Gewalt gegen Frauen auf Borkum "Klaasohm" - Staatliche Duty to Protect von Menschenrechten

Es ist gerade viel los und ihr müsst sicher genau schauen, worüber ihr berichtet, aber vor ein paar Tagen leuchtete alles orange und jetzt das! Ein bitterer Nachgeschmack zu all den Aktionen am Internationalen Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen.

Habe es gerade schon auf Insta weitergeleitet, aber das ist einfach nur crazy: Frauen schlagen als Volksfest | NDR.de - Fernsehen - Sendungen A-Z - Panorama - Sendungsarchiv - 2024

Geschockt und ohne Worte über diese Praxis auf Borkum: „Auf der Nordseeinsel Borkum gibt es jenseits der touristischen Idylle einen verborgenen Brauch: Am 5. Dezember feiern die Insulaner das Fest „Klaasohm“, bei dem auch Gewalt gegen Frauen zelebriert wird.“

Lokale und Landesbehörden nicht willens zu ermitteln. Staatliche duty to protect grundlegender Menschenrechte nicht erfüllt m.E. Das muss ein mediales Echo und Konsequenzen haben.

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Ich hab die Reportage vorhin auch in der Mediathek geschaut. Mich würde da wirklich eine juristische Einschätzung der Lage interessieren, also wie kann es sein dass da nicht eingegriffen wird? Und die Reichweite nutzt sicher um auf diese Abscheulichkeit mehr aufmerksam zu machen. Das wirkt ja wie eine Hexenjagd aus dem Mittelalter.

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Sprachlos. Das kann doch nicht wahr sein…

Der für’s „Klaasohm“ verantwortliche Borkumer Verein hat inzwischen mit einer Stellungnahme reagiert - wie glaubwürdig die Distanzierung von Gewalt wegen Frauen ist, bleibt abzuwarten. Die Selbstinszenierung als Opfer einer einseitigen Pressekampagne und die Behauptung „Identität und Integrität“ der Insulaner seien in Gefahr lassen jedenfalls nichts Gutes ahnen…

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Wobei, einzigartig ist das nicht. Bspw. Ostern in Tschechien werden junge Frauen mit Weidenzweigen geschlagen und damit symbolisch verjüngt (mdr).

Letztendlich ist es eine Interpretation, wie die Auseinandersetzung mit einem schwierigen Koranverse hier DLF „Sure 4 Vers 34“ zeigt.

Edit: Quellenbeschreibung

„Ich müsste so 16, 17 Jahre alt gewesen sein“, berichtet eine weitere Interviewpartnerin. „Da bin ich in Richtung nach Hause gelaufen. Auf einmal fuhr ein Transporter an mir vorbei, ist stehengeblieben. Drei mir bekannte Jungs sind aus dem Auto gesprungen, haben mich gepackt, an Händen und Füßen, und wollten mich in dieses Auto reinzerren. Ich habe dann versucht, mich mit Händen und Füßen zu wehren, also körperlich und verbal. Dieser Kampf hat bestimmt gute zehn Minuten gedauert.“

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Kein Zufall, dass es Frauen sind, die geschlagen werden.

Nur weil es vorkommt, ist es noch lange nicht rechtmäßig oder akzeptabel, sondern Folge traditioneller patriarchaler Strukturen.

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Es hat auch niemand behauptet, dass das einzigartig ist. Im Gegenteil: Gewalt gegen Frauen, auch unter dem Deckmantel von „Brauchtümern“, ist in patriarchalen Gesellschaften leider normalisiert. Wie normalisiert Gewalt von Männern gegenüber Frauen ist, zeigt bspw. auch dein Kommentar, der den Eindruck erweckt, dass du die Gewalt von Männern gegenüber Frauen relativieren/rechtfertigen willst.

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Es tut mir Leid, wenn der Eindruck entstand, ich würde Gewalt an Frauen verteidigen. Ich wollte sagen, es ist ein Kampf um das Framing. Es scheint Traditionen zu geben…, wo Gewalt gegen Frauen etabliert wurde und jetzt uminterpretiert werden müssen. …
vgl. den oben genannten Beitrag vom DLF. Der Weg von „schlagen“ zum „meiden“.

