Hart aber Fair: EON zu Atomausstieg

Hallo @vieuxrenard,

bei Hart aber Fair hast du darauf verwiesen, dass die Chefs der großen Energieunternehmen laut den erklagten Atomkraft-Akten bei einem Weiterbetrieb abgewunken hätten.

Möglicherweise beziehst du dich dabei auf Berichte wie diesen hier:

Ich frage mich dabei, ob du dieses nur scheinbar gegensätzliche Interview mit dem damaligen EON-Aufsichtsratsvorsitzenden Kley wahrgenommen hast.
Ex-Eon-Aufsichtsrat zum AKW-Aus: "Mit Verlaub, das ist Unsinn" - n-tv.de.

In der Birnbaum-Email an Graichen scheint ja anscheinend nur zu stehen, dass ein langfristiger Weiterbetrieb aufwendig und teuer wäre und der regulatorische Rahmen angepasst werden müsse. Das kann man als Absage zu einem Weiterbetrieb auffassen wie du es tust oder man versteht es als Versuch den Preis und die Dringlichkeit zu schnellen Entscheidungen hochzutreiben.

Zu letzterem, aus meiner Sicht wesentlich offensichtlicheren, Verständnis passt dann die Aussage von Kley:

Eon hatte eine sehr klare Position. Die hieß: Die Entscheidung, Kernkraftwerke weiterlaufen zu lassen, ist keine technische Frage, sondern eine politische. Technisch würde Eon alles möglich machen, die politische Entscheidung müsse aber einzig und allein auf der Ebene der Bundesregierung fallen. Je früher sie fiele, desto besser wäre es. Denn in Vorleistungen würde Eon nicht treten. Diese Position wurde den beteiligten Ministerien gegenüber vielfach kommuniziert.

Und weiter

Das Ergebnis [eines Stresstests 2022] gefiel dem Wirtschaftsministerium natürlich nicht. Sie bogen daraufhin mit dem Konzept der Kernkraftwerke als Einsatzreserve um die Ecke, sie also je nach Bedarf ein- oder auszuschalten. Ein Kernkraftwerk ist aber kein Toaster. Da dem Ministerium diese Idee nicht auszureden war, blieb nichts anderes übrig, als einen Brief zu schreiben. Dann war der Plan schnell vom Tisch. Und Herr Habeck erläuterte später dazu, Eon hätte seine Idee bloß falsch verstanden. Na ja. Eon hätte mehr Briefe schreiben sollen. Die Vertreter der Energiewirtschaft insgesamt hätten sich in den politischen Diskussionen klarer und deutlicher positionieren müssen, anstatt möglichen Konflikten vorschnell auszuweichen.

Ich weiß, du hältst wenig von der Atomkraft. Aber bist du sicher die Sachlage hier richtig wiedergegeben zu haben? Ich empfand deine Aussage hierzu als nicht ganz ehrlich.

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Die Wahrheit ist ja: sie waren dagegen, würden sich aber umstimmen lassen, wenn die Politik die Risiken in Form von Umweltschäden und Kosten übernimmt. Da war es natürlich förderlich öffentlich, auch in Form von Interviews, Druck aufzubauen.
Ohne Kosten, Risiken und mit garantierter Gewinnmarge ist das dann natürlich ein gutes Geschäft.

Was ich allerdings irritierend finde, ist, dass die Bundesregierung bis heute keine Rechnung vorgelegt hat, was uns die Verlängerung eigentlich gekostet hat.
Es müsste sich ja leicht feststellen lassen: wie viel genutzten (und verkauften) Strom hat uns das zusätzlich gebracht? Wie viel hat das gekostet? Wie stark konnte das Preise abfedern?
War der Preis hoch, wäre das ja im Interesse der Grünen, war er niedrig im Interesse der FDP.
Also, habe ich das nur nicht gefunden oder kann es tatsächlich sein, dass die Zahlen niemand erfasst hat?

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Das verstehe ich aus dem Klee-Interview gänzlich anders. Dort kommt raus, dass man sehr dafür wäre, die Bundesregierung aber die Regelungen dafür schaffen muss einen profitablen Betrieb zu ermöglichen.

Es geht mir auch nicht um die elendige Frage, ob der Weiterbetrieb gesamtgesellschaftlich sinnvoll gewesen wäre. Das wurde hier schon hunderte Male hoch und runter diskutiert. Sondern ob die bei Hart aber Fair gemachte Aussage der Wahrheit entspricht.

Das ist nichts anderes als das, was ich geschrieben habe. Am Ende gab es eine garantierte Mindestabnahme mit Ausgleichszahlungen wenn die nicht erreicht werden und einen zugesicherten Mindestpreis dafür.
Da der Staat den Weiterbetrieb ohne bereits fälliger Wartung erlaubte, musste er auch dafür das Risiko übernehmen.

