Hausdurchsuchung „Radio Dreyeckland“

Hallo, da es aufgrund eines Links zu einer Archivseite von linksunten.indymedia eine Hausdurchsuchung bei oben genannten Radiosender gab, dachte ich mir, falls Ihr das noch nicht auf den Schirm habt, wäre dies ein Thema für Euch. Unter anderem weil ja auch die GFF damals linksunten juristisch unterstützt hat.

Gruß, Christian

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Wie wäre es mal mit einer Quelle zu weitergehenden Informationen?

Erstmal eine Quelle vom SWR

Das Thema ist mir schon in diversen Podcasts über den Weg gelaufen, u.a. im „Logbuch: Netzpolitik“, aber auch noch in einem mit einer eher juristisch geprägten Einordnung, aber den finde ihn leider nicht mehr.

Das Ganze war schon ziemlich absurd.

Meine Einordnung wäre:

Horst Seehofer hat damals als Innenminister linksunten.indymedia als „Verein“ verboten, weil sich dort durchaus linksextreme Gewalttäter koordinieren und z.B. Bekennerschreiber veröffentlicht wurden. Dafür musste die Definition, was ein Verein ist, schon erheblich ausgedehnt werden.

Sei’s drum, die Versuche, sich gegen das Vereinsverbot zu wehren, sind gescheitert., weil die Kläger sich offensichtlich nicht zu einer „Vereinsmitgliedschaft“ bekennen wollten, weil sie sich damit selbst in erhebliche Haftungsrisiken (auch strafrechtlich) begeben würden. Gegen das Vereinsverbot können aber nur Vereinsmitglieder klagen, daher wurden die Klagen abgewiesen. Die Situation, sich selbst einer Straftat belasten zu müssen, um gegen ein Vereinsverbot ankämpfen zu können, ist rechtstaatlich betrachtet auch schon problematisch.

Das Ende vom Lied: Das Verbot bleibt bestehen, aber haftbar gemacht werden konnte niemand, weil niemand diesem „Verein“ rechtssicher zuzuordnen war. Ermittlungen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung wurden auch eingeleitet, aber inzwischen eingestellt, eine Verfassungsbeschwerde gegen das Vereinsverbot ist noch anhängig, hat aber keine aufschiebende Wirkung, das Verbot ist daher noch in Kraft.

Radio Dreyeckland hat nun den „Fehler“ gemacht, in einem Artikel über die o.g. Einstellung des Verfahrens wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung einen Link zu einem Archiv von linksunten.indymedia zu setzen. Jetzt sollte man meinen: Okay, das ist nicht klug, da fordert man Radio Dreyeckland mal auf, den Link zu löschen und geht vielleicht auch juristisch dagegen vor - mit angemessenen Mitteln. Gerade auch, weil es sich bei Radio Dreyeckland um einen Rundfunkanbieter handelt (wenn auch einen mit politischer Agenda)…

Statt dessen zieht die Staatsanwaltschaft die ganz großen Geschütze auf - Hausdurchsuchung mit Beschlagnahmung der entsprechenden technischen Geräte. Die Staatsanwaltschaft ist nach dem Protest (auch von anderen Medien) mittlerweile zurückgerudert und hat die beschlagnahmten Smartphones und Laptops zurückgegeben, aber was bleibt ist das Gefühl, dass die Staatsanwaltschaft hier gegen eine linke Organisation, der man nun wirklich keine Nähe zu Gewalttätern vorwerfen kann, mit höchst-möglicher Härte vorgegangen ist. Ich werte dieses massive Vorgehen als klaren Einschüchterungsversuch, der gegenüber vergleichbaren Organisationen, die nicht dem linken Spektrum zuzuordnen wären, in dieser Härte nicht erfolgt wäre.

Also ernsthaft, eine Hausdurchsuchung mit Beschlagnahmung von allen möglichen Geräten, weil hier ein Redakteur - vermutlich der juristischen Konsequenzen nicht bewusst - einen Link gesetzt hat? Das wirkt schon sehr übergriffig seitens der Staatsanwaltschaft.

