Geht das zu weit? Aktionen von Letzte Generation u.ä

Der Gedanke hinter der Aktion ist ja eigentlich hiermit recht gut zusammengefasst:

Übrigens ein Satz, dem ich intuitiv erstmal widersprechen wollte. Schließlich ist die Tatsache, dass ich gegen ein großes Unrecht kämpfe, keine Legitimation dafür ein kleineres Unrecht zu begehen. Wenn man aber die Anwendung zivilen Ungehorsams unter bestimmten Voraussetzungen als legitimes Mittel der Demokratie anerkennt, dann macht die Aktion unter der oben formulierten Überlegung durchaus Sinn. Sie führt einem nämlich die eigene Schizophrenie vor Augen, sobald man beginnt, sich über die Aktion aufzuregen.

Dass ziviler Ungehorsam extrem erfolgreich sein kann, hat FFF ja eindrucksvoll bewiesen. Nun war das eine vergleichsweise harmlose Form des Ungehorsams, deren Schadenswirkung sich auch eher gegen die Protestierenden selbst gerichtet hat. Allerdings hat die zugrunde liegende Idee – nämlich, dass der Jugend dieser Protest im Hinblick auf die eigene Zukunft wichtiger als die eigene Bildung ist – eben stark aufgerüttelt. Damit wurde das erste Ziel, Aufmerksamkeit und Verständnis für das Thema zu generieren wirkungsvoller umgesetzt, als Jahre kompetentester Wissenschaftskommunikation (die ich übrigens trotzdem für unheimlich wichtig halte).

Wir sind jetzt allerdings in einem Stadium, wo Aufmerksamkeit allein nicht mehr das Ziel solcher Aktionen sein kann. Die Aufmerksamkeit ist da. Was fehlt ist die Prioritätensetzung. Und da hat die jüngste Aktion aus den bereits genannten Gründen schon einen Punkt gemacht.

Nein, das ist auf keinen Fall der Weg. Und deshalb sehe ich in diesen Aktionen auch immer eine Gratwanderung. Persönlich würde ich z.B. die Straßenblockaden nicht als gelungene Protestformen bezeichnen. Wenn eine Ärztin wegen sowas nicht zu ihrer OP kommen kann und vielleicht noch schlimmeres in Kauf genommen wird, ist das für mich nicht die richtige Methode.

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Also bitte. Wie kann man gegenüber einer existierenden Katastrophe „neutral“ sein? Das funktioniert nicht. Wer „nicht für erneuerbare Energien ist“, der ist halt dagegen und damit ein Problem. Genau solche „neutralen“ Leute sind dann eben diejenigen, die zwar nominell dafür sind, dass „die Regierung was gegen den Klimawandel tut“, aber bitte ohne dass ihr Benzin, ihre Flugreisen, ihre Kreuzfahrten oder ihr Schweinenackensteak auch nur einen Cent teurer werden, oder dass sie sonst in irgendeiner Form ihr Leben ändern müssten. Und die wählen dann halt die Parteien, die genau diesen Wählerauftrag umsetzen, nämlich Schönwetterreden für Klimaschutz halten aber alle Maßnahmen auf den Sankt-Nimmerleins-Tag hinauszögern, und die stellen eben mit Abstand die Mehrheit nicht nur in diesem Land.

Im übrigen möchte ich gerne mal wissen, wieviele von diesen „Uninteressierten“, die von solchen Aktionen angeblich abgeschreckt werden – und dadurch woran gehindert werden? – sich denn schon mal irgendwann in ihrem Leben für alte Gemälde interessiert haben. Hätte ich solche Verwandten, wäre meine erste Frage, was denn auf dem entsprechenden Kunstwerk überhaupt abgebildet ist, und wenn daraufhin keine Antwort kommt, kann man das Gespräch gleich beenden. Dann spricht aus denen nämlich mitnichten ihre eigene Empörung, sondern einzig und alleine die der BILD.

