“Israelische Siedler” vs “Jüdische Siedler”

Vielleicht bin ich hier etwas kleinkariert, aber in eurer aktuellen Folge (397) sprecht ihr von “jüdischen Siedlern” im Westjordanland (ab Minute 1:04:00). Das ist nicht der Standard Ausdruck so wie ich das sehe und führt im Vergleich zu “israelischen Siedlern” eher noch zu einer Vermengung von Staat und Religion. Was, denke ich, kritisch werden kann, wenn man eine (durchaus berechtigte) Kritik an bestimmten politischen Praktiken in Israel formulieren will. Denkt ihr das macht einen Unterschied? Ich vermute mal ihr habt das aus Versehen so formuliert oder habt ihr euch etwas bestimmtes dabei gedacht? Vielleicht bin ich da auch nicht auf dem laufenden :slight_smile: danke auf jeden Fall für den Podcast (richtig spannend dieser Reisebericht)!

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Ich glaube tatsächlich, dass in diesem Fall beide Bezeichnungen vertretbar sind.

„Israelische Siedler“ würde auch nicht-jüdische, z.B. israelisch-muslimische Araber oder israelische Christen beinhalten. Die findet man aber explizit nicht in den Siedlungen, also diese Gruppen sollen gezielt nicht inbegriffen sein. Die Siedlungen werden tatsächlich ganz überwiegend (oder sogar ausschließlich) von „Israelisch-Jüdischen Siedlern“ betrieben, wobei darunter auch eher säkulare Juden sind, die es aus politisch-ideologischen Gründen tun. In diesem Fall stellt sich tatsächlich die Frage, ob das Abzielen auf die Staatsbürgerschaft „Israelisch“ nicht weniger genau ist als auf die Religionszugehörigkeit „Jüdisch“, insbesondere, weil unter den Siedlern auch Ultra-Orthodoxe sind, die den Staat „Israel“ ablehnen und sich deshalb gerade nicht als „israelisch“ im Sinne der Staatsbürgerschaft sehen.

Es ist in jedem Fall ein kompliziertes Thema, gerade weil hier sowohl Religion als auch Staat/Politik reinspielen und die Siedlungspolitik nicht rein staatlich ist, sondern teilweise die Dynamik hat, dass Siedler illegale Siedlungen starten und der Staat Israel diese dann nachträglich aus innenpolitischen Gründen anerkennt und schützt. Es ist also sehr schwierig, zu sagen, ob der religiöse Aspekt „Jüdisch“ oder der politische Aspekt „Israelisch“ im Vordergrund steht.

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Die Jüdische Allgemeine präferiert den Begriff „israelische Siedler“ (mitunter mit dem Zusatz „radikal“). Mutmaßlich will man sich nicht mit diesen ganz überwiegend Radikalen gemein machen und geht deshalb bewusst auch begrifflich auf Distanz.

In der Wikipedia ist überwiegend von „jüdischen Siedlern“ die Rede. Zutreffend daran ist, dass das Gros der Siedler (ultra-)orthodox ist und das Land aus religiösen Motiven besetzt.

Bei Muslimen macht man mindestens die Unterscheidung „muslimisch“ und „islamistisch“. Bei Juden gibt es für die Hardcore-Variante nur „ultra-orthodox“. Ich denke, das würde schon das Gros der Siedler einschließen. Aber der Begriff ist in diesem Zusammenhang eben ungebräuchlich.

Scheinbar sind nur etwa ein Drittel der Siedler Ultra-Orthodoxe. Ein anderer Teil sind radikale Zionisten (also Menschen, die der Meinung sind, dass ein Staat Israels auf dem gesamten Gebiet Palästinas bestehen sollte), wieder andere sind eher säkulare Juden, die z.B. aus ökonomischen Gründen siedeln. Was sie vereint, ist, dass sie alle „jüdisch“ im Sinne von Religion und „Ethnie“ sind (hier kommt noch mal der Sonderaspekt des Judentums zum Tragen, dass man sich selbst nicht nur als Religion begreift, sondern auch als Volk), aber natürlich auch, dass sie i.d.R. alle israelische Staatsbürger sind. Das macht die ganze Diskussion um die Verwendung des korrekten Terms besonders schwierig, weil es für beides gute Argumente gibt. Ob es im Falle der Siedler mehr um die Ebene von jüdischer Religion und Ethnie oder um die Ebene von israelischer Staatsbürgerschaft geht wäre letztlich das Kriterium, nach dem wir bestimmen, ob wir über „Jüdische Siedler“ oder „Israelische Siedler“ sprechen. Ich denke wie gesagt, dass man für beides gute Argumente finden kann, sodass ich nicht dagegen bin, statt von „jüdischen Siedlern“ von „israelischen Siedlern“ zu sprechen, ich es aber auch nicht für einen Fehler oder besonders problematisch halte, von „jüdischen Siedlern“ zu sprechen.

Re Daniel_K’s erster Punkt: Ich stimme dir komplett zu was die Faktenlage angeht, so habe ich das auch verstanden. Ich denke einfach, dass es etwas unfair ist Juden, die nichts damit zu tun haben, die nicht einmal in Israel Steuern zahlen, da begrifflich mit reinzuziehen. Obwohl es eben eine Aktion des Israelischen Staats ist. Ich denke eben, dass wir eine lange antisemitische Geschichte haben und da etwas aufpassen müssen.

Re Bent zu wikipedia: Auf der Wikipedia ist beides vertreten. Damit hab ich aber auch nicht ganz gerechnet „jüdische sied“ kommt aber 18 mal vor und „israelische sied“ nur 5 mal. Israelische Siedlung – Wikipedia

Aber ja ein Wort für Leute, die in Siedlungen ziehen wäre gut. Ich kenne mich da leider nicht genug aus um einen Vorschlag zu machen.