Positiv bleibt natürlich anzumerken, dass hier auch der Streisand-Effekt wirkt, ähnlich wie bei der Aufnahme von „Feine Sahne Fischfilet“ im Verfassungsschutzbericht. Der Staat erreicht mit seinen Maßnahmen letztlich das Gegenteil dessen, was er erreichen will. Eine vorher nur sehr regional bekannte linke Radiostation wird quasi über Nacht bundesweit bekannt.

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Abgesehen davon, dass ich der Redaktion durchaus zutraue bei Google eben den Namen des Radiosenders einzutippen, und dass ich bei Dir ein freundliches „Bitte“ vermisse statt so was hingeklotztes….

aber klar:

https://staatsanwaltschaft-karlsruhe.justiz-bw.de/pb/,Lde/11065994/?LISTPAGE=1224888

https://rdl.de/beitrag/hausdurchsuchung-bei-radio-dreyeckland

https://netzpolitik.org/2023/linkhaftung-scharfe-kritik-an-razzia-bei-freiburger-radiosender/

https://www.spiegel.de/netzwelt/web/radio-dreyeckland-ermittler-durchsuchen-sender-wegen-link-auf-indymedia-a-374a6962-2a27-460a-8e37-7a971a0d459d

Ich traue der Redaktion zwar mehr zu als Du, vor allem, da es kein besonders investigatives Thema ist, aber bitte. Gerne geschehen.

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Zum einen freut sich die Redaktion immer über weiterführende Links zu Themen um einen Ausgangspunkt zu haben.
Zum anderen gehört es zum guten Ton irgendwas mehr mitzuliefern bei einem Themenvorschlag statt darauf zu warten, bis jemand mal freundlich bettelt.

Du kannst nicht davon ausgehen, dass jeder hier von deinem Themenvorschlag schonmal was gehört hat und dieselben Medien konsumiert wie du.

Aber wenn du mit deinem Geschreibe kein Interesse für dein Thema wecken willst…

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Update dazu:

Bei jenen mutmaßlichen Betreibern von Linksunter.Indymedia, die mit ihren Klagen gegen das Vereinsverbot gescheitert sind, weil sie sich aus rechtlichen Gründen nicht selbst bezichtigen wollten - und deshalb als nicht klagebefugt eingestuft wurden, sodass ihre Klage erfolglos war - kam es jetzt zu Hausdurchsuchungen.

Das Thema finde ich aus juristischer Perspektive sehr interessant. Es ist kein Rechtsschutz gegen das Vereinsverbot möglich, weil man sich selbst zur Zugehörigkeit zu besagtem Verein bekennen (und damit strafrechtlich selbst bezichtigen müsste) und wenn man es doch versucht gibt’s die Hausdurchsuchung. Ich finde, wir haben hier ein klares Problem mit der Rechtstaatlichkeit, unabhängig davon, wie man zu Linksunten.Indymedia selbst steht. Es muss doch möglich sein, ein Vereinsverbot juristisch angreifen zu können, ohne sich selbst dafür strafrechtlich angreifbar zu machen. Die Klagebefugnis sollte hier deutlich erweitert werden, z.B. in der Form, dass auch andere Vereine und NGOs gegen derartige Verbote klagen dürfen (dass wir keine anonymen Klagen zulassen können ist verständlich, aber andere NGOs sollten hier als Stellvertreter klagen dürfen). Es kann nicht sein, dass die Exekutive Vereine verbieten kann und es keine sinnvolle (dh. sich selbst nicht belastende) Möglichkeit gibt, dieses Verbot gerichtlich überprüfen zu lassen.

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Ja, so ähnlich wie es in einigen Ländern schon die Möglichkeit gibt, dass Klagen stellvertretend für gefährdete Natur möglich sind, wofür Natur als solche quasi als Rechtperson im Recht verankert sein muss - natürlich in DE in weiter Ferne, nicht mal die Grünen trauen sich das ins Wahlprogramm zu schreiben.