(Ich hab mich im übrigen auf Twitter mal auf diese Art „neutral“ gegenüber der Flutkatastrophe im Ahrtal geäußert, dass ich ja nichts dagegen hätte, wenn die Leute ihre Häuser an derselben Stelle wieder aufbauen, wo sie schon vorher unversicherbar waren, und dass die gerne auch weiterhin mehrheitlich CDU wählen dürfen. Aber dass ich als Bewohner eines anderen Bundeslandes, dass Hochwasserschutz ernst nimmt und u.a. deswegen seit 1962 keine derartige Katastrophe mehr hatte, keine Lust habe, dass auch nur ein Cent meiner Steuergelder in irgendeiner Art diesen Leuten für ihre Unvernunft geschenkt wird. Das fanden einige Kommentatoren aus dem Ahrtal komischerweise überhaupt nicht witzig.^^)

Tja, und das ist, weswegen viele linke Aktionsformen oder auch Diskurse mich immer weniger ansprechen. Meiner Ansicht nach gibt es im Grunde (ohne moralische Bewertung) nur drei Grundmechanismen um gesellschaftliche Veränderungen zu bewirken: (Massenhaft) Geld, (militärische, paramilitärische oder zumindest unberechenbare) Gewalt und (gesellschaftliche) Mehrheiten.

Mit dem Geld ist das so eine Sache. Wer viel davon hat, ist in der Regel nicht links. Im Gegenteil unterstützen viele Superreiche eher das genaue Gegenteil. Schließlich wollen sie gerne superreich bleiben bzw. noch viel reicher werden. Gewalt ist als Strategie für eine absolut von Wehrdienstverweigerern dominierte Bewegung mit weitreichend pazifistischer Ausrichtung auch nicht unbedingt erfolgsversprechend. Auch da sind rechte Bewegungen sicherlich besser aufgestellt, nicht zu vergessen der Staat selber mit seinem Gewaltmonopol, Polizei, Armee usw.

Da bleibt dann eigentlich nur noch die Schaffung gesellschaftlicher Mehrheiten als Option übrig, aber bei vielen linken Bewegungen und Aktivisten hat man eher das Gefühl, es geht darum sich nicht nur moralisch überlegen zu fühlen, sondern das möglichst auch raushängen zu lassen und sich maximal vom Rest der Gesellschaft abzugrenzen – welches im Idealfall alle außer einem selber und vielleicht einer Handvoll Gleichgesinnter sind.

Naja, sieht man ja bei den Corona-Maßnahmen, wie das funktioniert. Rechte Verschwörungsdullis eskalieren gewalttätig auf der Straße bis hin zu terroristischen Anschlägen und die Politik reagiert darauf, indem sie die Corona-Maßnahmen abschafft.

Hier übrigens ein Beispiel für eine „zerstörerische“ Aktion bei jemandem, der eine Teilschuld an der Klimakrise trägt (im Gegensatz zu Van Gogh):

🚨Climate activists breached BlackRock’s security to access the upper level of their HQ, where they poured coal down the escalators to send a message to the worlds largest investor in fossil fuels! #OccupyParkAve https://t.co/aNV7NqrZRZ pic.twitter.com/dZxfcYFgwQ

— Extinction Rebellion NYC 🌎 (@XR_NYC) October 26, 2022

Wie viel Aufmerksamkeit wird diese Aktion (die den „richtigen“ trifft) bekommen?

Diese Aktion ist von Gestern, der Account Extinction Rebellion NYC hat 18.000 Follower und das Video wurde laut twitter 90.000 mal geschaut und auf TikTok wurde es wohl anscheinend noch 34.000 mal geschaut.

Zum Vergleich mal folgende Aktion von heute, die wieder ein Gemälde betrifft:

BREEK - Meisje met de parel van Johannes Vermeer besmeurd in #Mauritshuis. pic.twitter.com/XzAZTOoBv9

— Steven Bakker (@Kolpen) October 27, 2022
Dieser Account hat nur 800 Follower, aber das Video wurde schon 3,3 Millionen mal geschaut.
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Wer sich heute verhaften lässt wird morgen gewalttätigerTerrorist, seriously? Die Gewaltphantasien gehen doch bisher von der Boulevardpresse aus und die Demonstrierenden werden von der Polizei gewaltsam von der Straße entfernt. Da sehe ich das viel größere Radikalisierungspotential.

