Gefährdung zivilgesellschaftlicher Demokratieprojekte durch Haushaltsplanung

Hallo liebes Lage-Team,

eine bisher meiner Wahrnehmung nach wenig beachtete, aber schwerwiegende Folge der langwierigen Diskussion um einen Haushalt für 2024 betrifft zivilgesellschaftliche Demokratieprojekte und die (sehr) unsichere Planungsmöglichkeit für Träger solcher Projekte. Ganz konkret sprechen wir hier bspw. von Projekten zur demokratisch-politischen Bildung, zur Beratung von Betroffenen rechter Gewalt, Antidiskriminierungsstellen, oder auch Aussteigerprojekten. Ich bin selber in einem Projekt angestellt, das jetzt keine Finanzierung mehr hat und habe eben meinen Antrag auf Arbeitslosengeld eingereicht, nachdem ich (und all meine Kolleg*innen) vorgestern überraschend von unserem Glück (einer kollektiven Kündigung) erfahren habe.

In den letzten Tagen wurden dazu einige offene Briefe veröffentlicht (vgl.: Eine unterfinanzierte Zivilgesellschaft gefährdet die Demokratie - Ein offener Brief | Das NETTZ;
Hunderten Demokratieprojekten droht das Aus zum 1. Januar - tausende Entlassungen sind zu befürchten - Amadeu Antonio Stiftung)

Die Dringlichkeit die für viele zivilgesellschaftliche Träger besteht wird aber meiner Einschätzung nach nicht erkannt. Viele bestehende Arbeitsverhältnisse, Räumlichkeiten und andere Strukturen brechen so plötzlich weg, dass kaum die Möglichkeit zur Reaktion besteht. Sollte es zu einer Zwangspause kommen, wird die wichtige Arbeit für die Demokratie, die diese Träger leisten nachhaltig gestört. Bis sich wieder alle Strukturen aufgebaut haben (Bürosuche, Stellenausschreibungen, Einstellung, etc.) wird viel Zeit ins Land streichen. Damit spielt die Bundesregierung der AfD und anderen Antidemokratischen Kräften in die Karten und blockiert Handlungsspielräume der Zivilgesellschaft, produktiv mit Rechtsextremismus umzugehen und Opfern und Angehörigen wichtige Hilfe und Beistand zu ermöglichen. WENIGSTENS könnte man den Projekten die Möglichkeit geben, vorzeitig Mittel abzurufen - dann könnten wenigstens Teile der Strukturen aufrecht erhalten bleiben. Aber sogar das geht nach jetzigem Stand nicht.

Vielleicht könnt ihr das Thema nochmal durchleuchten und ihm so die Öffentlichkeit verschaffen, die dem ganzen eigentlich gebührt. Ich bin echt stinksauer und versteh wirklich nicht, wieso das ganze nicht in der Öffentlichkeit problematisiert wird.

BTW - eigentlich hat sich die Ampel-Regierung in ihrer Koalitionsvereinbarung auf ein Demokratiefördergesetz verständigt, das genau solche Situationen vermeiden sollte und eine langfristigere Lösung für die Finanzierung von Demokratieprojekten andachte (lol).

LG und danke für eure gute Arbeit in dem Podcast!