Klar sind die rechtsextrem. Ist ja nicht verboten. Aber ab wann wird das Wählen bzw. unterstützen einer rechtsextremen Partein „undemokratisch“? Denn wenn es einen demokratischen Akt darstelt, wird umgekehrt dessen Bekämpfung undemokratisch. Zuvor, kann von einer Krise der Demokratie kaum die Rede sein.
Die Handungsanweisung „nicht verharmlosen“ ist sehr weit gefasst. Was sollen wir denn konkret machen? Alle erschießen? Rechts wählen verbieten? Uns auf den Boden legen und laut nach Mama schreien?
Oder vielleicht doch einfach eine Politik machen, die die Wähler*innen der AfD wieder einfängt anstatt über den vermeintlichen Untergang der Demokratie (auf die man offensichtlich selbst wenig Lust hat, macht ja Arbeit) zu philosophieren.
Vor allem keine rechten Erzählungen übernehmen und damit die Grenzen des „Sagbaren“ verschieben.
Außerdem politische Entscheidungen treffen, die die Schere zwischen Arm und Reich verkleinern.
Kontakt zu den Menschen vor Ort suchen. Infrastruktur verbessern.
Und… und… und…
Wir sollten vor allem aufhören, über das Problem zu reden und über Handlungen, die das Problem normalisieren und verstärken. Stattdessen sollten endlich die Kerne der Probleme angegangen werden und das ist sehr sehr oft die soziale Schieflage. Eine immer höhere Sozialabgabe mit sinkenden Leistungen zum Beispiel, immer höhere Belastungen durch CO2 Abgaben ohne sozialen sinnvollen Ausgleich usw… Wenn es Menschen gut geht, wählen die meisten auch nicht mehr so schnell extrem und brauchen auch keinen Sündenbock, dem sie die Schuld geben wollen (Thema Migration). Leider hat keine Partei daran Interesse, auch nicht die, die es im Wahlprogramm stehen hatten.
Man muss hauptsächlich die AfD stellen, d.h. nicht davon kommen lassen mit ihren Erzählungen was alles schlecht ist nach deren dafür halten. Dann muss man fragen, wie denn ihre Lösung aussieht. Und meiner Erfahrung nach werden sie dann ausweichen (zu komliziert zu erklären, das verstehst du eh nicht, etc). Und dann muss man hartnäckig bleiben. Im privaten als auch, was noch wichtiger ist, im öffentlichen Diskurs.
Ja, aber vor allem sollte man endlich mal eigene Lösungen präsentieren, die auch mal die unteren und unteren mittleren Einkommen mitnehmen. Ich kann doch nicht dauernd sagen die AfD hat keinen Plan (was stimmt), aber selbst nur Politik für die oberen 20% machen.
Also einfach Demokratie leben und uns dabei anstrengen? Warum soll die Demokratie dann in der Krise sein? (Darum geht es in diesem thread). Mir scheint sie so lebendig wie nie, gerade weil, wie Sie ganz richtig sagen, sie uns gerade fordert. Demokratie war immer als Wagnis gedacht und nie als Selbstläufer.
Auf jeden Fall kommt sie in die Krise, wenn wir eine rechte Regierung bekommen.
Wie wir alle nun wissen, reicht für das ändern des Wahlrechts eine einfache Mehrheit und mit Sicherheit gibt es noch andere Werkzeuge, die man Demokratiefeinden nicht in die Hände geben sollte.
Man muss also jetzt schon die Arbeit aufnehmen und die Gesetze und Verordnungen prüfen, an welchen Stellen darauf vertraut wurde, dass niemand diese Regeln missbrauchen wird und nachbessern. Und da das meist eine 2/3-Mehrheit erfordert, sind alle demokratischen Parteien da gefordert.
Die Ausgangsfrage war einerseits, on anhand der Beispiele USA, Polen, Ungarn, Israel aktuell das Prinzip Demokratie aktuell stark unter Druck gerät.
Zudem für Deutschland die Frage, ob durch das Erstarken der AfD als Demokratie-ablehnende Partei und die argumentative Ideenlosigkeit der etablierten Parteien auch disruptive oder errodierende Entwicklungen in unserem demokratischen System gibt, oder ob unsere Demokratie wehrhaft genug ist aktuell.
Bei der aktuellen Wahl zwischen Rechtsradikal (AFD), Rechtskonservativ (Union), Markt-Rechtsoffenen Liberalen (FDP), Verdeckt rechts (Faeser, Sarrazin, Seeheimer Kreis) und den Grünen mit ihrem sicher nicht liberalen Bauernflügel: Ja das ist eine Krise - Eine verdammt große sogar.
