INCELs: www-Radikalisierung von Frauenhassern

Da Ihr auf das Problem Femizide aufmerksam gemacht habt, seid Ihr vermutlich auch an Ursachenforschung in der Richtung interessiert. Hierzu bin ich letztes Jahr auf die Incel-Subkultur aufmerksam geworden. Männer die auch im fortgeschrittenen Alter keinen Sex haben, radikalisieren sich in entsprechenden Internetforen zu Frauenhassern. Ziemlich erschreckend.
Einstiege:

https://www.researchgate.net/publication/383124044_The_Dynamic_Radicalization_Process_and_Violent_Behaviour_of_Incels
Letzteres war mein Einstieg ins Thema, ich war auf der Konferenz.

Ich gehe mal davon aus, dass wir hier im Forum einen Konsens über die Verwerflichkeit der mit dem Begriff Incel verbundenen Ideologie (Red Pill, Black Pill, etc) und der daraus resultierenden Probleme haben. Deshalb gehe ich da gar nicht im Detail drauf ein, sondern fokussiere mich auf potentielle Ursachen, warum viele Männer sich dem trotzdem anschließen:

Eine (relativ kleine) Studie kommt zu dem Schluss, dass der Weg zur Incel-Szene eng mit dem Scheitern an klassischen Idealvorstellungen von Männlichkeit verbunden ist:

Identifying Pathways to the Incel Community and Where to Intervene: A Qualitative Study with Former Incels

A reflexive thematic analysis generated two major themes with subthemes. The first theme, Seeking help online for struggles meeting masculinity norms, had three subthemes that reflected the specific struggles being experienced: I’m a loser because I can’t get women, I’m all alone, and I have no value. The second theme, Down the rabbit hole: Finding help online from the Incel community, had three subthemes that reflected the several ways they were validated by the community: It’s not your fault, You belong here, and You are special. These findings highlight specific pathways that lead men to Incel communities and why they join them, and potential points for intervention that center pressures for boys and men to conform to masculine norms.

Diese Darstellung würde auch zu den Ergebnissen des von dir @Cloverman genannten Papers passen, dass Hilfe für mentale Gesundheit und Unterstützung bei Deradikalisierung die erfolgversprechendsten Ansätze sind. So eine Deradikalisierung kann dann bei genau den beiden oben erkannten „themes“ ansetzen.

Anekdotisch wird das auch durch die Berichte von ehemaligen selbsterklärten incels in diesem Vice-Artikel gestützt:

„On the forums, you do feel a sense of community and a weird sense of empowerment. It’s validating. It’s not a place for critical thinking, it’s an echo chamber where people get their fears confirmed“

“I don’t remember what got me into them. I think it started with me looking up social anxiety support and gradually I found them. But having regular communication with women was an essential part of me leaving [the forums], as well as having female friends"

Eine andere Analyse untersuchte, ob Faktoren wie Einsamkeit, Attraktivität, Anzahl romantischer/sexueller Partner, rechtsautoritäres Weltbild und Computerspiele die Feindseligkeit gegenüber Frauen bei einer allgemeineren Stichprobe von Männern vorhersagen können. Sie umfasst die Antworten von 473 18-35 jährigen Männern aus Großbritannien:

Predicting hostility towards women: incel-related factors in a general sample of men

We found a strong positive relationship between right-wing authoritarianism and hostility towards women, as well as a strong convex curvilinear relationship between attractiveness and hostility towards women. The number of sexual partners showed a moderate concave relationship with hostility towards women. We did not find sufficient support for a relationship between gaming and hostility towards women, and there was no support that loneliness, rejection, or romantic partners predicted hostility towards women among a general sample of men. Our study supports right-wing authoritarianism and self-perceived attractiveness as potential strong predictors in understanding men’s hostility towards women in the wider community.

(Hervorhebung von mir)
Gaming, Einsamkeit, Ablehnung und Anzahl an Partnern können also gerade nicht direkt als Erklärung dienen.

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Incel ist eines der Themen, die in der Nextflix-Mini-Serie Adolescence behandelt wird. Natürlich nicht so tiefgründig und es wird eher auf die Auswirkung geschaut. Aber nicht ohne Grund ist diese Serie aktuell in aller Munde - und zwar in aller Welt über alle Kulturen hinweg.

Wer Netflix hat (oder Freunde mit Netflix): Sehr zu empfehlen. Hat uns sehr berührt. Aber Triggerwarnung: Ist auch verstörend - was ich bei den in der Serie angesprochenen Themen aber auch gut finde.

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Ich bin kein Experte, mein Eindruck ist aber eher, dass die Incel Szene ein Symptom von Frauenhass ist und weniger die Ursache von Frauenhass.

Ich würde sogar noch den nächsten Schritt gehen, dass auch Frauenhass wiederum ein Symptom von (in unseren Augen) veralteten Rollenbildern ist.

Wer der Überzeugung ist es gäbe eine feste Rollenaufteilung der jeder entsprechen muss ist sicherlich viel offener für Gefühle wie Hass gegenüber den Frauen die aus diesem Rollenbild ausbrechen.

Wenn ich hier irgendwo falsch liege, dann gerne wissenschaftlich fundiert berichtigen. Ich bin solange davon überzeugt, dass schon Rollenbilder wie sie noch immer in Kindergärten gepusht werden und vermehrt auch wieder von vielen Eltern, das Fundament dafür bilden, dass überhaupt der Ausbruch aus Rollen auch später zu Diskussionen führt.

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