Interview mit Larry Summers

Das ist ein Thema worüber man in Deutschland gar nicht reden kann, geschweige denn es gäbe hier etwas wie politische Einbildungskraft.

Steuern auf Kapital werden nicht sofort dafür sorgen dass die Wirtschaft kollabiert.

“We need to raise taxes in general,” Summers believes. “The place to start is on the wealthy. There is capacity to raise revenue from the wealthy on a quite substantial scale – far more than is politically imaginable – without doing any appreciable damage to economic growth,” he was keen to stress.

https://twitter.com/georgeeaton/status/1631978038513549312

https://12ft.io/proxy?q=https%3A%2F%2Fwww.newstatesman.com%2Fthe-weekend-interview%2F2023%2F03%2Fwhy-larry-summers-is-moving-left-with-age

Ich glaube hier im Forum gibt es mindestens eine 90%-Mehrheit für die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer :wink:

Die Geschichte der Vermögenssteuer in Deutschland ist generell eine Tragödie. Wir hatten sie bis 1996 eine Vermögenssteuer, die für verfassungswidrig erklärt wurde, weil Immobilienvermögen gegenüber anderen Vermögensarten signifikant bessergestellt waren. Daher: Sie war nicht verfassungswidrig, weil eine Vermögenssteuer generell verfassungswidrig sei, sondern sie war verfassungswidrig, weil sie gegen den Gleichheitsgrundsatz verstieß und unterschiedliche Vermögensarten ohne hinreichenden Grund unterschiedlich behandelte.

Jetzt sollte man meinen: Okay, das war 1996, ab 1998 hat Rot-Grün reagiert, zwei Parteien, die ganz klar für eine Vermögenssteuer sind. Damit sollte doch eine sinnvolle Reform möglich sein? Pustekuchen, Rot-Grün hat nichts, aber auch gar nichts in diese Richtung gemacht. Die Diskussionen über eine Wiedereinführung gingen erst ab 2007 wieder richtig los, von SPD, Grünen, Linken und Gewerkschaften getrieben. 2007, nachdem wieder Schwarz-Gelb regierte und jedem klar war, dass diese Bundesregierung keine Vermögenssteuer einführen würde. In sieben Jahren Regierungszeit hat Rot-Grün den Mantel des Schweigens über das Thema geworfen, aber kaum waren sie aus der Regierung raus, haben sie das Thema plötzlich für sich entdeckt. Das war einfach massiv armselig.

Dann kamen nach 4 Jahren Schwarz-Gelb 12 Jahre Schwarz-Rot, während der die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer immer mal wieder diskutiert wurde, sie aber an der politischen Realität (wegen der Union) gescheitert ist. Okay, kann man nachvollziehen. Jetzt haben wir eine Regierung mit FDP-Beteiligung, die eine Vermögenssteuer auch mit Händen und Füßen bekämpfen wird. Also ist jetzt auch keine Reform zu erwarten.

Wir hatten ein 7-Jahres-Fenster, in dem es eine Regierung mit satter Mehrheit für eine Vermögenssteuer gab, aber die hat’s verbockt. Seither geben es die politischen Mehrheiten nicht her, wodurch die Schere von Arm und Reich weiter und weiter auseinanderklafft. Wie gesagt, eine Tragödie und neben der Agenda 2010 einer der größten Schandflecken von Rot-Grün und eine Sache, die man Rot-Grün immer und immer wieder vorhalten muss. Gerade der SPD kann man in solchen Dingen kein Wort glauben, weil sie dazu neigt, solche Dinge immer nur zu fordern, wenn sie in der Opposition ist…

  1. Die FDP wird daraus machen dass eine Vermögensteuer verfassungswidrig ist.

  2. Ich denke es hakt da auf den hinreichenden Grund? Ein Richter kann sich so oder so entscheiden ob etwas hinreicht.

Es kommt mir vor dass es da wieder nicht genug Spielraum gibt um überhaupt Politik machen zu können. Immobilienvermögen ist da mitgerechnet aber die neue Grundsteuer ist da kein Teil davon (weil kein Vermögen?!)?

Letztlich ist das eben höchstrichterliche Rechtsprechung, in dem Fall des BVerfG. Ich bin auch der Meinung, dass man die Minderbesteuerung von Immobilienvermögen durchaus begründen kann, zumindest insofern es sich um selbst bewohnte Immobilien handelt (also „das eigene Haus“).

Das Problem war damals aber vor allem, dass der Wert von Grundstücken auf absolut überalterten Grundlagen beruhte, sodass die für die Vermögenssteuer herangezogenen Werte nicht mal annähernd den realen Wert der Grundstücke entsprachen (die realen Werte lagen i.d.R. signifikant höher!). Durch die Grundsteuerreform ist dieses Problem nun gelöst, sodass es nun auf jeden Fall möglich wäre, auch Grundstücke im Rahmen einer Vermögenssteuerreform sinnvoll zu besteuern. Aber so eine Grundsteuerreform hätte man eben spätestens unter Rot-Grün 1998 sofort in Angriff nehmen müssen, damit man die Vermögenssteuer wieder einsetzen kann. Es hat aber vom Beschluss des BVerfG 1995, aus dem klar hervorgeht, dass die Grundstückswerte absolut unzureichend ermitteln werden, bis 2022 gedauert, bis es endlich eine Grundsteuerreform gab. So etwas darf einfach keine 27 Jahre dauern…

Naja, die Kritik des BVerfG war schon zutreffend. Wie gesagt, wenn das Grundstück, das realistisch einen Marktwert von 1,5 Mio hat, in der Vermögenssteuer nur mit einem auf Daten aus dem Jahr 1964 (BRD) bzw. 1935 (ehem. DDR) stammenden Wert (zzgl. einem prozentualen Aufschlag) berechnet wird und deshalb nur mit 300.000 Euro in die Vermögenssteuer eingeht, ist halt klar, dass hier ein Fehler der Bemessungsgrundlage vorliegt, über den das BVerfG nicht hinweg sehen konnte. Der Gesetzgeber hat schon einen großen Spielraum für die politische Gestaltung, aber er hat damit auch die Pflicht, diese Gestaltung fair zu machen - und das hat der Gesetzgeber von 1964 bis 2022 verpatzt…