Die skrupulöse Haltung der Linken zur Gewaltanwendung mal beiseite gelassen, reagiert der Staat ja auch maximal unterschiedlich auf Gewalt von links und rechts. Wenn doch mal eine Gruppe Nazis verprügelt wird, dann fliegt der Staat die Täter:innen per Hubschrauber nach Karlsruhe und sticht das auch noch durch, damit möglichst viel Öffentlichkeit dabei ist. Wenn Nazis prügeln, verschleppt man Gerichtsverfahren einfach so lange, bis sie eingestellt werden. Oder sie müssen sich erst in die Luft sprengen, damit der Staat von ihnen Notiz nimmt.

Ich würde das grundsätzlich nicht ganz so pessimistisch sehen, aber bei der Sache mit den Mehrheiten weitgehend zustimmen. Dagegen wäre eben einzuwenden, dass die Schaffung von politischen Mehrheiten extrem zeitaufwändig ist und nur langfristig angelegt sein kann, es aber gute Gründe für die Annahme gibt, dass diese Zeit nicht zur Verfügung steht. Und dass eine Mehrheit verstärkten Klimaschutzmaßnahmen ja nicht unbedingt abgeneigt ist, im Zweifel dann aber - wie du ja beschreibst - doch so wählt, dass etablierte Privilegien und Gewohnheiten eben doch nicht angetastet werden sollen.

Ich würde ja versuchen, den Staat so lange zu reizen, bis er zur Straßenräumung mit Wasserwerfern anrückt und dann im letzten Moment ein paar handverlese Menschen in die erste Reihe schicken, die nach deutschen Nicht-Linken aussehen, um damit die sofortige Einrichtung einer Heiner-Geißler-Gedenk-Schlichtungskommission zu veranlassen, die mit politischen Vollmachten ausgestattet ist.

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Diese Haltung trifft man bei diesen Themen immer häufiger an. Und das von Leuten, die eigentlich aufgeklärt und klug sind.

Am Ende tut uns allen (auch mir) der Klimawandel einfach noch nicht weh genug. Aber keine Angst, das kommt noch. Und dann dann sitzen wir alle da und fragen uns, wie wir jemals über Kartoffelbrei auf einer Glasplatte oder irgendwelchen Gemälden streiten konnten, wenn gleichzeitig unsere Lebensgrundlage flöten geht. :slight_smile:

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Das ist halt auch das Problem. Wir sitzen gerade wie der Frosch im immer heißer werdenden Wasser und denken uns: „Ach, das geht ja noch… alles gar nicht so schlimm!“. Wenn es uns letztlich „weh genug“ tut, ist es aber möglicherweise zu spät, um noch aus dem Topf springen zu können.

Und darauf wollen die Aktivisten mit immer extremer werdenden Aktionenformen aufmerksam machen. Sie schreien uns an, um uns klar zu machen, dass wir „jetzt sofort“ raus springen müssen. Die Konservativen denken aber eben nicht über den Inhalt des Geschrienen nach, sondern sagen nur: „Hört auf, uns anzuschreien, das gehört sich nicht!“ und schmettern damit jede sofortige Maßnahme ab.

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kommt vor, öfter als einem lieb sein kann - und trotzdem braucht gesellschaftlicher Umbruch diese Bewegungen und halt dann auch den ein oder anderen Nebenbei-Selbstdarsteller. Dieses wohl unvermeidliche Phänomen rechtfertigt keine Aburteilung. Da bliebe ja nichts mehr, worauf man hoffen kann.

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Insbesondere, weil dieses Phänomen alle Lebensbereiche betrifft, aber interessanterweise vor allem bei sozial progressiven Menschen kritisiert wird.

