Grundrechtseinschränkungen - praktische Konkordanz

Liebes Lage-Team,

immer wieder führt ihr in der LdN an, dass Abstriche beim Datenschutz der Aktzeptanz der CoronaWarnApp (CWA) abträglich wäre. Dies mag so sein.

Wenn man das Thema aus verfassungsrechtlicher Sicht betrachtet komme ich zu dem Ergebnis, dass ein krasses Ungleichgewicht bei den Einschränkungen diverser Grundrechte (Freizügigkeit, Berufsfreiheit, Religionsfreiheit, Versammlungsfreiheit) im Vergleich zum Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung besteht.

Ganz praktisch: wenn ich es akzeptiere, dass mir vorgeschrieben wird, mit wie vielen Personen ich mich treffe, ob ich mein Restaurant betreiben kann oder wann ich abends wieder zu Hause bin (21 h), dann nehme ich doch auch in Kauf, dass die CWA ein vernünftiges und für die Gesundheitsämter brauchbares Tracing bietet.

These: durch eine gute Nachverfolgung aufgrund von durch die CWA gesammelten Tracing-Daten könnte die Einschränkung anderer Grundrechte wieder etwas mehr zurückgenommen werden.

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Das erscheint erst einmal naheliegend.
Man muss an dieser Stelle allerdings an der Frage Erforderlichkeit ansetzen. Sind eine weiter ausgebaute Tracing App oder sonstige Überwachungsmöglichkeiten gleich wirksam und weniger grundrechtsbeschränkend. Letzteres kann man sicher annehmen, bei ersterem hab ich Zweifel. Kontaktbeschränkungen und Betriebsschließungen sind wahrscheinlich effektiver als Tracing.
Das müsste man jetzt mal modelieren. Wenn man dabei zum Ergebnis kommt, dass perfektes Tracing genauso effektiv oder effektiver als die gegenwärtigen Beschränkungen ist, kann man der Ausgangsthese zustimmen. Wenn das nicht der Fall ist (was ich vermute, aber nicht weiß), sind die gegenwärtigen Maßnahmen gerechtfertigt und es würde auch kein verfassungsrechtliches Gebot geben, den Datenschutz stärker einzuschränken um andere Lockerungen durchführen zu können.