Höhere Steuern = Weniger Investitionen?

In Folge 358 kam kurz das Argument, dass höhere Steuern für Unternehmen möglicherweise zu weniger Investitionen führen. Dieses Argument hört man ja immer wieder von verschiedenen Seiten. Der Gedanke ist wohl, dass bei höheren Steuern weniger Geld für Investitionen übrig bleibt. Allerdings verstehe ich das nicht ganz.

Investitionen, wie der Kauf neuer Maschinen, Geräte und Anlagen, Bau neuer Fabriken, oder Investitionen in Forschung und Entwicklung, sind doch Betriebsausgaben, die den zu versteuernden Gewinn mindern. Die Steuer fällt jedoch nur auf Gewinne an und betrifft die Investitionen insofern gar nicht. Im Gegenteil: Höhere Steuern auf den Gewinn sollten doch erst recht dazu anregen, mehr zu investieren, um weniger Gewinn versteuern zu müssen und gleichzeitig den Wert des Unternehmens mit den Investitionen zu erhöhen.

Oder habe ich da einen Denkfehler?

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Grundsätzlich würde ich dem zustimmen. Vorstellbar ist allerdings auch, dass gerade KMUs häufiger „ansparen“ und Investitionen aus der Gewinnrücklage stemmen, anstatt über Fremdfinanzierung. Diese fällt bei höheren Steuern dann natürlich geringer aus.

Jein. Es ist natürlich richtig, dass Firmen mit Investitionen höhere Aufwände ausweisen können, das ist aber leider eine stark unterkomplexe Sicht auf Investitionen bei Unternehmen.

Erstmal möchte ich damit beginnen, die Steuer einzuordnen: Eine Firma hat die Existenzberechtigung Gewinn. Es gibt davon logischerweise Ausnahmen, aber in der Regel soll die Firma mal „Cash“ abwerfen für Inhaber/innen und Aktinär/innen. Je mehr Steuer vom Profit abgeht, desto weniger Penunz landet im Säckel der Eigenkapitalgeber. Das bedeutet im Zweifel, besonders bei grösseren Unternehmen, dass der deutsche Standort mit jedem Prozent sofort unattraktiver für internationale Investoren wird. Daher ist die Abwanderung (mindestens von Kapital) aus diesem Grund durchaus realistisch.

Es gibt aber noch mehr Themen, die hier mit reinspielen: In der Investitionsrechnung wird das künftige Geld als „wertvoller“ erachtet, als das in der Vergangenheit oder Gegenwart. Das liegt daran, dass Kapital theoretisch ebenfalls arbeiten kann UND natürlich mit den Potenzialen der Wertschöpfung. Für Firmen kann es aus diesem Grund auch interessant sein, zinsgünstige Darlehen aufzunehmen, da dieser Kapitalwertfaktor, respektive Rentenbarwertfaktor für die Investition die Zinsen der Schuld übersteigt. Werden die Steuern höher, kommt unmittelbar weniger Kapital zurück in den Investitionskreislauf der Unternehmung (bspw. man kann weniger Reserven für genau solche Themen bilden).

Dazu kommt der wichtige Faktor des CashFlow. Ohne liquide Mittel finanziert man keine Löhne, keine Gewinnausschüttungen und erst recht keine investitionen. Viele Firmen sehen laut Bilanz sehr gut aus, haben aber ein Cashflow-Problem, welches darin resultiert, dass viele Unternehmen trotz hoher Debitorenforderungen und geringer Schulden pleite gehen, weil der Finanzfluss nicht zum richtigen Zeitpunkt kommt. Das ist auch der Grund, warum der Firmenwert nicht zwingend auf der Aktivseite der Bilanz ablesbar ist. Eine höhere Steuer verschärft das Cashflowproblem.

Hoffe es wird klar, was ich sagen wollte.

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Wenn ein Unternehmen einen Gewinn von 100.000 € macht und sich davon eine Drehbank kauft, dann wird diese Drehbank über 16 Jahre abgeschrieben. Das heißt nur 6.250 € würden davon steuermindernd wirken und somit würde der Gewinn, der Versteuert werden muss noch 93.750 € betragen.
Wenn ich diese 100.000 € in Waren für das Lager investiere, um zukünftig schneller Liefern zu können, dann müssen sogar komplett 100.000 € Gewinn versteuert werden, da diese Waren nicht abgeschrieben werden oder steuermindernd wirken.

Auch wenn ich heute spare um später mal ein Grundstück für ein neues Betriebsgebäude zu kaufen, dann muss ich trotzdem Steuer auf diesen Gewinn zahlen und kann damit erst später das Grundstück komplett aus Rücklagen zahlen.

Natürlich wird die oben genannte Drehbank auch in den Folgejahren noch abgeschrieben, wirkt also auch dann noch steuermindernd, wenn schon gar kein Kaufpreis mehr entrichtet werden muss, aber gerade bei Firmen im Wachstum reduziert somit die Steuer schon das für Investitionen verfügbare Kapital.
Unter anderem deshalb ist auch Leasing so verbreitet, weil da die Rate komplett steuermindernd wirkt und man damit kein zusätzliches Kapital braucht um die Anschaffung zu stemmen.

Nur mal so kurz skizziert und im Detail sicher von Leuten vom Fach noch zu kritisieren.

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Höhere Steuern = weniger (Nachsteuer)Gewinn = geringere Kapitalrendite = niedrigerer Barwert = weniger Anreize für Investitionen = weniger Investitionen = weniger zukünftiger Gewinn = Firma weniger attraktiv = höhere Kapitalkosten = noch weniger Gewinn = pleite.

Die Betrachtung „Höhere Steuern = höhere potentielle Steuerersparnis“ ist zwar korrekt, aber (und ich borge das Wort mal) unterkomplex.