Ich kann es auf den Tod nicht ausstehen, wenn Menschen sich mit gemeinschaftsschädlichen Dingen profilieren. Dazu gehören:

  • Menschen, die sich durch aggressives Verhalten und Gewalt profilieren (wie mein damaliger Zugführer bei der Bundeswehr, der immer schön berichtet hat, wie er am Wochenende als Hooligan Leuten auf’s Maul gehauen hat…)
  • Menschen, die sich mit Alkohol- oder Drogenkonsum profilieren (und mir erzählen, wie geil sie sind, weil sie mal wieder das Wochenende im Saufkoma waren und dabei Mist gebaut haben…)
  • Menschen, die sich mit ihrem Fleischkonsum profilieren („Echte Männer, die kiloweise Fleisch essen“)
  • Menschen, die sich mit umweltschädlichem Verhalten profilieren (z.B. Sportwagenfahrer oder generell Idioten, die sich damit profilieren, mit 180+ km/h über die Autobahn zu heizen)

Daneben gibt es eine Menge neutrale Dinge, die ich nicht leiden kann, aber die zumindest nicht direkt gemeinschaftsschädigend sind:

  • Menschen, die sich über Mode oder vor allem Frauen, die sich mit „Shopping“ profilieren
  • Menschen, die sich über ihr Einkommen oder ihr Vermögen profilieren
  • Menschen, die sich darüber profilieren, besonders „traditionsbewusst“ zu sein

Und dann gibt es Menschen, die sich über positive Dinge profilieren, halt über Dinge, welche die Gesellschaft zum positiven verändern:

  • Menschen, die sich mit Aktivismus profilieren (und dann von konservativen als „woke“ verunglimpft werden)
  • Menschen, die sich mit vegetarischer oder veganer Ernährung profilieren
  • Menschen, die sich mit Umweltschutz profilieren

Warum wird gerade die letztgenannte Gruppe, die sich mit positiven Dingen profiliert (also deswegen „überlegen fühlt“ und „das auch raushängen lässt“), so viel stärker kritisiert als die beiden erstgenannten Gruppen?!? Gerade diese Menschen sollten Role Model sein und dazu müssen sie (samt ihres Vorbildverhaltens) auch sichtbar sein. Wo ist hier also das Problem?

Jeder profiliert sich mit irgendwas. Ich bin froh, wenn dieses „irgendwas“ wenigstens etwas Positives ist. Der Grund, warum Menschen, die sich mit positivem Verhalten profilieren, häufiger schlecht geredet werden, ist schlicht, weil sie denjenigen, die sich mit egoistischen oder materialistischen Dingen profilieren, einen Spiegel vorhalten, wodurch diese sich - berechtigt - minderwertig fühlen. Aber statt das eigene Verhalten zu ändern ist es halt so viel einfacher, den anderen schlecht zu reden und runter zu machen.

Dieses Gejammer gegen „links-grüne Selbstdarsteller“ ist nichts anderes als ein konservativer Reflex, ein Abwehrversuch zwecks Beibehaltung des eigenen, gewohnten Lebensstils.

(und ja, auch mir als jemanden, der seit 25 Jahren Vegetarier ist, gehen Veganer, die mich missionieren wollen, natürlich hin und wieder auf die nerven. Eben weil ich weiß, dass sie eigentlich Recht haben, ich aber nicht willensstark genug bin, mich selbst konsequent vegan zu ernähren. Kurzum: Sie gehen mir auf die Nerven, weil ich insgeheim weiß, dass sie Recht haben, ich aber mein Verhalten nicht ändern möchte - also reagiere ich mit Abneigung. Nichts anderes sind die Klagen über links-grüne Selbstdarsteller…)

