Freistellung als Schöffe / öffentlicher Dienst

Ich bin eurem Aufruf aus dem Frühsommer gefolgt und habe mich als Schöffe (für das Amtsgericht Schwandorf) beworben, wurde von meiner Heimat Stadt vorgeschlagen und inzwischen auch zum (Ersatz-)Schöffen gewählt.

Im Vorfeld habe ich das alles auch bereits mit dem Personalamt besprochen, ob ich dafür als städtischer Angestellter eine entsprechende Genehmigung benötige. (Das wurde verneint.)

Nun warte ich auf meinen ersten Einsatz im Januar und wollte im Vorfeld mit dem Personalamt bereits klären, wie ich an den Einsatztagen (Ersatzschöffe = spontan) die Freistellung beantragen, und am besten das Formular vom Gericht „Antrag auf Entschädigung“ ausfüllen soll.
Darauf bekam ich zur Antwort: Schöffenamt = Ehrenamt = Freizeit. Die Stunden werden Ihnen von Ihrem Überstundenkonto abgezogen. Es entsteht Ihnen damit kein Verdienstausfall.

Das ist natürlich etwas verkürzt/zugespitz, aber darauf läuft es hinaus.

Ich bin der Meinung, das steht nicht im Einklang mit 45 Abs. 1a DRiG.
Das sieht im Grunde auch der DVS (Deutsche Vereinigung der Schöffinnen und Schöffen) so, macht mir aber wenig Mut, da sich die öffentliche Hand (in Bayern) wohl auf ein Urteil des BAG von 2009 beruft. (BAG, Urteil vom 22.01.2009 - 6 AZR 78/08)

Meine Frage wäre nun:
Wäre das ein Thema, das Ihr in eurem Podcast einmal erörtern wollt?
Und gerade dem öffentlichen Dienst müsste doch sehr daran gelegen sein, dass hier Demokraten und nicht Rechtsradikale oder Reichsbürger auf der Richterbank sitzen. Und dann wird es einem unnötig so schwer gemacht.
Meine Freizeit ist mit Kindern, Engagement im politischen Ortsverein, Mitglied in Chören und Übungsleiter im Sportverein sehr knapp. Und ich bin überhaupt nicht davon ausgegangen, dass der Schöffendienst zu fast 100% auf die Freizeit gehen soll.

Vielleicht kann ein Appell von eurer Seite ein entsprechendes Umdenken starten!

Oder wer von euch ist auch Schöffe (und im öffentlichen Dienst?).
Wird euch auch eine unbezahlte Freistellung verweigert?

Erst einmal ganz herzlichen Dank für deinen Einsatz, lieber Andreas! Ich finde es toll, dass du dich beworben hast, und natürlich schön, dass es auch geklappt hat.

Ich finde das ehrlich gesagt unfassbar. Ich bin nun schon ein paar Jahre nicht mehr als Richter tätig gewesen, aber solange ich in Moabit war, war es völlig selbstverständlich, dass Menschen aus dem öffentlichen Dienst freigestellt wurden. Ich höre zum ersten Mal, dass man dafür Überstunden gestrichen bekommt.

Ich finde das absolut ein Thema für die Lage und schaue mir die Entscheidung mal genauer an.

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Bin jetzt kein Jurist, aber das würde ich erstmal schriftlich haben wollen. Also explizit einen schriftlichen Antrag stellen und am entsprechenden Datum um Freistellung von der Arbeit gemäß § 45 DRiG ersuchen.

Je nachdem, wie die Antwort ausfällt, dann entweder ans Gericht wenden und darlegen, dass dir die gesetzlich vorgeschriebene Freistellung verweigert wird, oder an den Personalrat und nachfragen, ob ein gegen deinen Willen angeordneter Freizeitausgleich an diesem Tag zu diesem Zweck konform zu den geltenden betrieblichen Vereinbarungen ist.