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Für mich ist es tatsächlich ein anderer Subtext wenn die Aussage lautet

Wir würden den Weiterbetrieb organisieren, aber ihr müsst rechtzeitig und langfristig die bürokratischen Regelungen dafür schaffen, damit wir bei uns die (teuren) Weichen stellen können.

gegenüber
Puh, also eigentlich wollen wir die ja gar nicht weiterbetreiben, aber wenn ihr uns mit Geld zuschüttet, dann stellen wir uns notgedrungen in den Dienst des Landes.

Ulf und du, ihr stellt in eurer Aussage eher letztere Position dar. Ich glaube eher an erstere und kann das mit dem Kley-Interview auch einigermaßen belegen. Für eure Darstellung gibt es hingegen keinen wirklichen Beleg, denn die Atom-Akten zeigen nur, dass Birnbaum Zügigkeit eingefordert hat, um Weichen zu stellen. Bisher wurde nichts berichtet, dass EON einen Weiterbetrieb ablehnte und sich überreden oder verpflichten ließ.

Zumindest so mein Kenntnisstand. Leider kann man die Atom-Akten ja nicht als Otto-Normalbürger lesen.

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Söder hatte das schon im April 2022 ins Gespräch gebracht und eon mehrmals vehement widersprochen.
Als dann politisch der Wind sich drehte, änderte eon seine Meinung, da es nun ein Geschäft witterte.
RWE war auch weiterhin zweifelnd und verwies weiterhin darauf, dass sie ab 2023 kein Personal mehr für den Weiterbetrieb hätten und die Brennstäbe zur Neige gingen.
Und der TO redet ja nicht nur von eon.
Da Beatrix von Storch Gast in der Sendung war werde ich mir das auch nicht antun, um den Wortlaut zu prüfen.

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Das Problem ist, dass man aus den öffentlichen Aussagen der Konzerne beides herauslesen kann. Die Wahrheit liegt, wie so oft, vermutlich dazwischen. Man kann die Akten zwar nicht lesen, aber so zu tun, als ob nur die Bundesregierung nicht wollte und die Konzerne ja gar kein Problem gehabt hätten ist auch schlicht falsch.

Von daher, ja sie hätten es gemacht, wenn der Rahmen angepasst worden wäre und entsprechend Geld zu verdienen gewesen wäre. Aber zu der Wahrheit gehört dann auch, dass sie recht deutlich kommuniziert haben, dass man Brennstäbe frühzeitig bestellen muss und eben auch Personal benötigt (das geht wiederum nicht so schnell). Das geht auch aus viel zitierten Gesprächen mit z.B. Herrn Birnbaum hervor: Eon rules out German nuclear power plant extension. Auch da steht keine grundsätzliche Ablehnung drinnen, aber ein klares Akzeptieren, dass die Bundesregierung unter Abwägung der Bedingungen vor dem Sommer 2022 keine Notwendigkeit für einen Weiterbetrieb gesehen hat.

Zu dem anderen Interview von Herrn Kley. Er ist nun nicht mehr in Position und kann daher öffentlich noch mal deutlich härter auftreten. In dem Brief, der aus den Akten zitiert wird, taucht auch klar auf, dass AKW eigentlich nicht mehr im Konzerninteresse sind. Er kann also persönlich nun viel einfacher die Pro-AKW Seite vertreten, als es qua Amt vor dem Hintergrund der Strategie gegangen wäre. Von daher ist es ein Interview aus der Jetzt-Sicht und nicht unbedingt etwas, was er damals so vertreten hat.

Zudem ist das auch leicht populistisch, weil er Dinge vermischt, die so nichts miteinander zu tun haben, dadurch seine Aussagen aber als No-Brainer in Richtung alles andere als der Weiterbetrieb sind dumm erscheinen. Beispiel ist der relevante Beitrag zur Energieversorgung. Hier sagt er dass die Leistung relevant ist. Begründung sind dann aber die Emissionen durch Kohle und nicht ob man die Leistung wirklich für die Versorgung benötigt. Letzteres ist klar umstritten gewesen, ersteres (weniger Emissionen) ist zwar ein Fakt, aber in dem Kontext halt einfach nicht der springende Punkt.

Auch beim Aspekt der Strompreise verkürzt er viel zu stark. Ja, AKW haben geringere variable Kosten als Gaskraftwerke. Aber es geht um den Strompreis an sich und da kommt wieder das Prinzip der Merit-Order ins Spiel wodurch das eben nicht 1:1 auf den Preis wirkt. Ja, es gibt einen Effekt, aber der ist weit weg von dem Zehnfachen, was er im Interview nennt.