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Da hab ich keinen Zweifel dran. Ich glaube bloß nicht mehr, dass es da noch irgendeine realistische Chance auf eine Trendwende gibt. Die Demokratien sind anscheinend absolut nicht in der Lage, intern Mehrheiten für die Politik zu organisieren, die eigentlich notwendig wäre, und Autokratien haben sowieso meist keine Lust dazu und profitieren oft von fossilen Rohstoffexporten. Ob sich da Leute auf der Straße festkleben oder Gemälde beschmieren wird da weder in der einen noch anderen Richtung groß was dran ändern. Auch die Linke hat es in den vergangenen Jahrzehnten verkackt, sich in einer Form zu organisieren wo sie in der Lage wäre, in nennenswertem Maße Macht auszuüben. (Und daran sind u.a. Putinknechte und „Kohlekumpel“-Freunde ebenso für verantwortlich, wie auch diejenigen, die „Frauen-Quoten in DAX-Vorständen“ oder verfassungswidrige „Paritätsgesetze“ für linke Politik halten.)

Ich habe @otzenpunk anders verstanden, womit er mE auch ein wenig Recht hat: was er nicht mag, sind die Aktivisten, die neben ihrem Aktivismus sich in eine „charismatische“ Führungsfigur hineinsteigern und sich darin gefallen, und daraus eine eingebildete Überlegenheit ableiten. Als role model würde ich die andere Art von Aktivisten nehmen, die verantwortungsbewusst, mutig und überlegt ihr Ding durchziehen, und denen etwaige Bewunderung nicht das Bewusstsein trübt.

Jein. Da mag es den einen oder die andere geben, aber im Grunde sind einige wenige „Gesichter einer Bewegung“ nicht falsch, sondern im Gegenteil sogar notwendig. Das ist, wie’s läuft. Du brauchst Personen, die in der Öffentlichkeit stehen und vom Publikum wieder erkannt werden. Wenn da immer wieder irgendeine andere Person steht, die niemand kennt, begreift das Publikum halt nicht, warum das was diese Person erzählt irgendwie mehr Relevanz hat als das, was man beim Bäcker hört. Und eigentlich ist gerade die Unfähigkeit, solche Personen auszubilden und ihnen dann nicht sofort zu misstrauen und sie wieder abzusägen auch ein Problem von (antiautoritären) Linken.

Was ich meinte, ist tatsächlich etwas anderes. Und zwar verfangen rechte Erzählungen wie die vom „linken Elfenbeinturm“, der überhaupt nicht mehr realisiert was „der kleine Mann auf der Straße denkt“ ja nicht deswegen so gut, weil sie komplett fern der Realität sind, sondern weil sie einen wahren Kern besitzen, auf dem sie dann aufbauen und ihn bis ins Absurde steigern. Und da sehe ich halt in weiten Teilen der Linken schon einen akademischen Duktus, der zumindest fahrlässig eine Menge Leute „da draußen“ alleine durch Sprachcodes ausschließt, und es dem Rezipienten überlässt, sich entweder entsprechend zu bilden und anzupassen oder eben außen vor zu bleiben. Und (mal etwas übertrieben,) wer gerade nicht auf dem neuesten Stand ist, welche Wörter alle aktuell aus dem Katalog entfernt wurden, und welches Sonderzeichen dieses Jahr der neueste Hot Shit für geschlechtergerechte Sprache ist, der ist halt raus. (Beispiel: Die Verwendung des Wortes „Refugee“, weil die Endung -ling von Flüchtling angeblich eine Herabsetzung darstellt. Oder „Farbige“ ist übel rassistisch, aber „People of Color“ ist das derzeitige Vorbild politisch korrekter Sprache. Für so einen Quatsch hab ich echt null Verständnis.)

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Aus meiner Sicht ist Aufmerksamkeit erzeugen besser, als keine Aufmerksamkeit zu erzeugen. Es ist hier nichts zerstört worden, das Publikum wurde lediglich sehr effektiv gestört. Mindestens ein Bruchteil der zunächst Empörten wird dies als Anlass nehmen, über den Hintergrund nachzudenken. Damit dienen die Aktivisten der Sache.

