Rolle. Einfacher wird es dadurch selbstverständlich nicht.

Danke für die Grafik.
Nehmen wir einmal an die Abgrenzung liegt oberhalb der Bundeszuschüsse und all diese Versicherungsfremden Leistungen würden nicht mehr aus dem Rententopf bezahlt, dann würde die Rentenkasse ausreichen (im Moment). Damit wäre es keine Verfassungswidrigkeit mehr.

Jedoch kommt dann der Hammer, was macht man dann mit den Versicherungsfremden Leistungen?
Alle kürzen? Witwenrente, Mütterrente, Grundrente usw.
Damit würden diese Leistungen wahrscheinlich automatisch in den Sozialhaushalt gehen, denn wegnehmen bzw. kürzen ist kaum möglich. Das würde zwar für mehr Transperenz sorgen, aber es würde nicht das Haushaltsproblem lösen.

Aber wo ist das definiert? Wo steht das? Wenn man sieht wie unscharf hier die Grenze zerfasert, sollte das mal auf den Prüfstand. Eine Spannweite von 60Mrd€/Jahr, was versicherungsfremd ist und was nicht, das lässt mich Kopfschüttelnd zurück.

Die Mütterrente findest du hier:
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_6/__56.html
Was erhoffst du dir davon, wenn das auf den Prüfstand kommt - und dann vielleicht festgestellt wird, dass der Staat für die Mütterrente nicht die Beamten der Rentenversicherung nutzen darf? Oder klarer die Kosten ermitteln und die Haushaltsmittel entsprechend zuordnen muss? Außer, dass es eine neue Behörde gibt, die sich dann darum kümmert?
Bereits zugesagte Renten darf der Staat nachträglich nicht mehr streichen. Da gilt das Vertrauensprinzip.
Zukünftigen Müttern die Mütterrente streichen hätte ein fatales Signal (dafür bräuchte der Staat auch keine Prüfung, das kann er auch jetzt schon, wenn er das möchte).

Ich bin jetzt kein Verfassungsrechtler, aber ich sehe echt nicht, wie man das verargumentieren könnte. Der Bundestag als Legislative ist zweifellos für die Gesetzgebung und den Haushalt zuständig, und kann mit dem Geld im Grunde machen was er möchte, ob er nun das Rentensystem stützt, Autokäufer beschenkt, was auch immer.

Selbstverständlich gibt es natürlich Ausgaben, die der Bundestag nicht einfach nach Belieben zusammenstreichen kann, z.B. die Sozialausgaben, weil damit grundgesetzlich garantierte Leistungen finanziert werden, aber wo der Bundestag das Geld her holt, ist ihm überlassen. Statt das Geld irgendwo bei „optionalen“ Ausgaben zu streichen, könnte er ja auch bspw. die Schuldengrenze abschaffen und sich stärker neu verschulden. Oder die Vermögenssteuer wieder einführen, die Erbschaftssteuer und die Kapitalertragssteuer erhöhen, o.ä.

Wenn du also der Ansicht bist, es gäbe auch im Bereich Investitionen grundgesetzlich verpflichtende Mindestanforderungen, denen der Staat derzeit nicht nachkommt, dann müsste jemand in Karlsruhe diese Anforderungen direkt benennen und einklagen, und dann muss der Staat sehen, wie er die Kostenseite darstellt. Aber sich irgendeinen Posten im Haushalt auszusuchen, und zu sagen das gefällt mir nicht, das soll Karlsruhe gefälligst verbieten, damit das Geld für irgendeinen anderen Zweck zur Verfügung steht, halte ich für einigermaßen abwegig. Insbesondere weil ja auch sowas wie Grundrente durchaus auf grundrechtlichen Ansprüchen auf ein würdevolles Altern beruht, und andererseits Geld für Dienstwagen- und Dieselsubventionen u.ä. zur Verfügung steht.

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Hallo, danke für die Anmerkung.
Im Prinzip gebe ich dir recht. Jedoch sehe ich den Rentenzuschuss aufgrund seines Umfangs als besonders an.
Ich hatte ein einfaches Gedankenspiel welches aufzeigt, dass eine Verfassungskonformität nicht immer gegeben sein kann.

Durch die Schuldenbremse sind dem Gesamtvolumen des Haushalts Grenzen gesetzt. Das Volumen des Rentenzuschusses ist durch die „doppelte Haltelinie“ und die steigende Anzahl der Bezugsberechtigten ebenfalls nur bedingt beeinflussbar.
Hier frisst der Rentenzuschuss also bei gegebener Konstellation den zu Verfügung stehenden Haushalt auf. Dies könnte im Extremfall auch auf 50% und mehr des Bundeshaushalts ansteigen. Hier sieht man schon, dass es ab einer gewissen Grenze verfassungsbedingte Probleme gebe. Könnte. Z.B.: wenn die Grundversorgung in anderen Bereichen unter ein gewisses Niveau fallen sollten, oder wenn die Zukunft der Folgegenerationen durch ausbleibende Investitionen einen relevanten Nachteil erfährt. Dies war ja auch kurz gesprochen die Begründung von Karlsruhe bezüglich des Klimaschutzgesetzes.

Hier wäre interessant ob Karsruhe das auch so sieht und ab welchem Anteil vom Bundeshaushalt (oder anderen Kriterien) dies gegeben ist.

Das ist nicht richtig. Die Schuldenbremse hat nichts mit dem Gesamtvolumen des Haushaltes zu tun.
Das Volumen kann z.B. durch Steuererhöhungen erhöht werden.

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Da hast du natürlich recht. Dies ist offensichtlich und war von mit dennoch übersehen worden :smile:. Es ändert allerdings nichts an dem Punkt, dass der steuerliche Zuschuss unter gewissen Umständen einen relevanten und ggf. auch problematischen Anteil am Bundeshaushalt annehmen kann.
Ab welcher Höhe dieser Anteil unter Verfassungsrechtichen Gesichtspunkten problematisch wird ist die Frage die ich eigentlich geklärt haben möchte.