Sollte das so Bestand haben, kann das dann ja nur heißen: Alle bestehenden Überstunden möglichst schnell abbummeln und danach freiwillig keine mehr machen.

Ich hatte mich nach dem Aufruf in der Lage zum Schöffendienst informiert und bin auf der Infoseite auf den Umgang mit Gleitzeit gestoßen. Ich arbeite als Angestellter im öffentlichen Dienst mit Gleitzeit ohne Kernzeit.

https://www.schoeffenwahl.de/arbeitgeber/schutzrechte.html

Letztlich war ich dann unsicher, ob ich mich bewerben soll, zumal eine spätere Absage (wie bei „normalen“ Jobs und Ehrenämtern) nur im Ausnahmefall möglich sein soll.

Das lediglich die Optionen des Ersatz des Arbeitsentgelts oder einem Ersatz für Personen, die einen Haushalt für mind. 2 Personen führen, spricht außerdem dafür, dass die Regelung noch aus der Zeit der typischen Alleinverdienerehe stammen. Wenn in einem Teil der Schöffenzeit sonst Erwerbs- und im anderen Teil Carearbeit verrichtet worden wäre, wir es sicher kompliziert. (Hat jemand Erfahrungen dazu?).

Andere Gruppen wie z.B. Studierende, die durch das Schöffenamt länger studieren oder weniger dazuverdienen können, werden offenbar auch nicht berücksichtigt, bzw. nur mit den 7€/h für die Zeitversäumnis. Die finanziellen Grenzen könnte man auch dynamisieren und z.B. im Verhältnis zum Mindestlohn anpassen.

Zurück zum Gleitzeitthema: Es ist ein bisschen so wie bei den nicht strafbaren Seenotrettungen. Wenn etwas gemeint ist, sollte es meiner Meinung nach auch so im Gesetz stehen, und keine Interpretationsspielräume lassen.

Dem würde ich zustimmen, eine Entschädigung in Höhe des Mindestlohnes dürfte dem tatsächlichen „Wert“ der Zeit für Studenten, Arbeitslose und andere Personen, die keinen Anspruch auf Ersatz des Arbeitsentgeltes haben, noch am ehesten entsprechen. Und ganz ehrlich: Wir reden hier nicht über gigantische Beträge, sondern über Peanuts, da die Zahl der Schöffen, die nur eine Aufwandsentschädigung statt einem Ersatz des Arbeitsentgeltes beanspruchen, wohl eher gering ist…

Aber eigentlich würde mich vor allem interessieren, wie es für den Threadersteller weiter gegangen ist und ob andere Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst ähnliche Erfahrungen gemacht haben.

Nach längerer Zeit will ich mich nun auch wieder zu meinem Thema melden und dem Forum mitteilen, was ich in den letzten 6 Wochen unternommen habe, und was dabei herausgekommen ist:

  • Grundsätzlich ist es wohl so, dass man nach § 29 Abs. 2 TVöD kein Recht auf „unbezahlte Freistellung“ hat. Das sagt mir mein Personalamt, der Personalfeferent (den ich über den Personalrat habe befragen lassen) und auch ein befreundeter Rechtsanwalt.
  • Die Frage, warum man mich nicht „freiwillig unbezahlt freistellt“ bleibt unbeantwortet, bzw. es wird darauf verwiesen, dass ja auch anderen Ehrenämter (z.B. eine Stadtratsarbeit) in der Freizeit ausgeübt werden.
  • Würde ich im öffentlichen Dienst bei meinem Heimatlandkreis arbeiten, würde ich sogar bezahlt freigestellt! (Das habe ich über einn Kreisratsmitgied erfahren.)
  • Fazit: Unterliegt man dem TVöD und arbeitet in Gleitzeit hat man kein Recht auf „eine echte Freistellung“. Es kommt dann auf den konkreten Arbeitgeber an und jeder handhabt das offenbar anders.