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@etienne angenommen du hast ein Haus und Menschen werfen dir regelmäßig als Protest gegen den Klimawandel Pudding an die Fassade. Dann ist nichts oder niemand zu Schaden gekommen (außer dein Zeitaufwand fürs Putzen). Trotzdem vermute ich wirst du nicht ganz happy sein und spätestens nach dem 3. „Anschlag“ auf dein Haus nicht mehr ganz so sympathisieren, meinst du nicht?

Und übrigens, die mit Tomatensuppe und Kartoffelbrei beworfenen Bilder sollen zwar unbeschädigt geblieben sein, nicht aber die Rahmen, die teuer restauriert werden müssen. Außerdem entsteht den Museen ein Schaden weil sie die Sicherheitsvorkehrungen intensiveren, da sonst Leihgeber und Versicherungen rebellieren. Das bedeutet damit höhere Kosten für Museen und Museeumsbesucher.

Ich verweise dazu auf den ausführlichen FAZ Podcast Kartoffelbrei auf Claude Monet: Wie weit darf Aktivismus gehen?, in dem Museeumsdirektoren und Aktivisten zu Wort kamen.

…es ist zwar „nur“ ein Nebenaspekt der ursprünglich gestellten Frage, aber:

Mich würden im konkreten Fall in Berlin vom 31.10.2022 (Betonmischer verursacht Unfall mit Radfahrenden; Feuerwehr kommt mit Spezailfahrzeug zu spät) zwei weitere Fragen interessieren, die zumindest in der Öffentlichkeit bislang gar nicht gestellt wurden:

  1. Warum fährt die Feuerwehr auf einer stau-bekannten Autobahn, die oft deswegen vermieden wird (sogar Aussage der Feuerwehr)?
  2. Warum stellt niemand die Frage, warum die Rettungsgasse nicht funktioniert hat (und diese „Blockierer“ nicht verfolgt werden)? Hierbei setze ich voraus, dass Blaulicht und Martinshorn angeschaltet waren.
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Zu 1. kann ich nichts sagen, aber eine Rettungsgasse kann es nur geben, wenn sich die Fahrer auf den sichtbaren Stau zubewegen und sich dafür entscheiden, dass Fahrzeug zur Seite zu lenken, um eine Gasse zu bilden. gerade die Fahrer im vorderen Teil des Staus wurden aber überrascht von dem Stau und stehen dann schon (mehr oder weniger). Dadurch kann es zu einer Art „festfahren“ kommen, was die fehlende Rettungsgasse erklären kann.

Schon skurril, wie man das Nicht-Freihalten einer Rettungsgasse als schicksalhaftes Ereignis gesundbeten kann: Selbstverständlich muss - zumal auf der Autobahn! - ausreichend Abstand gehalten werden. Wenn man das tut, dann kann eine Rettungsgasse problemlos gebildet werden. Denn dazu braucht es je nach Wendekreis des Fahrzeugs nur drei, vier Meter Luft - ein Bruchteil des ohnehin erforderlichen Sicherheitsabstands.

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Also ich bin da bei Fefe:

https://blog.fefe.de/?ts=9d9d7040

Das war falsch und ein Bärendienst weil jetzt ist die Frau leider gestorben.

Mein Rechtsverständnis wäre, das ist jetzt von fahrlässiger Körperverletzung zu fahrlässiger Tötung gewechselt. Aber das kann uns nur ein Experte erklären.

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Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Fall einigen sehr gelegen kommt, um ihren Hass auf Klimaaktivisten auszuleben. Und dabei zu ignorieren, dass hier ein Unfall von einem LKW verursacht wurde, eine Radfahrerin nicht durch vernünftige Radinfrastruktur geschützt war und Trottel in zu vielen Autos den Weg des Rettungswagens verstopft haben.

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Schlichtes menschliches Handeln.

