GEG mit kommunalem Wärmeplan - Herausforderung Zusammenarbeit

Die Stadt München ist eine der ersten Großstädte mit einem nahezu verabschiedeten kommunalen Wärmeplan. Sehr schön umgesetzt ist die zugehörige Website Portal Kommunaler Wärmeplan die sehr detailliert einzelne Regionen der Stadt hinsichtlich möglicher Energie-effizienter Wärmeversorgung ausweist.
Damit beginnt allerdings jetzt eine Phase mit neuen Herausforderungen der Energiewende:
a) Man verlässt sich auf die Stadt, um an Fernwärme angeschlossen zu werden, die dann hoffentlich rechtzeitig CO2-neutral umgesetzt wird. Extra kommunale Fördergelder sind dadurch logischerweise nicht mehr zu bekommen. Selbstverständlich können Bürger weiterhin selbst früher in Alternativen wie Luftwärmepumpen investieren. Wie nun bei entsprechender Unsicherheit des Bedarfs diese Transformation von den Städten verlässlich geplant wird, bleibt eine große Aufgabe.
b) Noch viel schwieriger wird es für Bereiche, die nicht für Fernwärme vorgesehen sind. Wie der Karte zu entnehmen ist, sind größere Bereiche der Stadt München als „Gebiet mit Fokus Sanierung“ oder als „Wärmenetzuntersuchung“ markiert. In diesen Gebieten müssen sich sehr lokale kleinteilige Wärmenetze bilden (zum Beispiel entlang einer Straße für 10 Häuser), die sich zusammentun, um ein eigenes Wärmenetz zu gründen.

Die aus meiner Sicht „neue“, weil so noch nicht erkannte gesellschaftliche Herausforderung ist, dass sich in einer Großstadt auf einmal kleinteilige Interessengemeinschaften finden müssen, um gemeinsam die Wärmeversorgung anzugehen. Solche Gemeinschaften sind bei WEGs bekannt, aber schon dort funktioniert die Abstimmung zu solchen Investitionen sehr schleppend. Jetzt müssen sich auf einmal Einzeleigentümer eines Straßenzugs zusammenfinden, die bisher nichts miteinander zu tun gehabt haben. Die Stadt selbst wird hier nicht unterstützen können, was vielleicht bei kleineren Ortschaften oder Kommunen noch funktionieren könnte.

Sorry, für die lange Beschreibung, aber wäre diese gesellschaftliche Herausforderung bei der Wärmewende mit dem nun geltenden GEG ein Thema für weitere Recherche und Diskussion in der LdN?

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Im Text steht:
„Bei dem vorläufigen Wärmeplan handelt es sich noch nicht um einen kommunalen Wärmeplan laut dem „Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung“, das seitens des Bundes Anfang 2024 in Kraft getreten ist. Somit wird der Wärmeplan zunächst keine verbindliche Auswirkung auf die Anwendung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) im Stadtgebiet München haben.
Nach seiner erstmaligen Erstellung stellt der Wärmeplan kein abgeschlossenes Planwerk dar.“

Ich möchte mal behaupten, dass hier nun erstmal die Studien zur Machbarkeit durchgeführt werden müssen, denn das Fernwärmenetz muss gebaut werden, die Kabel für die WP müssen verlegt werden usw.
Ist die Machbarkeit bescheinigt, sollten dringend die Kosten ermittelt werden. Einmal für die Infrastruktur (Kabel und Rohre), für die zu erwartenden Betriebskosten und die kWh Preise für die Haushalte.
Wenn ich ein Eigentümer die Wahl hat zwischen WP oder Fernwärme, wird ein Hauptentscheidungsgrund der Betriebskostenpreis sein. Ohne diesen ist eine Entscheidung kaum möglich.

Hallo @MoritzF
ich wohne und arbeite in München für ein Ingenieurbüro im Bereich der Wärmenetzplanung, Gebäudeeffizienzmaßnahmen, Wärmepumpen und Geothermie.
Da ich gerade im letzten Monat meiner 8 monatigen Elternzeit bin, ist mein Wissen möglicherweise nicht auf dem aktuellsten Stand. Meine Antworten sind nach bestem Wissen und Gewissen.

Thema a) die Stadt München ist wegen weiterer Tiefen-Geothermie-Bohrung auf dem besten Weg die Fernwärme zu dekarbonisieren. Selbst eine nicht vollständige CO2-Neutrale Fernwärme ist umweltfreundlicher als eine fossile Heizung im Gebäude.
Die BEG-Förderung ist weiterhin auch für den Anschluss an das Wärmenetz z.B. für die Übergabestation oder Umbauten im Gebäude erhältlich. Was laut dem Infoblatt der förderfähigen Kosten nicht förderfähig sind, sind Maßnahmen außerhalb des Grundstücks, wie Stichleitungen des Wärmenetzes.
Ich empfehle dir folgende Webseite der Stadt München https://rethink-muenchen.de/foerderung/. Es gibt auch ein Info-Telefon. Hinsichtlich Fernwärmeanschluss kannst du den SWM eine Anfrage senden. Erfahrungsgemäß antworten sie schnell und freundlich.

b) Für Gebäude, die vrsl nicht an die Fernwärme angeschlossen werden können, ist die beste Option eine Grundwasser-Wärmepumpe (Einzelfallprüfung der Eignung) oder eine Luft-Wärmepumpe. Typischerweise sind die Gebiete außerhalb der Fernwärme-Versorgung eher locker bebaut, wodurch in der Regel genügen Platz für eine Luft-Wärmepumpe vorhanden ist.
Ein Gebäudenetz mit dem Anschluss eines Straßenzuges kann Vorteile haben (insbesondere bei Grundwasser-Nutzung) muss es aber nicht. Auch hier bieten die SWM eine Lösung https://www.swm.de/unternehmen/magazin/energie/waerme-fuer-ihr-zuhause.