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Es gibt dazu Analysen. Hier ein Beispiel von Enervis (im Auftrag von green planet energy): https://green-planet-energy.de/fileadmin/images/presse/GPE_Effekte_der_AKW-Laufzeitverlängerung.pdf Zugegeben der Verlgeich ist nicht ganz trivial, weil es in der Praxis eben keine Version ohne die AKW gegeben hat. Sie haben ihr Fundamental Modell verwendet, was sie als Consulting-Unternehmen auch in der Praxis verwenden und soweit zwar nicht gänzlich wissenschaftlich peer-reviewed ist, aber eben anerkannt.

Ergebnis ist u.a., dass der Preis im Mittel um 2,1 € je MWh gesunken ist. Auch hier gilt, dass kann nicht 1:1 so an Verbrauchende weitergegeben werden, aber das sind 0,21 Cent je kWh. Das sehe ich persönlich dann doch als eher geringfügig an. Das deckt sich aus meinem Kopf auch mit den Aussagen zum Streckbetrieb, die zu unterschiedlichen Auswirkungen auf die Großhandelspreise gekommen sind. Das ist auch insofern interessant, weil es eigentlich um die Versorgungssicherheit ging. Hier ist der Schluss ebenfalls, dass es auch (wie schon vorher von vielen Expertinnen angesprochen) ohne die AKW gegangen wäre.

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Fangen wir doch damit an, dass Eon im Falle des Weiterbetriebes auch wieder die Lagerung der alten Brennstäbe und des sonstigen Atommülles übernimmt und dann auch wieder jährlich für die Suche und künftige Errichtung eines Endlagers auf deutschem Boden bezahlt. Von mir aus kann Eon dafür auch wieder die gezahlten Milliarden vom Kenfo zurück bekommen. Aber ich wette, auch dann werden die den alten Müll aus ihren Reaktoren niemals zurücknehmen. Und ich finde solange brauchen wir über das Thema nicht reden.

Ist aber insgesamt ein guter Zeitpunkt von @turmfalke die Debatte wieder aufzuwärmen. In ein paar Wochen dürfte der Kenfo-Bericht für 2023 kommen. Mal sehen ob es wieder in die roten Zahlen geht…

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Atomkraft ist nur durch Subventionen durch den Staat für den Betreiber profitabel. Deshalb verlieren AKWs ja auch an Bedeutung gegenüber Wind und Solar.

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Bitte bleibt doch beim Thema. Mein Post sollte explizit keine erneute Diskussion aufmachen, ob

  • AKW nach Internalisierung aller Kosten wirtschaftlich sind
  • AKW zur Aufrechterhaltung der Vorsorgung notwendig sind
  • AKW ökologisch sind
  • wir wieder in AKW einsteigen sollten
    die Lasten der Endlagerung fair verteilt sind

usw. usf… Es ist mir unbegreiflich warum User einfache Fragen wie

Kannte Ulf das Interview von Kley?

Was bringt Ulf zum Ergebnis, dass die großen Energieunternehmen den Weiterbetrieb selbst ablehnten?

Hat Ulf bei Hart aber Fair bewusst oder unbewusst eine sehr einseitige, unvollständige, fast schon fakenewsartige Faktenlage verbreitet oder nicht.

so zur Profilierung ihrer Ablehnung nutzen müssen.

Bis auf den Beitrag von @BamChiller

Das Problem ist, dass man aus den öffentlichen Aussagen der Konzerne beides herauslesen kann. Die Wahrheit liegt, wie so oft, vermutlich dazwischen. Man kann die Akten zwar nicht lesen, aber so zu tun, als ob nur die Bundesregierung nicht wollte und die Konzerne ja gar kein Problem gehabt hätten ist auch schlicht falsch.

lese ich hier sonst nur Derailingversuche zur initialen Frage.

Im Grunde gebe ich @BamChiller hier auch recht. Genau weil sich das nicht sicher klären lässt hätte ich auf eine bewertende Aussage wie bei Hart aber Fair mit 2,4 Millionen Zuschauern auch definitiv verzichtet.

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Ich sehe das Derailing nicht. Dass die Wirtschaftlichkeit für den Betreiber von staatlichen Subventionen abhängt, ist Fakt. Dass es somit vom Willen der Politik abhängt, ob sie im Interesse der Versorgungssicherheit eine ansonsten unwirtschaftliche und bekanntermaßen auch sicherheitstechnisch problematische Kraftwerkstechnologie mit öffentlichen Finanz- und Sicherheitsgarantien zu unterstützen bereit bleibt, ist essentiell für Deine Fragestellung.

Ich interpretiere das erwähnte Interview und die von Dir gewählten Zitate so, dass EON den Weiterbetrieb ablehnte, falls der Staat nicht mehr bereit sein sollte, sie weiterhin großzügig mit Subventionen zu versorgen. Der Staat war nicht mehr bereit, also hatte EON kein Interesse mehr.

Insofern sehe ich keinen Widerspruch zu dem, was @vieuxrenard in der Lage sagte.

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