Edit: Referenz zur besseren Erklärung

Es gibt offensichtlich sogar eine Polizeistation auf der Insel mit fester Besatzung. Der Mann muss seinen Job verlieren. Wenn ich bis zu 10 Jahre Freihheitsstrafe für schwere Körperveletzung (Kuhhorn ist eine Waffe) richtig in 10 Jahre Verjährhungsfrist übersetze wird es richtig was zu ermitteln geben. Man hat ja Videomaterial in der Doku gesehen. Hoffentlich fällt das Schweigekartell.

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Ja, das sehe ich auch so. Es reicht nicht, dass der Brauch, i.e. geduldete und gefeierte geschlechtsspezifische Gewalt eingesetzt als Symbol für patriarchale Unterdrückung, jetzt auf öffentlichen Druck eingestellt wird und das das Ende vom Lied ist, es muss juristische Konsequenzen geben.

Wie kann es sein, dass der Bürgermeister und die lokale Polizei es zugelassen haben, dass faktisch einmal im Jahr ein rechtsfreier Raum entsteht, in dem vom GG gesicherte grundlegende Rechte verletzt werden? Diese Praktik steht verschiedenen fundamentalen Werten unserer Rechtsordnung entgegen bzw. verletzt sie und das wird im aktuellen Diskurs einfach nicht benannt! Wie kann das sein?

Art. 1 GG: (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
Art. 2.2: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.“ Art. 3 GG: „(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“

Aber auch grundlegende menschenrechtliche Verpflichtungen Deutschlands, die sich z.B. aus der EMRK ergeben, sind potenziell verletzt. Politikwissenschaftlich kann man wohl von einem „Law-Norm-Gap“ sprechen, wenn also die Gesellschaft bzw. Teile davon die Werte geltender Gesetze/ Menschenrechte nicht mittragen. Hier durch Traditionen gewachsene patriarchale Gewalt.

Es würde mich wirklich sehr interessieren, das einmal durch euch aufgearbeitet zu hören. Vor allem auch, weil es in Bayern wohl noch ähnliche Praktiken gibt, bei denen anstatt von der Heimwehr von dem Wahlfang, wie auf Borkum, Hexenverbrennungen nachgespielt werden. Dort werden auch Frauen gejagt und dann wird symbolisch eine Puppe verbrannt, hat mir eine andere Studentin aus der Region berichtet. Es scheint einfach kein Problembewusstsein dafür zu geben?! Menschenrechte gelten unabhängig davon, ob deren Verletzung durch Traditionen begründet wird. Das Problem dabei scheint auch zu sein, dass es bei diesen Bräuchen nie einen wirklichen Bruch mit der gewaltvollen Vergangenheit gab. Hexenverbrennungen waren nunmal ein systematischer Femizid über Jahrhunderte hinweg und es gibt anscheinend in manchen Gemeinden keinen historischen Bruch damit. Ich denke, dass dieser Brauch auf Borkum nun publik geworden ist, sollte dazu führen, dass wir uns in der BRD mal ganz grundlegend fragen, ob es noch mehr solcher unbekannter gewaltvoller Praktiken gibt und darauf hinzuwirken, sie der Öffentlichkeit publik zu machen, um dann eine gesellschaftliche Diskussion einzuleiten und Lösungen zu finden, um mit solchen Praktiken in Deutschland umzugehen.

Um dann wirklich auch Gerechtigkeit zu schaffen, muss auch dem Vergessen entgegengewirkt werden, bisher „geheime“ Bräuche sollten publik gemacht werden, Verantwortlichkeit muss klar benannt werden und das Leid Betroffener muss anerkannt werden. Anscheinend sind auf Borkum über Generationen hinweg Mädchen und Frauen damit aufgewachsen, dass es ganz normal ist, wenn sie einmal im Jahr geschlagen werden. Eine Betroffene hat ja auch berichtet, dass das schon auf dem Spielplatz zwei Wochen vor dem eigentlichen Fest anfängt, dass Jungen Mädchen jagen und schlagen. Ich finde das zeigt ganz gut, warum ein einfaches „jaja, wir hören damit aufgrund des öffentlichen Drucks jetzt dann mal auf, sorry Leute“ nicht ausreicht.

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Ganz allgemein sehe ich die Problematik in der juristischen Keule darin, dass auch dort vor Ort ja keiner will, dass letztlich die Kerle die in den letzten Jahren dran waren bestraft werden, weil ja jeder selbst weiß, dass hier Gruppendynamiken der entscheidende Faktor ist.