Ich kann die Argumentation zwar im Ansatz nachvollziehen, aber finde diese Darstellung entweder etwas naiv oder du vernachlässigst ein paar recht wichtige Dinge. Aber, etwa @otzenpunk hat schon drauf hingewiesen, die Demokratie kann mit formal demokratischen Mitteln abgeschafft werden. Das ist das Böckenförde-Dilemma, das man schon ernst nehmen sollte.
Daraus folgt aber gerade, dass nicht jede Partei, die demokratisch gewählt wird, auch eine demokratische Partei ist. Der Erfahrung der letzten Jahre nach zu urteilen, erschweren rechtsextreme Parteien nach ihrer Wahl in besonderem Maße die Möglichkeit eines Machtwechsels und auch einer Machtteilung durch den Abbau demokratischer und rechtsstaatlicher Institutionen. Die Möglichkeit, offen und gleichberechtigt über eine Alternative nachzudenken, dafür auch freie Medien zu haben und am Ende einen Machtwechsel nach verfassungsrechtlichen Vorgaben durchführen zu können, ist aber integraler Teil der Demokratie. Stattdessen hat die PiS in Polen die Justiz auf Linie gebracht, die Fidesz in Ungarn Medien und Kultur unter Kontrolle gebracht (auch in Italien geht die Regierung Meloni in dieser Hinsicht interessante Schritte). Verflechtungen mit wirtschaftlicher Macht sind auch ein beliebtes Mittel, bei dem Machterhalt über das Prinzip der gleichen Stimmrechte gestellt wird (man denke an die Ibiza-Affäre der FPÖ). Schließlich setzen rechtsextreme Parteien, alles „Schwesterparteien“ der AfD, in besonderem Maße auf Desinformation und Hass. Damit wird die offene und gleichberechtigte Diskussion, also Teile einer demokratischen Kultur, systematisch behindert. Demokratie heißt nicht, wer am lautesten schreit, gewinnt.
Darüber hinaus kann man Demokratie durchaus auch materiell interpretieren, also grundlegende gleiche Freiheitsrechte und Minderheitenschutz als davon umfasst sehen. Nicht gerade etwas, wo rechtsextreme Parteien hervorstechen.
Ich hoffe, ich konnte damit ein wenig deutlicher machen, warum es eben keine reine Worthülse ist, wenn der AfD vorgeworfen wird, antidemokratisch zu sein. Man muss schon recht niedrige Standards für Demokratie anlegen, um diese in der aktuellen Lage nicht bedroht zu sehen. In Polen und Ungarn lässt sich auch sehen, wie anerkannte Demokratieindices (zB V-Dem, Economist) während der Regierungszeit der PiS/Fidesz abgesunken sind.
Auf den ersten Blick vielleicht nicht ganz zum Thema passend. Aber spielt Aggression aktuell eine generell große Rolle in unserer Gesellschaft? Überforderung, keine Kompensation, etc.? Daher auch der Hang zu extremen Positionen?
Uns geht es einfach zu gut.
Die Grundbedürfnisse sind gedeckt, keiner muss sich gut mit den Nachbarn stellen, damit das Abendessen gesichert ist.
Jeder in der Maslowschen Befürfnispyramide ist bei der Selbstverwirklichung angelangt und dreht sich vor allem um sich selbst. Mitmenschen, die entgegen der eigenen Wünsche und Ziele sich bewegen, werden da vor allem als Störfaktoren wahr genommen.
Und wenig ist individueller als die Fortbewegung im Auto. Dazu kommen andere Verkehrsteilnehmer, die meinem Auto physisch nah kommen und gleichzeitig emotional mir persönlich ewig weit weg sind.
Ich halte wenig von solchen von psychologischem Halbwissen unterfütterten misanthropischen Ergüssen. Das ist dann auch nicht mehr weit weg von „Die Jugend von heute ist verweichlicht und braucht mal wieder einen ordentlichen Krieg“.
Wir leben in einer Gesellschaft, die Aggression, Egoismus und Skrupellosigkeit feiert und belohnt. Das scheint mir das größere Problem zu sein.
Das ist doch im wesentlichen das, was Ulf und Philip in ihrem Buch schreiben.
Wenn die Menschen vom Wohlstandskuchen nichts mehr abbekommen, sodass das Aufstiegsversprechen verloren geht, rennen die Leute nach rechts, weil Angst ein schlechter Berater ist, und die Demokratie fängt an zu bröckeln.
Wohlstand für alle ist somit zwingend erforderlich für eine funktionierende Demokratie.