Ich habe Angst vor der AfD

Ja, wenn es stimmt, dass „geistig-moralische Eigenschaften“ ausschlaggeben für das Wahlverhalten sind, könnten diese Eigenschaften ein Grund sein - das ist korrekt wie es tautologisch ist. Fehlt aus meiner Sicht nur noch eine Argumentation, was das für Eigenschaften sind und warum sie so entscheidend sein sollen :wink:

Wenn die Grenze so leicht zu ziehen ist, wozu braucht es dann z. B. ein aufwändiges Verbotsverfahren des Bundesverfassungsgerichts? Oder meinst du lediglich deine subjektiv-persönliche Grenze? Dann wäre aber die Frage, welche Aussagekraft die hat.

Zu Recht. Aber ich würde mal behaupten, dass andere Parteien diese genau so tun würden, wenn es in ihr politisches Profil passen würden und es eine reale Machtoption wäre. Würde nur die Union politische Positionen der AfD übernehmen und andere geschlossen dagegenhalten, hätten wir ein weitaus geringeres Problem. Gerade diese Übernahmen in Form und Inhalt - die etwa in der Migrationspolitik ja bis zu den Grünen reichen - zeigen aber aus meiner Sicht, dass eine Grenzziehung eben nicht so einfach ist.

Natürlich nicht. Ich wollte nur darauf hinaus, dass das eine zumindest machtpolitisch noch eine gewisse Rationalität beanspruchen kann, das andere aber nicht.

Das sind aber drei verschiedene Dinge: Erstens das was heute möglich ist. Zweitens das was möglicherweise oder wahrscheinlich zukünftig möglich sein wird. Und drittens das, was aus einer demokratischen Perspektive heraus wünschenswert wäre. Die Differenzierung ist aus meiner Sicht sinnvoll, gerade wenn es um Strategien gehen soll, wie man die Demokratie fördern und rechtsextremes Denken zurückdrängen kann.

Wenn ich das wüsste… Jedenfalls ist die Kombination aus formal-moralischer Abgrenzung von der AfD bei gleichzeitig zunehmender Übernahme ihrer Formen und Inhalte nachweislich kein gutes Rezept, um die Partei zu schwächen. Ich würde daher eher einen Ansatzpunkt eher bei den Gründen suchen, weshalb Menschen anfällig für rechtsextremes Denken werden. Wenn ich allerdings annehme, dass der Grund dafür weitgehen unveränderliche Charaktereigenschaften sind, habe ich natürlich von Anfang an verloren.

Dann habe ich den historischen Verweis nicht verstanden.

Sind denn primär diese Menschen diejenigen, die ihn gewählt haben? Einerseits haben doch viele in solch prekären Verhältnissen auch Demokraten gewählt (oder überhaupt nicht, weil sie Opfer der republikanischen voter-supression-laws gewesen sind). Andererseits waren viele Trump Wähler weder arm noch schlecht gebildet.

Auch mit Studium und vereichsweise überdurchschnittlichem Zeitungskonsum würde ich mir auch nicht zuschreiben wollen, so richtig gut zu verstehen, wie Politik funktioniert oder welches Gesetz genau welche Vorteile bringt. Aber darum geht es mMn nur, solange es um demokratische Parteien geht.
Wer Trump oder AfD wählt, kann sich auf keinen Fall darauf berufen, es wegen eines Medienversagens oder anderer Gründe nicht besser gewusst zu haben. Was das für Leute sind, war uberall zu lesen und zu sehen und grade als Deutscher fällt diese Rechtfertigung für die Wahl einer rechtsextremen Partei einfach aus. Darauf darf und kanns sich nie wieder ein Deutscher berufen.

Welche könnten das sein, die nicht schon angeboten werden? Es gibt bspw. Mindestlohn, es gibt den Versuch linker Parteien, die Tarifbindung verpflichtend zu erhöhen. Die AfD bietet in der Richtung einfach 0, also selbst wenn man mit dem aktuellen Angebot nicht zufrieden ist, kein Grund die AfD zu wählen.

Vorweg, die Zielgruppe ist nicht die Stammwählerschaft der AFD.
Die Zielgruppen sind die sogenannte Merkellücke, und die Wähler, die seit 2021 v.a. SPD und Grüne verloren haben.