Als ich vor fast 20 Jahren mal zwei Jahre Rettungsdienst gefahren bin gab es jedenfalls keine zentrale Anweisung, welchen Weg man wählt. Daher: Die Fahrer wählen den Weg, der ihnen am sinnvollsten erscheint, i.d.R. den Weg, den ein Navigationsgerät vorschlägt. Wenn man dann keine Nachrichten gelesen hat und nicht weiß, dass auf der Strecke gerade ein plötzlicher Stau ist, ist das halt so. Die Echtzeit-Stauanzeige in Navigationssystemen ist halt noch nicht so gut, dass man sich bedingungslos darauf verlassen könnte. Und möglicherweise war die Einschätzung, über diesen Weg trotz Stau - wenn die Rettungsgasse funktioniert - schneller ankommen zu können als über die Alternativen.

Da wird jedenfalls keine böse Absicht hinter stecken, die Wahl des Weges war schlicht eine Entscheidung, die kurzfristig getroffen werden musste und sich im Nachhinein als suboptimal herausgestellt hat. Hindsight is 20/20… Hinterher weiß man es immer besser.

Die Frage ist, ob wir dieses „Blame Game“ spielen sollten. Dass Rettungsgassen gelegentlich nicht (hinreichend schnell) funktionieren ist leider eine alltägliche Erfahrung. Damit die Rettungsgasse optimal funktioniert, muss halt jeder Autofahrer in der Situation richtig reagieren. Und einige gibt es halt immer, die es einfach nicht checken.

Natürlich kann man erstmal in den Vordergrund stellen, dass das Opfer ein Radfahrer war und der Unfallverursacher ein KFZ. Natürlich kann man Feuerwehr / Rettungsdienst für die schlechte Wahl des Anreiseweges kritisieren. Natürlich kann man die Autofahrer kritisieren, die es nicht gebacken bekommen, eine Rettungsgasse zu bilden. Aber hilft das wirklich? Also geht es nur darum, die Verantwortung hin- und herzuschieben?!?

Letztlich handelt es sich um eine unglückliche Verkettung von Umständen, daher sollte man durchaus eingestehen, dass man ein Glied dieser Unglückskette war.

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Und das ist der Grund, warum diese Aktion nicht funktioniert.

Woran es bei der Umsetzung der Energiewende nicht mangelt ist grundsätzliche Aufmerksamkeit. Die Menschen, die diese Aktivisten ansprechen, sind durchaus bereit mehr zu tun. Sie scheitern aber nicht an ihrem Willen, sondern am Widerstand derjenigen, die diese Aktivisten nicht ansprechen.

Die Mammutaufgabe, die es für das Gelingen der Energiewende zu bewältigen gilt, ist es, in bestimmten gesellschaftlichen Gruppen Mehrheiten für diejenigen drastischen Reformen zu finden, die wir so dringend brauchen. Da sind z.B. Anwohner und Umweltschützer, die gegen Stromtrassen und Windkraftanlagen mobil machen.

Die Gruppe derjenigen, die hier aktuell bremst, ist jedenfalls so groß, dass es naiv wäre, zu glauben, man könnte Reformen gegen ihren Widerstand durchsetzen. Oder man könnte diesen Widerstand brechen, wenn man nur laut genug schreit. Das können wir vielleicht bei 10-20% Unbelehrbaren tun, die am Ende übrig bleiben.

Was es also braucht ist mühevolle, oft frustrierende Überzeugungsarbeit. Ich habe unzählige Gespräche mit Menschen aus dem eher konservativen Lager zum Thema Energiewende geführt. Was hier nicht hilft sind Vorwürfe und moralische Überlegenheit. Was hilft, ist hartnäckige, sachliche und vor allem ehrliche Diskussion und gegenseitiges Zuhören. Und das zeigt auch Erfolge, zumindest nach meiner Erfahrung.

Zumindest die Aktion der Aktivisten auf der Autobahn wirkt hier nach meiner Wahrnehmung kontraproduktiv. Sie liefert dem skeptischen Lager genau das (in ihren Augen) Bild der potentiellen Ökodiktatur, das sie als Vorwand nutzen können, um sich aus dem sachlichen Diskurs zurück zu ziehen und auf der richtigen Seite zu wähnen. Damit polarisiert es und macht den so wichtigen Dialog noch schwieriger.

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