Es ist also sehr wahrscheinlich, dass betroffene Frauen dann auch vor Gericht das erlebte eher herunterspielen und am Ende kommen da Urteile raus, aus denen dann wieder diverse Gruppen den Schluss ziehen, dass ja doch alles rechtlich korrekt läuft (siehe Fall Lindemann).
Und ob man bei diesem Brauch eine einzelne Tat einem einzelnen Täter zuordnen kann ist auch fraglich.

Wenn wir also wirklich etwas ändern wollen, dann sehe ich den größeren Hebel in einer ernsthaften gesellschaftlichen Auseinandersetzung über die Art und Weise diverser Bräuche, Rituale und z.B. auch Branchentypischen Dingen (z.B. backstsage im Musikbusiness).

Denn letztlich wollen wir ja auch sehr viel ändern was juristisch nicht belangt werden kann.

Wenn die Veröffentlichung eines Missstands schnell in deinem Gerichtsprozess von Freunden endet, dann entsteht eine enorme Hemmschwelle Missstände öffentlich zu diskutieren.

Natürlich muss dass auch Grenzen haben und nicht alles was passiert darf ungeschoren bleiben. Nur sollte eben nicht grundsätzlich der erste Schritt der Schrei nach den juristischen Folgen sein.

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In Bayern gab es diese Auseinandersetzung bezüglich der Perchten.
Der Hebel waren dann allerdings die Christkindlmärkte, die sahen, dass zu forsche Perchten Besucher verscheuchen.
Jetzt gibt es Verhaltensregeln, dass wer sich wehrt oder schreit, nicht gepackt werden darf oder teilweise nur noch ein Umzug ohne dem herausziehen von Menschen (meist ja Frauen und Kinder) aus der Menge. Jetzt gehe ich auch wieder hin.

Wenn es im Zuge der Berichterstattung dazu kommt, dass sich Opfer melden und die Taten anzeigen, dann sollten (auswärtige) Behörden ermitteln, und die Täter nach einem Gerichtsprozess z. B. wegen Körperverletzung verurteilt werden. Eine Rechtslücke gibt es nicht.

Der Rest deines Kommentars schweift mir zu sehr vom eigentlichen Sachverhalt ab. Es mag sein, dass sich „das deutsche Volk zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten bekannt hat“, aber die Vorkommnisse auf einer abgelegenen deutschen Insel oder einem ominösen bayrischen Bergdorf taugen wahrlich nicht, um das gesamte deutsche Volk wegen „Verletzung der Menschenwürde“ oder „Verstößen gegen die Europäischen Menschenrechtskonvention“ in Sippenhaft zu nehmen.

Ich wäre übrigens sehr vorsichtig, die Hexenverbrennung des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit als Frauenhass oder dergleichen zu framen. Auch die Nationalsozialisten um Alfred Rosenberg und der Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe haben die Hexenverfolgung derart instrumentalisiert, und diese propagandistisch ausgeschlachtet:

„Wir sehen, wie die Scheiterhaufen aufloderten, auf denen nach ungezählten Zehntausenden die zermarterten und zerfetzten Leiber der Mütter und Mädchen unseres Volkes im Hexenprozess zu Asche brannten.“ Heinrich Himmler (1935)

Leider sind bis heute noch viele Verschwörungstheorien weit verbreitet. Nur am Rande: In Nordeuropa waren Männer übrigens häufiger Opfer.

so ist es unbestreitbar, dass der Frauenanteil bei den Opfern – bis auf sehr wenige regionale Ausnahmen – grundsätzlich weit über 50 Prozent lag und bisweilen sogar über 90 Prozent der Anklagen sich gegen Frauen richteten. Bei anderen schweren Delikten wie Raub oder Mord machten Frauen kaum zwei Prozent der Angeklagten aus.
Hexenverfolgung | Femizid | bpb.de

Obwohl also Frauen schon damals wesentlich weniger straffällig wurden als Männer traf es sie hier in besonderem Ausmaß. Du solltest nicht derartige Halbwahrheiten verbreiten, sondern einfach einsehen, dass die Hexenverfolgung auf ein gestörtes Sexualverhältnis der mittelalterlichen katholischen patriachalisch geprägten Kirche beruht.