Da müssen schon größere Geschütze her:

  • Steuerreform
  • Strompreise runter
  • Bundesweiter echter Mietendeckel
  • Keine Mehrwertsteuer auf Grundlebensmittel
  • 19€ Ticket
  • Deutlich mehr Geld für Schulen

Nicht, weil die Grenze schwer zu ziehen wäre. Dass die AfD verfassungsfeindlich/rechtsextrem ist, ist relativ leicht gerichtsfest nachzuweisen, nachdem es dafür ja nicht ein par Einzelfälle, wie bei allen Parteien gibt, sondern buchstäblich 1000sende Mails, Chats, Reden, Anschläge, Anschlagspläne, Verbindungen zu anderen Rechtsextremisten etc.

Dass das trotzdem nur das Verfassungsgericht nach gründlicher Prüfung entscheidet, ist aber richtig, um politische Instrumentalisierung zu erschweren.

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Vielleicht können diese Worte von Merz aus der letzten Bundestagsdebatte beruhigen.

Solange wir in einer Welt Leben, in der Menschen schauspielern können, kann kein Clip von Merz mich beruhigen. Wir erinnern uns im März an diesen Thread, und wenn ich falsch liege, dann werde ich euch dankend gratulieren.

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Es gibt auch auch danach noch Sommerinterviews in denen die AfD auf den Fotos genau wie die anderen Parteispitzen dargestellt ist. Und es gibt jede Menge Überschriften aus CxU, FDP und BSW die auch aus der AfD stammen könnten. Wie das Känguru so schön sagte: In der AfD würde Merz durch seine Äußerungen nicht unangenehm auffallen.
Es gibt Menschen die die AfD wählen, weil sie rechtsextrem ist. Es gibt aber auch Menschen die die AfD wählen, weil sie dort die Hoffnung haben das System zu verändern. Diese Menschen wissen nicht worauf sie sich einlassen. Woher auch? Guck Dir einfach mal die BILD an. Und selbst bei den öffentlich-rechtlichen fehlt bei fast allen AfD Artikel eine Einordnung. Kennst Du einen Artikel auf ARD oder ZDF in dem mal gezeigt wird, was passiert wenn die AfD eine Mehrheit bekommen sollte? Ich kenne da lediglich einen Podcast für Thüringen. Ich verstehe auch nicht, warum das nicht rauf und runter in allen öffentlich-rechtlichen propagiert wird. Die sind als eine der ersten dran.

Nein. Das sind nur Worte. Die Taten gehen in eine andere Richtung.

Mit diesem Argument könnte ich auch die Angst entwickeln, dass Habeck nach der Wahl Kohle- und Atomkraftwerke baut. Weil ja jede gegenteilige Aussage geschauspielert gewesen sein könnte. Sie müssen sich an den Aussagen messen lassen und werden daran gemessen. So muss es sein und nur so kann es sein.

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Ich bin in der Sache bei dir, aber diese Sichtweise dass jeder wüsste „was das für Leute sind“ halte ich für naiv.
Wer seine Infos ausschließlich über Telegram, TikTok, Facebook oder den örtlichen Stammtisch bezieht für den ist überhaupt nicht überall zu lesen und zu sehen was das für Leute sind. Nur weil es die Möglichkeit gäbe sich anders zu informieren heißt das ja nicht, dass alle davon Gebrauch machen.

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Aber dafür sind nicht „die Medien“ verantwortlich. Das entscheidet jeder erstmal selbst. Für mich ein Musterfall von selbstverschuldeter Unmündigkeit zu Lasten Dritter.

Die AfD profitiert ja besonders von der Mobilisierung von Nicht-Wählern. Ich bin da ziemlich ungnädig: Bei Wahlen gilt vielleicht noch mehr, als im Straßenverkehr, dass man es lassen soll, wenn man wirklich keine Ahnung hat, was man da tut. Wenn man sich für eine Partei entscheidet, muss man auch die Verantwortung dafür tragen, da kann man nicht mit dem Finger auf andere zeigen, oder sich rausreden.

Die „andere Richtung“ wäre ja, das Merz eine Zusammenarbeit mit der AfD im Bundestag anstrebt. Welche „Taten“ weisen denn konkret in diese Richtung?