Es ist super, dass du dich bereits frühzeitig informierst! Ich bin mir sicher, dass sich für euer Gebäude eine gute Lösung finden lässt!

Deine Problembeschreibung, dass sich kleinteilige Interessengemeinschaften für eine Wärmewende bilden müssen, sehe ich nicht. Es wäre auf jeden Fall wünschenswert, wenn sich Akteure vernetzen, ist aber nicht zwingend erforderlich. Es gibt definitiv Standorte in Innenstadt-Lagen, wo Luft-Wärmepumpen nicht möglich sind. Gerade in diesen Gebieten sollte mit der kommunalen Wärmeplanung ein Wärmenetz geprüft werden. Für die wenigen verbleibenden Gebäude ohne Wärmenetz, Platz für Luftwärmepumpe und ungeeignet für Geothermie, gibt es Spezial-Lösungen (z.B. Luft-Wärmepumpe im Dachfirst, PVT+Eisspeicher, oder ggf. Pelletheizung mit Solarthermie).

Ich habe mich in meinem Leben noch nie wirklich mit dem Thema auseinandersetzen müssen, aber mir kommen spontan 2 Frage in den Sinn:

  1. Gibt es eigentlich so etwas wie einen Anschlusszwang? Ich habe dies bereits mehrfach gelesen, bin mir aber nicht sicher, ob dies Desinformation ist. Sprich, wenn in meine Straße Fernwärme gelegt wird, wird man dann zwangsangeschlossen?

  2. Gerade in Großstädten sprechen wir ja dann oft von Mehrfamilienhäusern mit Eigentumswohnungen. Müssen sich dann alle Eigentümer einstimmig einig werden, oder wie ist dann das Verfahren?
    Weil es kann ja immer vorkommen, dass Miteigentümer lieber an der alten Heizungsart festhalten wollen.

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Ad 1: meist war die Situation bisher anders: Du ziehst in eine noch zu bauende Neubausiedlung, für die Fernwärme vorgesehen ist. Dann bekommst das auch direkt im Kauf oder Mietvertrag als Verpflichtung übergeben. Schließlich musste der Provider zu Anfangs eine Planungssicherheit haben.
Oder Du ziehst um und die Whng, in die Du willst, hängt bereits am Fern- oder vllt lokalen Nahwärmenetz. Dann musst Du da auch dran. Weil die Verpflichtung durchgereicht wird. Ja, da gab es also bisher immer eine Anschlusspflicht.

Wg des Klimawandels ist die Situation eine andere. Du hast Whngsbestand, jeder hat schon eine Hzg. Öl, Gas, was auch immer. Und jetzt muss dekarbonisiert werden.
Da ist Fernwärme, die dekarbonisiert wird, schon cool. Die, die dran hängen, müssen nicht selbst irgendwas umstellen.

Der Bestandsbau: wenn Du Dich an eine Fernwärme dranhängen lassen kannst, ist das auf jeden Fall sehr bequem. Und je nach Rahmenbedingungen günstiger, als in Eigenregie sein Haus umzustellen.
Aber klar, alternativ könntest Du auch eine eigene Umstellung für Dich machen, die vllt. günstiger ist. Deadlines, wann Du umgerüstet haben musst, also wie lang Du deine fossile Hzg noch betreiben darfst, gibt es ja.

Also ja, aktuell gibt/gab es einen Anschlusszwang. Ob dieser auch im Rahmen der Dekarbonisierung gilt, vermutlich nicht, weil dem das Recht auf Verfügung über das Eigentum entgegensteht.

Hilfreich für eine schnelle Dekarbonisierung ist das auf jeden Fall nicht.

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ad 2. Ja, wenn es sich um eine Eigentümergemeinschaft handelt, wird der Anschluss an eine (ausgebaute, neu zur Verfügung stehende) Fernwärme noch komplizierter.

Im Zuge von energetischer Sanierung wurden die Abstimmungsregeln für ETGs vereinfacht. Dh, da braucht man nicht mehr All- oder Einstimmigkeit. Aber immer noch schwierig. Auch da greifen dann die Deadlines für fossile Hzgn.

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Hallo zusammen, ich freue und bedanke mich für die Diskussion! Ich selbst bin gar nicht betroffen, wir wohnen in einem Energie-Effizienz-Haus. Ich engagiere mich lokal in einer Bürgerinitiative, die sich um die Fragen und vor allem die Vernetzung innerhalb der Quartiere bemüht, gerne hier vorbeischaun: https://100-haeuser.de
Wir stehen auch mit der Stadt München im Austausch, sowie mit einigen Fachleuten.

Gerade deshalb ist es aus meiner Sicht ein unterbelichtetes Thema, dass sich neben den benannten Einzellösungen von Wärmepumpen (Luft oder Grundwasser) oder Fernwärmegebieten für Neubau, den Bürgern sehr viele Fragen stellen, die sie eben nur in kleinen Gemeinschaften sinnvoll beantworten können. Es wäre mindestens unwirtschaftlich, einen ganzen Straßenzug mit Einzelmaßnahmen und für höheren Leistungsbedarf ausgelegten Wärmepumpen auszustatten, anstatt dass sich kleiner Gruppen zusammentun. Ich freue mich über jeden, der es macht, aber es wird bei der aktuellen Stimmungslage nicht schnell genug gehen.
Gleichzeitig fehlt aber jegliche moderierende Rolle für derartige Gruppen, eine aus meiner Sicht gesellschaftliche Aufgabe. Ich bin gespannt, welche Gedanken ihr dazu habt!

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