Grüne Hamburg wollen Fraktionsmitglied für antifaschistische Haltung abstrafen

Der Grünen-Fraktionsvorstand in der Hamburgischen Bürgerschaft plant, ihrer bisherigen Sprecherin für Wissenschaft und Hochschule und Mitglied im Wissenschafts- und im Innenausschuss all diese Aufgaben zu entziehen und sie praktisch zu einem Fraktionsmitglied zweiter Klasse ohne Aufgaben zu degradieren.

Miriam Block hatte in einer Abstimmung einem Antrag der Fraktion der Linken zur Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zugestimmt, und das damit begründet, sie könne es „nicht mit [ihrem] Gewissen vereinbaren, den Antrag der Linksfraktion abzulehnen, solange wir keinen alternativen Weg für ernsthafte Aufklärung finden.“

https://twitter.com/mibloq/status/1645756094617141250

Hintergrund ist ein Streit um die Aufklärung der Aktivitäten der ehemaligen nationalsozialistischen Terrortruppe NSU in Hamburg. Hamburg ist das einzige Bundesland, in dem der NSU einen bekannten Mord begangen hat, in dem bisher kein parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingesetzt wurde. Auch die Grünen hatten basierend auf einem Parteitagsbeschluss im vergangenen Wahlkampf vehement einen solchen gefordert. Der größere Koalitionspartner SPD weigert sich aber strikt, dem zuzustimmen und in Verhandlungen im Senat ist deshalb lediglich eine unbefriedigende „wissenschaftliche Studie“ als „Kompromiss“ herausgekommen, die aufgrund ihrer arg begrenzten Möglichkeiten zur Einvernahme unwilliger Zeugen und zur Akteneinsicht gegen den Widerstand von Behörden von Seiten antifaschistischer Gruppen und der Hinterbliebenen des Mordopfers als völlig unzureichend eingestuft wird.

Linke und Grüne hätten zusammen ausreichend Stimmen für die Einsetzung des PUAs gehabt. Man fragt sich, was Polizei und SPD so gemeinsam zu verbergen haben. (Was über bereits bekannte Peinlichkeiten hinausgeht wie rassistische, einseitige Ermittlungen und die Beauftragung eines „Wahrsagers“ zur Unterstützung der Ermittlungen.) Dass CDU und AfD sich ebenfalls ablehnend positionieren, verwundert ja eher weniger.

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Tja, warum ist die SPD Hamburg so strikt gegen einen Untersuchungsausschuss?

Der NSU-Mord an Süleyman Taşköprü war am 27.06.2001. Der Vater, der den Sohn noch lebend gefunden hat, sagte der Polizei, die Täter seien Deutsche gewesen. Trotzdem ermittelte die Polizei in der Folgezeit nicht im Bereich Rechtsextremismus, sondern im Bereich „organisierte Kriminalität“.

Und wer war Innensenator Hamburgs zu dieser Zeit? Olaf Scholz. Das ganze war nur einen Monat vor dem Todesfall des Drogendealers, dem unter Scholz’ Führung Brechmittel verabreicht wurden… Scholz war nur wenige Monate Innensenator Hamburgs… und das, was in diesen Monaten geschehen ist, will die SPD denke ich gerne ganz tief in den Archiven vergraben wissen.

Dazu muss angemerkt werden, dass Morde in Hamburg auch nicht gerade alltäglich sind, sondern relativ selten vorkommen (~10 pro Jahr). Die Frage, inwiefern Olaf Scholz hier die völlige Fehlermittlung der Polizei hätte unterbinden können, will die SPD sicherlich nicht während Scholz noch Kanzler ist erörtern…

Daher vermute ich, dass das primäre Motiv der SPD bei der Unterbindung eines effektiven Untersuchungsausschusses der Schutz ihres Kanzlers ist. Und dass die SPD hinter den Kulissen großen Druck auf die Grünen ausübt, dass die ihre Fraktionsmitglieder „disziplinieren“.

Das Ganze stinkt für mich jedenfalls auch bis zum Himmel und tatsächlich wäre es schön, dem Thema etwas mehr Aufmerksamkeit zu geben.

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